Braunschweig. Oberbürgermeister Ulrich Markurth hat beim 35. Braunschweiger Unternehmergespräch die gesamtgesellschaftliche Bedeutung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) betont. „Die formulierten Ziele betreffen alle Bereiche der Gesellschaft, von der Gestaltung einzelner Stadtteile und dem Wohnen über den Nahverkehr und die Mobilität insgesamt bis hin zu wirtschaftspolitischen Fragestellungen“, sagte Markurth am Donnerstag, 6. September, vor rund 300 Gästen im Lilienthalhaus am Forschungsflughafen.
Mit Blick auf das Thema des Abends – Führungskultur – sagte Markurth: „Ich setze mich dafür ein, dass es klare Eckpfeiler der Stadtentwicklung gibt. Aber ich sehe auch, dass wir die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen, Institutionen, Fachleute und weitere Betroffene eng einbinden und Gestaltungsspielräume zur Mitwirkung eröffnen sollten.“ Das sei mit dem bis dato in Braunschweig einzigartigen Beteiligungsprozess zum ISEK auf erfreuliche Weise gelungen.
Zu einer durchdachten und zukunftsweisenden Stadtentwicklung gehöre auch eine vorausschauende Gewerbeflächenvorsorge, so Markurth. Auch nach dem Scheitern des Interkommunalen Gewerbegebiets Braunschweig-Salzgitter werde die Stadt mit Hochdruck daran arbeiten, neue Gewerbeflächen zu erschließen. Noch in diesem Jahr sollen die Erschließungsarbeiten für den zweiten Bauabschnitt des Gewerbegebietes Waller See fertiggestellt werden. Parallel arbeite die Stadt an der Erweiterung der nördlichen Gewerbegebietsachse entlang der A2 mit der Umsetzung des Gebietes Wenden West.
Zudem komme es in einer wachsenden Stadt mit begrenzten Flächen mehr denn je darauf an, Brach- und Bestandsflächen zu revitalisieren und wieder nutzbar zu machen. „Wir dürfen nicht ruhen, denn der Bedarf nach neuen Flächen ist hoch, und er ist dringend“, so Markurth. Die Wirtschaftsförderung führe bereits Wartelisten für Gewerbetreibende, die nach Flächen zur Erweiterung oder Ansiedlung suchen.
Die positive Seite der Medaille sei, dass der Standort Braunschweig nach wie vor sehr gefragt ist. Das zeigten ganz aktuell auch die Erweiterung des VW-Werks Braunschweig, das hier am Standort eine neue Halle für die MEB-Batteriesystem-Fertigung erhält, sowie die Ansiedlung des neuen Fraunhofer Zentrums für Energiespeicherforschung am Forschungsflughafen.
Ohnehin sei der Forschungsflughafen ein Paradebeispiel für die Revitalisierung brachliegender Flächen. „Wo früher ein Militärflughafen war, wird heute die Zukunft der Mobilität gestaltet. Wo alte Baracken standen und zum Teil jetzt noch stehen, entwickelt sich ein internationaler Forschungs-, Wirtschafts- und Innovations-Hotspot, der obendrein tausenden Menschen zukunftsträchtige Arbeitsplätze bietet.“
Wirtschaftsdezernent Gerold Leppa, Oberbürgermeister Ulrich Markurth, Volksbank-BraWo-Vorstand Mark Uhde und Wirtschaftspublizist Wolf Lotter sprachen vor rund 300 Gästen beim 35. Braunschweiger Unternehmergespräch. Foto: Peter Sierigk
Die Pläne für das Lilienthalquartier am Forschungsflughafen, das rund um das erste Lilienthalhaus in den kommenden Jahren wachsen soll, hatte zuvor Mark Uhde, Vorstandsmitglied des Investors Volksbank BraWo, vorgestellt. Als diesjähriger Gastgeber des Braunschweiger Unternehmergesprächs hatte die Volksbank BraWo das Lilienthalhaus als Veranstaltungsort zur Verfügung gestellt.
Bis zu drei weitere Lilienthalhäuser sollen nach und nach entstehen. „Das Lilienthalquartier wird den Forschungsflughafen nicht nur zu einem repräsentativen Einfallstor im Norden der Stadt machen, sondern vor allem ein hochattraktives Arbeitsumfeld für die Luft- und Raumfahrt sowie die Verkehrstechnik bieten. Dadurch werden der Wirtschafts- und Forschungsstandort Braunschweig und somit auch die Region nachhaltig gestärkt“, so Uhde.
Wirtschaftsdezernent Gerold Leppa betonte die wachsende Bedeutung kreativer Räume, in denen sich Fachleute der verschiedensten Disziplinen austauschen und gemeinsam an zukunftsfähigen Lösungen arbeiten können. „Mit dem Lilienthalquartier hat der Forschungsflughafen das Potenzial, einen wahren Campuscharakter zu entwickeln, der das bereits jetzt hochinnovative und international bedeutende Mobilitätscluster in Braunschweig weiter voranbringen wird“, so Leppa.
Auch an anderen Orten in der Stadt entstünden derzeit neue Raumangebote, die Möglichkeiten für neue Arbeitsformen bieten. Aktuellstes Beispiel sei der TRAFO Hub in den Wichmannhallen. Dort sollen sich freischaffende IT-Experten, Kreative, Start-ups und erfahrene Unternehmerinnen und Unternehmer austauschen, neue Formen der Kooperation erproben und gemeinsam Lösungen für die Digitale Transformation entwerfen. Die Dynamik der Digitalisierung bringe es mit sich, dass neue Projekte immer häufiger nach dem „Trial and Error“-Prinzip (engl.: Versuch und Irrtum) angegangen werden müssten. „Durch die Geschwindigkeit der wirtschaftlichen Transformationsprozesse ist der Erfolg einer neuen Idee kaum noch langfristig planbar“, so Leppa. „Das birgt aber auch die Chance, durch agilere Strukturen flexibel auf sich ändernde Anforderungen reagieren zu können.“
Gastredner Wolf Lotter, Publizist, Autor und Mitbegründer des Wirtschaftsmagazins brand eins, machte in seinem Vortrag „Leadership – neue Führungsformen für ein innovatives Unternehmertum“ deutlich, welchen Einfluss die Digitalisierung auf die Unternehmenskultur und die Personalführung haben kann. Auch Lotter plädiert für eine Kultur des Versuchens statt des Verzagens. Echte Innovation erfordere den Mut, sich selbst und das eigene Unternehmen immer wieder zu hinterfragen.
Das Braunschweiger Unternehmergespräch 2018 wurde neben der Volksbank BraWo auch von den langjährigen Sponsoren Spedition Wandt, Hofbrauhaus Wolters, Heimbs Kaffee sowie der Rechtsanwalts- und Steuerkanzlei Appelhagen unterstützt.
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