Braunschweig. Rund 300 Menschen feierten am Samstag den 20. Geburtstag des Bündnisses gegen Rechts mit einer Demonstration durch die Innenstadt und einem Fest am Fritz-Bauer-Platz. Dies berichtet das Bündnis in einer Presseinformation. Der bekannte Sprecher des Bündnisses, David Janzen, ist seit der Gründung im Jahr 1999 dabei und berichtet im Interview mit regionalHeute.de, was in den letzten 20 Jahren verändert hat.
Auf der Bühne sprachen unter anderem Klaus Peter Bachmann, ehemaliger Vizepräsident des niedersächsischen Landtags; Heinrich Betz, Betriebsrat bei Volkswagen Braunschweig, Madina Rostaie von der Flüchtlingshilfe Refugium, Kathleen Bosse von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und Adama Logosu-Teko vom Haus der Kulturen und gratulierten dem Bündnis gegen Rechts. Dazu gab es an Ständen Kaffee und Kuchen, Angebote für Kinder und Jugendliche und Informationen über die Organisationen, die das Bündnis gegen Rechts tragen. Auf der Bühne sorgten - moderiert von Angelika Schwarz von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) - die Band Ohrofyll, Axel Uhde und der Satiriker Thorsten Stelzner für Unterhaltung.
Das Bündnis ist auch nach 20 Jahren noch immer nicht zerstritten, es ist sogar aktiver denn je. Foto:
David Janzen ist seit der Gründung des Bündnisses im Jahre 1999 mit dabei. Seit wann er in der Öffentlichkeit als Sprecher auftrete, wisse er aber nicht mehr genau. "In diese Funktion bin ich auch eher so reingerutscht", erläutert der Braunschweiger. "Ich habe von Anfang an die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bündnisses mitgestaltet.Die Medien haben dann oft nach einem Ansprechpartner gefragt, den sie interviewen können, der kurzfristig für Statements zur Verfügung und den sie namentlich zitieren können. Ich habe dann, ohne groß zu überlegen gesagt: Okay, dann mache ich das halt. Aus dem Pressesprecher wurde dann immer mehr die Person, die für das Bündnis steht und spricht."
Das Bündnis ist keine One-Man-Show
Janzen gibt aber auch zu, dass er diese Konzentration auf seine Person eigentlich gar nicht so gut finde: "Das Bündnis ist ja eine One-Man-Show, sondern wird von vielen menschen und Organisationen mitgetragen. Klar steckt da auch viel persönliches Engagement und Herzblut drin, aber ich bin nicht der Kopf oder der Chef des Bündnisses gegen Rechts. Wir versuchen unsere Arbeit im Bündnis eher möglichst Basisdemokratisch zu gestalten.
Was ist in 20 Jahren passiert?
Das Bündnis habe sich kurz vor der Jahrtausendwende vor allem als Reaktion auf einen angekündigten Aufmarsch der NPD gegründet. Damals sollte hier die Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht gezeigt werden. Dagegen machten Neonazis mobil. "Für die Menschen und Organisationen, die damals das Bündnis ins Leben gerufen haben, war da klar: Wir werden nicht zuschauen, wenn Neonazis durch die Stadt marschieren, da müssen wir selbst auf die Straße", berichtet der Sprecher über die Gründungs des Bündnisses.Auch in den folgenden Jahren wurde man immer dann aktiv, wenn sich rechtsextremistische Aufmärsche ankündigten. Janzen erinnert sich:"Das war 2000, 2003, 2005 und 2011 so. Dazwischen gab es eher wenig Aktivitäten", doch die Zeiten haben sich geändert.
In den vergangenen Jahren wurde das Bündnis deutlich aktiver: "Durch dass Aufkommen von AfD, HOGESA, PEGIDA, beziehungsweise BRAGIDA, gab es deutlich mehr Anlässe, aktiv zu werden. Das hat auch dazu beigetragen, dass das Bündnis gegen Rechts deutlich mehr wahrgenommen wird, sowohl von der Stadtgesellschaft, der Politik, aber auf von den Medien. Ich glaube die Unterstützung und der Zuspruch für unsere Arbeit ist heute deutlich größer als in den ersten Jahren."
Durchbruch 2005: Fast 8.000 Menschen gegen BRAGIDA
Als größten Erfolg betrachtet man im Bündnis die Demonstration gegen den IslamfeindlichenPEGIDA-Ableger "Braunschweig gegen die Islamisierung des Abendlandes" - kurz: BRAGIDA. Bei der ersten BRAGIDA-Demo im Januar 2005 sind fast 8.000 Menschen dem Aufruf des Bündnisses gegen Rechts zum Gegenprotest gefolgt und auf die Straße gegangen: "Es war schon beeindruckend, da auf der Bühne auf dem Schlossplatz zu stehen und zu all den Menschen zu sprechen", erinnert sich Janzen. Es sei aber auch eine logistische Herausforderung gewesen: "Wir hatten noch ein paar Wochen davor mit nur ein paar hundert Teilnehmenden gerechnet. Irgendwann war klar: Das wird doch ganz groß. Und in wenigen Tagen mussten wir dann ein große Bühne samt Technik organisieren und ein Programm mit Rednerinnen und Rednern und Bands auf die Beine stellen."Die Proteste hielten damals an: Jeden Montag richteten sichKundgebungen und Blockaden gegen die BRAGIDA-Veranstaltungen. David Janzen: "Die Stadtgesellschaft hat da deutlich gezeigt, dass sie in ihrer Mehrheit für Toleranz, Vielfalt und ein Zusammenleben der unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Menschen aufsteht und keine Verhältnisse wie in Dresden zulässt."
Selbstsicher für die Zukunft
In 20 Jahren Bündnisgeschichte sei natürlich nicht alles perfekt gewesen: "Natürlich macht man auch Fehler und vieles läuft auch nicht immer so, wie es eigentlich geplant war", resümiert Janzen die Arbeit des Bündnisses. Insgesamt fühlt man sich gerüstet für die Zukunft: "Es gab aber kein Ereignis, wo ich hinterher sagen würde: 'das ist jetzt komplett falsch gelaufen'.Da es das Bündnis gegen Rechts nach 20 Jahre noch immer gibt, wir uns nicht zerstritten haben und Auftritte von Neonazis und Rechtspopulisten hier weiterhin nicht ohne Proteste stattfinden können, kann man wohl sagen: Wir haben das eigentlich ganz gut gemacht." Der Bündnissprecher musste den Jahren der Bündnisarbeit viel einstecken: Morddrohungen, Verleumdungen und innerhalb des Stadtgebietes aufgebrachte Aufkleber einer "Anti-Antifa-Braunschweig", auf denen der Bündnissprecher abgebildet ist, sind nur die aktuellsten Vorfälle. Janzen sieht es positiv: "Wenn die mich und das Bündnis gegen Rechts so sehr zum Feindbild erklären, dann muss unsere Arbeit ja recht erfolgreich sein."
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