Karlsruhe. Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Landgerichts Braunschweig vom September 2021 aufgehoben, mit dem vier frühere Manager der Volkswagen AG vom Vorwurf der Untreue freigesprochen worden waren. Gegenstand des Verfahrens war die Gewährung von Arbeitsentgelten an freigestellte Betriebsräte in den Jahren 2011 bis 2016, die Zahlungen an Vergleichsgruppen erheblich überstiegen.
Hierdurch entstand der Volkswagen AG ein Schaden von mehr als 4,5 Millionen Euro. Nach Ansicht des Landgerichts hatten die Angeklagten durch eine Umstufung der Betriebsräte in deutlich höhere, dem "Managementkreis" vorbehaltene Entgeltgruppen und die Gewährung freiwilliger Bonuszahlungen von jährlich 80.000 Euro bis 560.000 Euro je Betriebsrat den objektiven Tatbestand einer Untreue erfüllt. Ihnen fehle aber der erforderliche Vorsatz, weil sie sich auf die Einschätzungen interner und externer Berater verlassen beziehungsweise ein bestehendes Vergütungssystem vorgefunden und irrtümlich angenommen hätten, mit ihren jeweiligen bewilligenden Entscheidungen keine Pflichten zu verletzen. Die Staatsanwaltschaft hatte hiergegen Revision eingelegt - mit Erfolg.
Urteilsfeststellungen genügten nicht
Zwar sei das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der objektive Tatbestand einer Untreue erfüllt sein kann, wenn ein Vorstand oder Prokurist einer Aktiengesellschaft einem Mitglied des Betriebsrats ein überhöhtes Arbeitsentgelt gewährt, die vom Landgericht hierzu getroffenen Urteilsfeststellungen genügten aber nicht den gesetzlichen Darstellungsanforderungen, so der BGH in seinem Urteil am Dienstag. "Der Senat vermag daher nicht zu beurteilen, ob die Bewilligung der monatlichen Entgelte und Bonuszahlungen den betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätzen widerspricht und ob das Landgericht auf zutreffender Grundlage einen Vorsatz der Angeklagten verneint hat", so der Bundesgerichtshof.
Bonuszahlungen außer Betracht gelassen
So sei dem Urteil insbesondere nicht zu entnehmen, nach welchem System die Vergütung von Angestellten der Volkswagen AG generell geregelt war, welche Kriterien für die Einordnung in "Kostenstellen" und "Entgeltgruppen" galten, nach welchen Regeln ein Aufstieg in höhere "Entgeltgruppen" sowie in die verschiedenen "Managementkreise" vorgesehen war und welche Maßstäbe den Entscheidungen über die Gewährung von Bonuszahlungen sowie über deren Höhe zugrunde lagen. Darüber hinaus weise auch die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Vorsatz der Angeklagten einen Rechtsfehler auf: Sie sei lückenhaft, weil das Landgericht insoweit allein die Einordnung der Betriebsratsmitglieder in bestimmte Entgeltstufen in den Blick genommen, jedoch die ihnen über ihre Grundgehälter hinaus gewährten Bonuszahlungen - die teilweise die Grundgehälter erheblich überstiegen - außer Betracht gelassen habe (Urteil vom 10. Januar 2023 - 6 StR 133/22).
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