Angriff auf die Fankultur? Strafbefehl wegen Hissens einer Blockfahne gestellt

Einem Eintracht-Fan wird Beihilfe zur Sachbeschädigung vorgeworfen. Die "Blau-Gelbe Hilfe" spricht von "Irrsinn". Die Staatsanwaltschaft weist den Vorwurf einer pauschalen Verfolgung der aktiven Fanszene zurück.

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Choreographien gehören fest zur Fan-Kultur. Archivbild
Choreographien gehören fest zur Fan-Kultur. Archivbild | Foto: Frank Vollmer

Braunschweig. Am 29. Februar dieses Jahres fand das letzte Eintracht-Heimspiel vor dem Lockdown mit vollbesetzter Südkurve statt. Für einen Fan hat der 4:1 Sieg gegen den KFC Uerdingen ein rechtliches Nachspiel. Vom Amtsgericht Braunschweig kam ein Strafbefehl ins Haus geflattert mit dem Vorwurf der Beihilfe zur Sachbeschädigung. Der Grund: Die Person soll bei der Ausbreitung einer sogenannten Blockfahne beteiligt gewesen sein.


Blockfahnen, unter denen meist große Teile des Fanblocks verschwinden, dienen in der Regel der Fan-Choreographie. Allerdings werden sie bisweilen von einigen Fans auch dafür genutzt, um unerkannt Pyrotechnik zu zünden oder sich zu vermummen. Letzteres soll sich nun auch am 29. Februar ereignet haben. In der Folge hätten dann zwei Vermummte die Video-Überwachungskamera im Fan-Block mit Panzerband verklebt. Laut Vorwurf der Braunschweiger Staatsanwaltschaft habe der Beschuldigte wissentlich und willentlich an der Platzierung der Blockfahne über den Block 9 mitgewirkt und wissentlich dazu beigetragen, dass die unbekannten Beteiligten diese Gelegenheit nutzten und sich unter der Fahne vermummt und später die Kamera abgeklebt hätten.

"Kriminalisierung von Eintracht-Fans"


In einer Pressemitteilung bezeichnet nun die Blau-Gelbe Hilfe (BGH) das Strafverfahren wegen Zeigens einer Blockfahne als "Irrsinn". Ihr fehle jedes Verständnis für das Vorgehen der Braunschweiger Staatsanwaltschaft und des Amtsgerichtes. Man versuche die Kriminalisierung von Eintracht-Fans weiter voranzutreiben, indem das bloße Vorbereiten einer Blockfahne als Straftatbestand geahndet werden solle. Die BGH weißt daraufhin, dass das Aufspannen von Blockfahnen nicht gegen die Stadionordnung verstoße und vom Verein Eintracht Braunschweig üblicher Weise zuvor genehmigt werde.


Zudem unterstelle eine derartige Begründung den Betroffenen, dass sie wüssten was jeder einzelne der vielen hundert Menschen unter einer solchen Blockfahne vor habe. Er würde somit für das Handeln Dritter mit haftbar gemacht werden. Der gleiche Vorwurf könnte zum Beispiel ebenso für Choreografien erhoben werden, bei denen teilweise die gesamten Zuschauerränge verdeckt seien. „Bei dem Vorgehen der Braunschweiger Staatsanwaltschaft handelt es sich um einen direkt Angriff auf die gesamte Fankultur“, verdeutlicht Jendrik Pufahl, Vorsitzender der BGH. „Fahnen, Doppelhalter, Banner, Blockfahnen und jegliche Art der Choreografien sind nicht wegzudenkender Bestandteil der Fankultur, die offenbar beliebig zur Straftat erklärt werden sollen.“

"Keine pauschale Verfolgung"


Die Staatsanwaltschaft Braunschweig betont dagegen auf Anfrage, dass es sich bei dem Sachverhalt nicht um eine pauschale Verfolgung der aktiven Fanszene gehe. "Wir verfolgen selbstverständlich nur diejenigen, die persönlich Schuld auf sich geladen haben", erklärt Erster Staatsanwalt Hans-Christian Wolters gegenüber regionalHeute.de.

In dem vorliegenden Fall sei die Beweislage jedenfalls aus Sicht der Staatsanwaltschaft so, dass man meine, eine individuelle Schuld feststellen zu können. Wenn die Beschuldigten dies anders sehen, müsse ein Gericht klären, ob die Beschuldigten tatsächlich wussten beziehungsweise billigend in Kauf genommen haben, dass die Kamera im „Schatten der Blockfahne“ zugeklebt werden sollte. "Wussten sie dies, handelt es sich um eine Beihilfe zur Sachbeschädigung", betont Wolters. Wussten sie es nicht, läge keine Straftat vor, weil das „Hissen“ der Blockfahne selbst keine Straftat darstelle. Deshalb liege auch kein Angriff auf die Fankultur vor. Jeder dürfe Fahnen hissen, soweit er damit nicht die Begehung von Straftaten unterstützen wolle oder die Fahnen selbst verboten seien.

Ob es weitere, ähnlich gelagerte Verfahren gebe, sei dem Pressesprecher derzeit nicht bekannt.


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