Die Methoden sind raffiniert und zielen auf das Vertrauen und die Hilfsbereitschaft älterer Menschen ab: Betrug an Senioren bleibt in der Region Braunschweig ein dauerhaftes und ernstes Problem. Kriminelle nutzen dabei eine breite Palette von Tricks, die von altbekannten Maschen bis hin zu neuen, technologiegestützten Angriffen reichen.
Doch mit dem richtigen Wissen und einer gesunden Portion Misstrauen können sich Seniorinnen und Senioren wirksam schützen. regionalHeute.de hat bei der Polizei nachgefragt.
So gehen die Täter häufig vor
„Straftaten zum Nachteil älterer Menschen sind ein Deliktsphänomen, das 365 Tage im Jahr Saison hat“, erklärt Kriminalhauptkommissar Jens Zeiler, Beauftragter für Kriminalprävention in der Polizeiinspektion Braunschweig. Die Täter setzen ihre Opfer gezielt unter psychischen Druck, um sie zur Herausgabe von Geld oder Wertsachen zu bewegen. Neben dem finanziellen Verlust hinterlassen solche Taten oft schwere emotionale Wunden wie Angst, Scham und ein tiefes Misstrauen im Alltag.
Laut der Polizei seien vor allem folgende Betrugsarten nach wie vor stark verbreitet:
Telefonbetrug:
Hierzu zählen der klassische Enkeltrick, bei dem sich Anrufer als Verwandte in einer Notlage ausgeben („Rate mal, wer hier spricht“), sowie perfide Schockanrufe. Bei Letzteren wird von einem schweren Unfall eines Angehörigen berichtet, für dessen Behandlung oder zur Abwendung einer Haftstrafe sofort eine hohe Geldsumme nötig sei. Eine weitere Variante sind Anrufe von falschen Polizeibeamten, die behaupten, das Geld und die Wertsachen des Opfers seien zu Hause nicht mehr sicher und müssten „zur Sicherheit“ einem Beamten übergeben werden. Oft wird dabei technisch manipuliert, sodass die Notrufnummer 110 im Display erscheint.
Haustürtricks:
Falsche Handwerker, angebliche Mitarbeiter von Behörden oder Paketboten verschaffen sich unter einem Vorwand Zutritt zur Wohnung. Während das Opfer abgelenkt wird, durchsuchen Komplizen die Räume nach Wertgegenständen.
Digitaler Betrug:
Auch im Internet lauern Gefahren. Über Phishing-Mails oder betrügerische SMS (Smishing) werden Opfer auf gefälschte Webseiten von Banken oder Paketdiensten gelockt, um ihre Zugangsdaten abzugreifen. Manipulierte QR-Codes, etwa an Parkscheinautomaten, können ebenfalls auf solche schädlichen Seiten führen.
Eine neue, besonders heimtückische Entwicklung sei der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), um Stimmen zu klonen. Wie der "WDR" in einem Artikel berichtet, könnten moderne KI-Systeme aus wenigen Sekunden Audiomaterial – etwa aus einem Social-Media-Video – eine Stimme täuschend echt imitieren und sogar mit Emotionen wie Weinen oder Angst versehen. Eine weinende Sprachnachricht der vermeintlichen Enkelin über WhatsApp wirke so noch überzeugender und erhöhe den Druck auf die Angerufenen enorm.
So schützen Sie sich wirksam
Der beste Schutz ist eine grundlegende Vorsicht. „Misstrauisch sein, wenn Unbekannte Geld oder persönliche Daten verlangen, und im Zweifel mit Vertrauenspersonen oder direkt mit der Polizei sprechen“, rät Kommissar Zeiler. Senioren können im Folgenden eine Vielzahl von Maßnahmen selbst ergreifen.
Verhalten am Telefon
Auflegen:
Beenden Sie das Gespräch sofort, wenn Ihnen etwas merkwürdig vorkommt oder Sie unter Druck gesetzt werden.
Keine Informationen preisgeben:
Geben Sie niemals Details zu Ihren familiären oder finanziellen Verhältnissen am Telefon bekannt. Auch keine Kontodaten!
Rückruf in der Familie tätigen:
Kontaktieren Sie Ihre Verwandten unter der Ihnen bekannten Nummer, um die Geschichte zu überprüfen. Rufen Sie bei verdächtigen Anrufen von angeblichen Beamten die Polizei unter der Notrufnummer 110 an. Wichtig: Nutzen Sie nicht die Rückruffunktion, da Sie sonst wieder bei den Betrügern landen könnten!
Hintergrundwissen:
Die echte Polizei wird Sie niemals am Telefon um Geldbeträge bitten oder unter der 110 anrufen.
Schutz im Alltag
Telefonbucheintrag:
Betrüger suchen oft gezielt nach altmodisch klingenden Vornamen. Lassen Sie Ihren Eintrag ändern, anonymisieren oder löschen, falls ein solcher besteht.
Haustür:
Öffnen Sie nicht unbedacht. Lassen Sie Handwerker nur ein, wenn Sie selbst einen Termin vereinbart haben, und verlangen Sie einen Ausweis. Rufen Sie im Zweifel bei der entsprechenden Firma an, um die Identität zu bestätigen.
Bargeld:
Bewahren Sie keine größeren Summen oder wertvollen Schmuck zu Hause auf. Ein Bankschließfach ist sicherer.
Sicherheit im Internet
Vorsicht bei Links:
Klicken Sie niemals auf Links in E-Mails oder SMS von unbekannten Absendern.
Sichere Verbindungen:
Besuchen Sie Webseiten für Online-Banking immer direkt über die offizielle Adresse und achten Sie auf die Verschlüsselung (https://).
Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA):
Aktivieren Sie diese zusätzliche Sicherheitsstufe für E-Mail- und Banking-Konten. Dabei wird neben dem Passwort ein zweiter Code, meist per App oder SMS, abgefragt.
Technische Helfer:
Installieren Sie ein zuverlässiges Antivirenprogramm und halten Sie Ihr Betriebssystem und Ihre Apps stets aktuell.
Angehörige und Banken spielen eine Schlüsselrolle
Familienmitglieder sind eine wichtige Stütze. Sie können Senioren die Grundlagen der Internetnutzung erklären, Geräte sicher einrichten und über neue Betrugsmaschen aufklären. Ein gemeinsam vereinbartes Codewort kann bei Anrufen helfen, die Echtheit eines Familienmitglieds zu überprüfen.
Auch Banken und Sparkassen tragen eine große Verantwortung. Sie können ungewöhnliche Transaktionen erkennen und ihre Kunden warnen. Laut Polizeiinspektion Braunschweig gebe es bereits eine enge Kooperation, etwa durch einen E-Mail-Warnverteiler, der Geldinstitute alarmiert, sobald Betrüger in der Region aktiv werden.
Hier finden Sie Hilfe und Beratung in der Region
Wer Hilfe sucht oder Opfer eines Betrugs geworden ist, findet in der Region Braunschweig ein dichtes Netz an Anlaufstellen. In akuten Notfällen ist die Polizei unter der 110 der erste Ansprechpartner. Die örtlichen Polizeiinspektionen leisten zudem wertvolle Präventionsarbeit, beispielsweise durch die Vortragsreihe „Klüger als Betrüger“ des Braunschweiger Präventionsteams. Spezifische Beratung bei Betrugsfällen bietet die Verbraucherzentrale Niedersachsen an ihren Standorten. Umfassende Unterstützung leisten auch Opferhilfeorganisationen wie der "Weiße Ring" sowie Wohlfahrtsverbände. Zur Stärkung der digitalen Kompetenz organisieren zudem viele Seniorenbüros und Volkshochschulen Kurse und Sprechstunden. Umfassende Online-Informationen stellt das Landeskriminalamt Niedersachsen auf der Webseite polizei-praevention.de bereit.