Berlin. Der Berliner katholische Erzbischof Heiner Koch hält es für "nicht nachvollziehbar", dass katholische Christen zugleich Mitglieder in der AfD sind.
"Wer in einer Partei Mitglied ist, identifiziert sich ja zumindest zum Teil mit ihren Positionen", sagte Koch dem "Tagesspiegel". Katholische Christen würden "einen ausländischen Menschen, einen Flüchtling, genau wie einen Menschen, der eine andere politische Überzeugung hat oder einer anderen Religion angehört" grundsätzlich akzeptieren. Das gebe es bei der AfD nicht. "Dazu stellt diese Partei an vielen Stellen unsere Demokratie in Frage", sagte Koch. "Wir Katholiken stehen grundsätzlich zu dieser Demokratie."
Koch kündigte an, das Gespräch mit AfD-Mitgliedern, die kirchliche Ehrenämter wahrnehmen, suchen zu wollen. "Ich befürworte und unterstütze sehr, dass sich Katholiken in demokratischen Parteien engagieren und anerkenne deren Engagement als Christen in der Politik", sagte Koch. "Diese Anerkennung gilt nicht für Politiker, die in ihrem Reden und Handeln menschenfeindliche und rechtsextreme Positionen vertreten."
Ein Beispiel eines katholischen Christen in der AfD ist der Fraktionschef der AfD im Brandenburger Landtag, Hans-Christoph Berndt. Er wird vom Brandenburger Verfassungsschutz als erwiesener Rechtsextremist eingestuft. "Sie müssen nur die öffentlichen Aussagen und Positionen von Herrn Berndt lesen, dann wird klar, dass sie nicht mit unserer christlichen Botschaft vereinbar sind", sagte Koch. "Ich hoffe noch immer, dass ihm das auch klar wird und er zu entsprechenden Einsichten kommt."
Koch äußerte sich auch zu dem regelmäßig im September in der Berliner Innenstadt stattfindenden "Marsch für das Leben". An der Demonstration christlicher Abtreibungsgegner hatten in der Vergangenheit auch AfD-Vertreter, etwa die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch, teilgenommen. "Wenn die AfD sich gegen Abtreibung ausspricht, dann geht es ihr vor allem um das `deutsche Volk`", sagte Koch. "Bei ihr ist nicht jedes Leben schützenswert, es ist zunächst nur das deutsche", so seine Einschätzung. Das unterscheide die Partei von Katholiken. "Der Schutz des Lebens von seinem Anfang bis zu seinem Ende gilt aus christlicher Perspektive für alle Menschen in allen Lebensphasen, für Ungeborene und Sterbende, für Geflüchtete und für Obdachlose, für Ausländer und für Deutsche und für Menschen mit Einschränkungen oder Behinderungen."
Koch betonte, dass man nicht verhindern könne, dass Rechtsradikale am "Marsch für das Leben" teilnehmen. Das bereite ihm Sorge, weil dadurch das Anliegen der Demonstration diskreditiert werde. "Für mich ist die Grenze: Wenn rechtsradikale Gruppen solche Demonstrationen als Träger mitverantworten, bin ich nicht mehr dabei", sagte der Berliner Erzbischof. Insgesamt würde er sich wünschen, dass die Veranstalter den Stil der Demonstration änderten. "Die Demonstration muss einladender werden, gewinnender, denn die Menschen, die betroffen sind, sollen sich ja mit dem Thema auseinandersetzen."
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