Am Ende zählt der Mensch

von Sina Rühland


| Foto: Sina Rühland



Braunschweig. Niemand beschäftigt sich gerne mit dem Ende des Lebens. Doch spätestens, wenn ein Mensch unheilbar krank ist und unter Schmerzen leidet, kann man den Tod nicht mehr verdrängen. Heute ist Welthospiztag und er steht unter dem Motto „Am Ende zählt der Mensch – für den Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung“. 

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Diskussion über ein Verbot der organisierten und gewerblichen Formen der Beihilfe zum Suizid, thematisiert die Hospizbewegung die Versorgung von schwer kranken Menschen. In diesem Zusammenhang lud der Verein Hospizarbeit Braunschweig am Freitagabend den Palliativmediziner Dr. Rainer Prönneke zu einem Vortrag ein. Ebenfalls greift die Ausstellung "Mobiles Hospiz" das Thema auf, der ein Projekt des Theaterpädagogischen Zentrums in Zusammenarbeit mit dem Hospizverein voraus gegangen ist. An diesem Wochenende feiert die Ausstellung ihre Eröffnung.



Als Leiter der Palliativstation des Marienstiftes sprach Dr. Rainer Prönneke aus seiner Erfahrung als Mediziner über Sterbebegleitung sowie über den Unterschied von Beihilfe zum Suizid und aktiver Sterbehilfe.

Wie prüft man unerträgliches Leid, das zu einem erträglichen Ende führen könnte? Die Sorge Dr. Rainer Prönnekes zur Sterbehilfe: "Es wird ein Stück Leben genommen, was nötig ist, um zu sterben." Eine weitere Lösung zur Schmerzlinderung sei der Schlaf, gab er zu bedenken. Mehr noch, als die Positionierung zur Sterbehilfe, liegt ihm die Hospizarbeit am Herzen. Der Verein Hospizarbeit Braunschweig begleitet ehrenamtlich und ambulant schwer kranke Menschen und ihre Angehörigen; vorab ausgebildet stehen die Mitarbeiter den Betroffenen in unterschiedlichen Alltagssituationen zur Seite. Der Verein ist gemeinnützig und kostenfrei – Freiwillige aus allen Alters- und Berufsgruppen engagieren sich. Wie wichtig diese Arbeit ist, belegt auch eine bedrückende Zahl: Wie Dr. Prönneke berichtete, gibt es jährlich 150 unbedachte Beerdigungen. 150 Menschen, die im Beisein von Fremden beigesetzt wurden, weil sich niemand um ihre Beerdigung gekümmert hat. Weil niemand da war, um sich zu sorgen.

Formen der Sterbehilfe und Sterbebegleitung


Es sind sterbende Menschen, die auf den Palliativstationen liegen, denen möglichst eine Linderung der Symptome verschafft werden soll. "Die Betroffenen leiden vor allem darunter, dass sie keine Kontrolle mehr haben – die größte körperliche Schwäche kann man ertragen, wenn man die Restkontrolle behält", so der Mediziner. Gerade die Hospizarbeit habe ein Umdenken in der Medizin bewirkt: "Kein Mensch muss am Ende seines Lebens unter schweren physischen Schmerzen leiden, das konnte man vor 20 Jahren noch nicht sagen."

Über die gesetzliche Neuregelung zur Sterbehilfe wird voraussichtlich im kommenden Jahr im Bundestag entschieden. Es ginge in den Debatten jedoch nicht um aktive Sterbehilfe, sagte Prönneke. Bei der aktiven Sterbehilfe, was in Deutschland verboten ist, führt jemand den Tod eines Patienten aktiv herbei. Die indirekte Sterbehilfe impliziert, dass der Arzt eine Überdosis an Schmerz- oder Narkosemitteln verabreicht. Bei der passiven Sterbehilfe wird das Leben eines Menschen nicht künstlich verlängert, zum Beispiel durch Beatmung oder Ernährung. Wenn Mediziner einem Patienten ermöglichen, sich durch von ihnen verschriebene Rezepte selbst zu töten, spricht man von der Beihilfe zum Suizid. Der ausdrückliche Wunsch des Patienten (Patientenverfügung) ist grundsätzlich die Voraussetzung.


Ausstellung "Mobiles Hospiz"


Künstlerisch setzt sich die Ausstellung "Mobiles Hospiz" mit dem Tod, Sterben, Lebensqualität und Hospiz auseinander. "Das Thema Tod soll nicht fern der Bühne bleiben, denn am Ende geht es jeden etwas an", sagte Theaterpädagogin Eva Geckeler. In Zusammenarbeit mit dem Verein Hospizarbeit hat das Theaterpädagogische Zentrum im Sommer mit der Projektarbeit begonnen und nun die gesammelten Werke ausgestellt. In Workshops erarbeitet haben die Exponate eine Grundschule, ehrenamtliche Hospizhelfer, Künstler der Villa Luise, Schüler der Krankenpflege, Konfirmanden sowie der Moscheeverein. Herausgekommen sind bemerkenswerte und rührende Perspektiven auf  das Leben, und dessen Ende. Zu sehen sind die Arbeiten in der Galerie auf Zeit, vom 11. bis 25. Oktober in der Neuen Straße 27.


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