Wolfsburg und Gifhorn sollen Flüchtlinge aufnehmen - Rechtlich wenig Chancen

Über 140 Kommunen in Deutschland haben sich bereit erklärt, besonders Schutzbedürftige Menschen aus Griechenland aufzunehmen. Doch der Bund zögert und strebt eine europäische Lösung an.

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Die Lage an der griechischen Grenze und in den Auffanglagern auf den Inseln verschärft sich täglich.
Die Lage an der griechischen Grenze und in den Auffanglagern auf den Inseln verschärft sich täglich. | Foto: pixabay

Wolfsburg / Gifhorn. Die Situation für Geflüchtete, die nach der Grenzöffnung des türkischen Präsidenten Erdogan quasi zwischen der türkischen und griechischen Grenze eingekesselt sind, verschärft sich von Tag zu Tag. "Hier kann auch der Landkreis Gifhorn nicht tatenlos zusehen", argumentieren die Gifhorner Grünen in einem Eilantrag. Auch in Wolfsburg werden Forderungen laut, unbegleitete Kinder aus den Flüchtlingslagern in Griechenland aufzunehmen. Dies geht aus Pressemitteilungen der Gifhorner Grünen, sowie der Wolfsburger Politiker Falko Mohrs und Immacolata Glosemeyer (beide SPD) hervor.


Der Gifhorner Grünen-Kreisverband konkretisiert seinen Antrag und fordert zunächst den Beschluss zur Aufnahme von 20 unbegleiteten Kindern und Jugendlichen, die sich aktuell als Geflüchtete in Griechenland befinden. "Dies entspricht auch der Willenskundgebung des Bundesinnenministers, dafür setzt sich auch der Innenminister des Landes Niedersachsen ein", heißt es in der Argumentation des Antrags. Der Bundestagsabgeordnete Falko Mohrs und die Landtagsabgeordnete Immacolata Glosemeyer, beide aus Wolfsburg, schließen sich dieser Argumentation an: "Laut Landesinnenminister Boris Pistorius haben sich bereits 140 Städte und Kommunen in Deutschland bereit erklärt unbegleitete Kinder aus den Flüchtlingslagern in Griechenland aufzunehmen."

Aufnahmebereitschaft scheitert am Bund


Doch alle Bereitschaft zur Aufnahme besonders Schutzbedürftiger scheitert bisher am Bund. Erst am gestrigen Donnerstag ist ein Antrag der Grünen im Bundestag mit dem Ziel, 5.000 besonders schutzbedürftige Personen aufzunehmen, gescheitert. Trotz dass auch zahlreiche Abgeordnete der SPD dem Antrag inhaltlich zustimmten, lehnte diese ihn mehrheitlich ab. Der Konsens: Eine europäische Lösung sei gegenüber nationalen Alleingängen, wie bei der Flüchtlingskrise im Jahr 2015, zu bevorzugen.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR Deutschland halte die Lage an der griechischen Grenze jedoch für nicht mit der Situation von 2015 vergleichbar. "Die Lage sei angespannt, aber kein Notstand für Europa", so Martin Rentsch, Sprecher des Hilfswerks, gegenüber dem Radiosender NDR Info. Weiter sehe er Lösungen für die Situation in Griechenland, welche nur noch umgesetzt werden müssten. Jedoch sei dafür vor allem Dialog und Kooperation nötig und nicht "Abschottung und Alleingänge", wie Rentsch es ausdrückt.

"Horst Seehofer muss nun schnellstmöglich handeln"


Mohrs fordert Bundesinnenminister Seehofer auf, eine Lösung gemeinsam mit anderen EU-Staaten zu finden. „Deutschland sollte gemeinsam mit Ländern wie Frankreich, Portugal und Finnland, die ihre Bereitschaft schon erklärt haben, eine Koalition der Vernunft schließen und wenigstens die Kinder aufnehmen, die ihre Eltern schon verloren haben. Horst Seehofer muss nun schnellstmöglich handeln.“

Es fehle an Allem


Landtagsabgeordnete Glosemeyer verweist auf die unzumutbaren Zustände in den Lagern in Griechenland. „Es fehlt an Schutzräumen und an medizinischer Versorgung“, macht die Abgeordnete deutlich. Dies sei gerade für Kinder kein hinnehmbarer Zustand. In Griechenland seien 500 unbegleitete, geflüchtete Kinder unter 14 Jahren registriert. Gemeinsam mit 140 andern Städten und Gemeinden sei Wolfsburg in der Lage diese aufzunehmen. „Wenn wir einen fairen Anteil tragen, dann würde Wolfsburg vielleicht zehn Kinder aufnehmen. Das ist wirklich machbar“, findet die Sozialpolitikerin.

Der symbolische "Sichere Hafen"


Die BIBS-Fraktion in Braunschweig hatte bereits am 12. Februar in einer Pressemitteilung auf die prekäre Situation in griechischen Flüchtlingslagern hingewiesen und in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Ulrich Markurth gefordert, Menschen aus diesen Lagern in Braunschweig aufzunehmen. Die Stadt Braunschweig habe sich zum „Sicheren Hafen“ erklärt. "Über diesen symbolischen Akt hinaus sollten jetzt Taten erfolgen", forderte die BIBS. Die Gründe gegen ein solches Vorgehen waren jedoch schon im Februar dieselben - vom Innenministerium hieß es, dass keine Alleingänge möglich seien.

Lösung bis zum Ende der Woche?


Zur Initiative "Sicherer Hafen" haben sich in unserer Region bislang die Stadt Braunschweig, der Landkreis Wolfenbüttel und die Stadt Peine bekannt. Letztere haben sich zum Umgang mit der aktuellen Situation bisher nicht geäußert - was aufgrund der Rechtslage, welche Alleingänge nun einmal nicht zulasse, ohnehin wenig Wirkung haben dürfte. Es bleibt also eine europäische Lösung abzuwarten. SPD-Bundesfraktionschef Rolf Mützenich pocht nach Informationen der ARD auf eine Entscheidung bis zum Ende dieser Woche.


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