Austausch fördern, um Kinder zu stärken

Eine Expertensdiskussion zu Corona-Folgen für Kinder und Jugendliche entwickelte konkrete Maßnahmen.

Die Expertendiskussion "Kindheit mit Lücke" fand in der Schünemannschen Mühle statt.
Die Expertendiskussion "Kindheit mit Lücke" fand in der Schünemannschen Mühle statt. | Foto: SPD

Wolfenbüttel. Am vergangenen Freitag hatte die SPD Wolfenbüttel zu einer Expertendiskussion zum Thema „Kindheit mit Lücke? Wie wir unsere Kinder (wieder) stark machen“ in die Schünemannsche Mühle in Wolfenbüttel geladen. In diesem Rahmen wurden drei konkrete Handlungsansätze entwickelt, die an die niedersächsische Sozialministerin Daniela Behrens übergeben und mit ihr besprochen werden sollen. Das berichtet die SPD Wolfenbüttel in einer Pressemitteilung.


Die Diskussionsrunde war die Auftaktveranstaltung der Initiative „Wolfenbüttel für Kinder – Unseren Kindern das verlorene Jahr zurückgeben“, die einen Ausgleich schaffen soll für die Einschränkungen und Herausforderungen, unter denen Kinder durch die Corona-Pandemie leiden mussten. Die Veranstaltung konnte mit einem abgestimmten Hygienekonzept vor Ort stattfinden, rund 40 Personen folgten der Einladung. Auf dem Podium saßen Christopher Alexander Dargatz, Oberarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie im AWO Psychiatriezentrum, der seine klinische Perspektive einbrachte, Friederike Lauer, Mitglied des Schülerparlaments, die aus Sicht von Betroffenen sprechen konnte, Nathalie Weidner, Projektkoordinatorin des SALAWO, die von ihren Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Familien vor Ort berichtete und Martin Albinus, stv. Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses im Landkreis, der die Perspektive von Politik und Verwaltung einbrachte.

Persönliche Entwicklung beeinträchtigt


Bürgermeisterkandidat Dennis Berger moderierte die Veranstaltung und stellte gleich zu Beginn fest: „Es deutet einiges darauf hin, dass die Kinder und Jugendlichen während Corona stärkeren psychischen Belastungen ausgesetzt waren und dadurch ein höheres Risiko besteht, dass die persönliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.“ Studien und Befragungen zeigten, dass durch zusätzliche Belastungen, fehlende soziale Kontakte und den Mangel an Freizeitgestaltungsmöglichkeiten beispielsweise Ängste, Einsamkeit und Stress, aber auch körperliche Symptome wie Kopfschmerzen bis hin zur Depression bei Kindern und Jugendlichen zu beobachten seien. Christopher A. Dargatz bestätigte in der Diskussion, dass eine Zunahme an jungen Patienten nach dem Lockdown zu beobachten sei.

Im Laufe des Abends diskutierten die Experten auf dem Podium sowie die anwesenden Gäste Ideen und Maßnahmen, um die Kinder in Wolfenbüttel zu fördern. In ihrem Grußwort betonte Dunja Kreiser, Landtagsabgeordnete und Bundestagskandidatin der SPD, dass die Phase des Lockdowns allen einiges abverlangt habe. Zur Abmilderung der Folgen habe das Land ein 10-Punkte-Programm verabschiedet. „Wir sollten prüfen, ob wir davon direkt Mittel abrufen können“, so Dunja Kreiser. Christopher A. Dargatz sagte, dass Eltern eine gute Entlastung bieten könnten, indem sie auf sich selbst achten, da sie so die Belastungssituation der Kinder besser ausgleichen können. Gleichzeitig lobte Martin Albinus die Disziplin der Kinder und Jugendlichen während des Lockdowns.

Spaltung des Miteinanders


Nathalie Weidner beobachtet eine Spaltung des Miteinanders, insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund oder sozialschwache Familien seien die Verlierer, sagte sie. Eltern, die ihre Kinder nicht im erforderlichen Maße in schulischen Angelegenheiten fördern können, hätten hohen Druck und große Hilflosigkeit erfahren. Für viele Jugendliche sei das eigenständige Lernen eine große Herausforderung gewesen. Friederike Lauer ergänzte, dass aus ihrer Sicht vor allem der mangelnde Kontakt mit den Mitschülerinnen und Mitschülern mit der Zeit schwierig wurde. Grundsätzlich, da sind sich die Experten einig, sei Normalität derzeit die beste Möglichkeit, um Entlastung zu schaffen.

Daher sollten Jugendhilfeangebote, wie beispielsweise die offene Kinder- und Jugendarbeit in Jugendzentren und Stadtteiltreffs, sowie die familiären Hilfe- und Unterstützungssysteme zeitnah reaktiviert werden. Um den Nachholbedarf der Kinder decken zu können, seien temporäre Verstärkungen der Angebote notwendig. Kita und Schule sollten so lange wie möglich offengehalten werden und es sollte alles dafür getan werden, die Risiken zur Ansteckung in den Einrichtungen zu reduzieren. Die psychischen Belastungen und ihre möglichen Folgen sollten bei der Bewertung der Krise stärkere Berücksichtigung finden, außerdem sollte stärker über psychische Gesundheit aufgeklärt werden. Ein besonderer Fokus sollte auf Kindern und Jugendlichen in Phasen des Umbruchs liegen, beispielsweise bei dem Wechsel zwischen Kita und Schule, den unterschiedlichen Schulformen sowie nach dem Schulabschluss hin zu Ausbildung oder Studium. Hier sollten gezielte Angebote wie beispielsweise Orientierungswochen zur Eingewöhnung gemacht werden.

Konkrete Handlungsansätze


Im weiteren Gespräch wurden drei konkrete Handlungsansätze entwickelt, die Dennis Berger und Dunja Kreiser an die niedersächsische Sozialministerin, Daniela Behrens, übergeben und besprechen werden.
• Come Together: Um die Kinder und Jugendlichen zu stärken, braucht es mehr Dialogmöglichkeiten. Der gemeinsame Austausch könnte bisher ausgebliebende Kontakte und Erfahrungen ausgleichen. Im Sinne der Begegnung durch Beteiligung könnten die Jugendplätze gemeinsam mit den Jugendlichen aufgewertet und erweitert oder neue geschaffen werden. Auch für die Sanierung des Jugendzentrums sollten Fördermittel gefunden werden. Schulhöfe könnten auch in den Ferien begleitet als Treffpunkte zugänglich gemacht werden.
• Corona-Sonderbudget: Es wird ein Sonderbudget in Höhe von 15.000 Euro pro Jahr für Einrichtungen der Jugendhilfe vorgeschlagen, um temporär die Angebote und Kapazitäten gemeinsam mit den kommunalen und freien Trägern der Jugendhilfe zu erweitern. So könnten auch Stadtteiltreffs und deren Angebote unterstützt werden.
• Begegnung schaffen: Kinder- und Jugendfeste schaffen Begegnungen und gemeinsames Erleben. Daher sollten sie, sofern es die Inzidenzwerte zulassen, ebenfalls unterstützt werden.


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