Altlasten: Moderne Technik gegen chemische Umweltverschmutzung

von Sandra Zecchino


Andreas Romey, Abteilung Umweltschutz, und Stadtrat Heinz-Georg Leuer erläutern, wie moderne Altlastensanierung aussieht. Fotos: Sandra Zecchino
Andreas Romey, Abteilung Umweltschutz, und Stadtrat Heinz-Georg Leuer erläutern, wie moderne Altlastensanierung aussieht. Fotos: Sandra Zecchino

Braunschweig. Bis heute sind zirka 160 Altlasten aus ehemaligen Industrieanlagen und knapp 30 Fälle aus aktuellen Betrieben und Unfällen bekannt. Von den insgesamt 190 Fällen sind 110 Standorte bereits saniert oder die Sanierungsarbeiten laufen gerade, unter anderem mit modernster Technik in Braunschweigs Innenhöfen.


Umweltgefährdende Stoffe seien lange in großem Umfang verwendet worden, weil man sich der Gefahren nicht bewusst gewesen sei, erklärte Stadtrat Heinz-Georg Leuer in einem Innenhof zwischen Breiter Straße und Gördelinger Straße. Hier laufe die Sanierung bereits seit vier Jahren und ein Drittel der Schadstoffe, was rund 3,2 Tonnen Lösemittel entspräche, seien bereits abgetragen, so Leuer weiter. Dabei seien die die oberen drei bis vier Meter des Bodens bereits zu einem großen Teil gereinigt. Die Grundwasserreinigung selbst stehe erst am Anfang und werde noch über viele Jahre weiter betrieben.

In diesem Fall ist der Boden durch Chlorkohlenwasserstoffen (CKW) verunreinigt. Diese seien fachlich die bedeutendste Schadstoffgruppe, erklärt Andreas Romey von der Abteilung Umweltschutz. Das liege an der Dauerhaftigkeit, der Mobilität und an der Gefährlichkeit der CKW für den Menschen. CKW-Belastungen breiten sich mit dem Grundwasserstrom aus, bilden also ausgeprägte „Schadstofffahnen“ und wandern nahe der Eintragsbereiche auch in Gebäude, so Romey weiter.

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Das gereinigte Wasser habe chemisch gesehen Trinkwasserqualität. Foto:


Sanierung im Hinterhof


Für die Sanierung werde sowohl die sogenannte Bodenluft als auch das Grundwasser gereinigt. Dabei werde jeweils das kontaminierte Material abgesogen und gereinigt. Daraufhin fließe erneut kontaminierte Luft beziehungsweise Wasser nach, was erneut abgesogen werde, erläutert Leuer das Vorgehen. So werde im Laufe der Zeit die Belastung im gesamten Erdreich entfernt. Das gereinigte Grundwasser werde anschließend in die Oker geleitet, was auch kein Problem sei, da es Trinkwasserqualität habe, erläutert Romey.

Um die Anwohner so wenig wie möglich zu belasten, werde neuste Technik verwendet. "Auch wenn die Verfahrensprinzipien bekannt und bewährt sind, im Detail ist doch manches neu“, so Leuer. „Erstmals im Stadtgebiet wird in der Gördelingerstraße das Grundwasser in einem geschlossenen Container gereinigt. Das hat viele Vorteile: Die Technik funktioniert auch bei Frost, und vor allem werden die Anwohner nur wenig gestört. So kann die Anlage Tag und Nacht laufen und effektiv arbeiten. Auch wird zeitgleich die Bodenluft gereinigt.“ Von ursprünglich zwei Anlagen wird inzwischen nur noch eine benötigt. Das reduziert die Geräuschentwicklung ebenso wie die Kosten.

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Die Anlagen sind speziell schallisoliert. Foto:


Was wurde bislang erreicht?


Die bedeutendste Sanierung war bislang der Abriss und der anschließende Bodenaustausch im Zusammenhang mit dem Stibiox-Werk in Querum. Hier wurden insgesamt 204 Tonnen des Schadstoffs Antimon in 42.000 Tonnen Boden oder Bauschutt - das sind zirka 1.700 LKW-Züge - entsorgt.

Eine andere Maßzahl der Altlastensanierung ist die entfernte Menge an CKW, also der bedeutendsten Schadstoffgruppe. In der Gesamtbilanz aller Sanierungsmaßnahmen sind bislang rund 40 Tonnen CKW aus dem Braunschweiger Untergrund entfernt worden. Die CKW wurden dabei wie am Standort Gördelingerstraße in der Regel an Aktivkohle adsorbiert und zusammen mit dieser ordnungsgemäß entsorgt. Es gab und gibt jedoch auch Verfahren, die auf den biologischen oder chemischen Abbau dieser Stoffe setzen.

Seit 1989 erfolgt in Braunschweig die systematische Erfassung und Untersuchung der Altablagerungen, also der alten „Müllkippen“. Viele kleinere Altlablagerungen sind lediglich registriert, aber mangels besonderer Hinweise auf gefährliche Inhaltsstoffe nicht untersucht. Allein die größeren, bereits gefährdungsabgeschätzten Ablagerungen weisen insgesamt ein Volumen von rund 15 Millionen Kubikmeter oder eine Masse von rund 24 Millionen Tonnen auf.

„Solche Mengen - zumal viele Ablagerungen auch noch überbaut sind - können nicht aus der Welt geschafft werden“, erläutert Leuer. „Für die Nutzer der Flächen sind aber gegenwärtig auch keine Gefahren erkennbar.“ 51 Altablagerungen wurden langjährig beziehungsweise werden noch immer regelmäßig überwacht, indem hier das Grundwasser auf Verunreinigungen untersucht wird.


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