Berlin. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) will den Druck auf die iranische Regierung weiter erhöhen. "Tag für Tag verschlechtert sich die Menschenrechtslage in Iran", sagte sie am Mittwoch.
Die Sicherheitskräfte gingen immer "brutaler" gegen Bürger auf der Straße vor, die nichts anderes einforderten als ihre universellen Menschenrechte. "Schon über 13.000 Menschen sollen verhaftet und über 250 erschossen oder zu Tode geprügelt worden sein", so Baerbock. "Die systematische Unterdrückung von Frauen und ethnischen, religiösen und sexuellen Minderheiten in Iran ist nicht neu, aber sie erreicht im Moment eine beispiellose neue Härte." Auch für deutsche Staatsangehörige werde die Lage in Iran "immer gefährlicher".
Mit einem Staat, der derart "menschenverachtend" mit seinen eigenen Bürgern umgehe, könne es kein "Weiter so" in den bilateralen Beziehungen geben, fügte die Ministerin hinzu. Das geplante EU-Menschenrechtssanktionspaket sei nur ein erster Schritt. "Mit weiteren Maßnahmen in insgesamt vier Bereichen passen wir jetzt unsere bilateralen Beziehungen der aktuellen Situation an", kündigte die Grünen-Politikerin an. Auch über die Sanktionen hinaus wolle man national handeln.
So würden zum Beispiel künftig nationale Visa an Inhaber von Dienst- und Diplomatenpässe nur noch im "nötigsten Umfang" ausgestellt. "Auch gegen Angehörige von EU-gelisteten iranischen Organisationen sollen zusätzliche nationale Einreisebeschränkungen verhängt werden." Die "brutale Gewalt und Unterdrückung" dürfe für die Verantwortlichen nicht ohne "Konsequenzen" bleiben, so Baerbock weiter. Da es zuletzt in wichtigen Fragen in den zuständigen internationalen Gremien wie des UN-Menschenrechtsrats immer wieder Blockaden gegeben habe, verfolge man jetzt einen zweigleisigen Ansatz: "Wir setzen uns für einen Sonder-Menschenrechtsrat in Genf ein, arbeiten an einer starken Resolution in der Generalversammlung und unterstützen den UN-Sonderberichterstatter für den Iran."
Bis zur Einrichtung eines UN-Mechanismus werde man aber auch Nichtregierungsorganisationen bei der Aufgabe unterstützen, Beweise für Menschenrechtsverbrechen zu dokumentieren und zu sammeln, sagte die Ministerin. Weitere Maßnahmen umfassen die Unterstützung der iranischen Zivilgesellschaft. "Auch wenn es aktuell kaum möglich ist, Menschenrechtsprojekte in Iran selbst zu unterstützen, ist es wichtig, dass unsere Solidarität mit den Protestierenden auf Irans Straßen auch konkret spürbar wird." Man habe daher einen Aufruf in Nachbarstaaten des Irans für Menschenrechtsprojekte mit der iranischen Exilgemeinde gestartet und suche auch mit dem Büro des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte nach Möglichkeiten, zu einer Verbesserung der Menschenrechtslage beizutragen, so Baerbock.
Für "besonders gefährdete Personen" aus den Bereichen Kultur, Wissenschaft, Medien und Zivilgesellschaft stelle man zudem Plätze in speziellen Schutzprogrammen bereit. Auch für die bilateralen Kontakte kündigte Baerbock Konsequenzen an. Durch die bisherigen Sanktionsregime seien die Wirtschaftskontakte bereits ohnehin massiv eingeschränkt. "Die letzten Wochen wurden intensiv genutzt, kritisch zu überprüfen, welche Instrumente im Handels- und Finanzbereich noch bestehen, auch mit Blick auf noch bestehende Geschäftsbeziehungen iranischer Banken."
Wo noch bilaterale Dialogformate bestünden, etwa im Wirtschafts- und Energiebereich, werde man diese aussetzen. "Gleiches gilt für die in Iran tätigen deutschen Kulturmittler und Lehrer, deren Präsenz wir deutlich reduzieren werden, schon aus Fürsorgegründen", sagte die Ministerin. Wo nötig, werde man noch weitere Maßnahme ergreifen.
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