Autonomes Fahren: Verliert Deutschland den Anschluss?

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Es diskutierten: Prof. Dr. Volker Lüdemann,
Leiter des Niedersächsischen Datenschutzzentrums, Olaf Lies,
Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Moderatorin Anje Gering, Kay Nehm, Präsident des Deutschen Verkehrsgerichtstages und Autor Dr. Hajo Schumacher (v. li.). Fotos: Alexander Dontscheff
Es diskutierten: Prof. Dr. Volker Lüdemann, Leiter des Niedersächsischen Datenschutzzentrums, Olaf Lies, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Moderatorin Anje Gering, Kay Nehm, Präsident des Deutschen Verkehrsgerichtstages und Autor Dr. Hajo Schumacher (v. li.). Fotos: Alexander Dontscheff | Foto: Dontscheff

Braunschweig. Die deutsche Automobilindustrie droht in Sachen "autonomes Fahren" im weltweiten Wettbewerb den Anschluss zu verlieren. Dies wurde im Rahmen einer Podiumsdiskussion deutlich, die am heutigen Montag zu diesem Thema in der IHK Braunschweig stattfand.


Mit den Worten "heute beginnt die gesellschaftliche Debatte über die Mobilität von morgen" begrüßte IHK-Präsident Helmut Streiff die Gäste im gut besuchten Kongresssaal der IHK Braunschweig. Doch im Verlauf des Abends wurde immer deutlicher, dass man andernorts schon viel weiter ist als nur zu debattieren. Das Fazit des Abends von Olaf Lies, Niedersachsens Ministerfür Wirtschaft, Arbeit und Verkehr lautete daher "weniger fragen, mehr machen!"

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IHK-Präsident Helmut Streiff begrüßte die Gäste. Foto: Dontscheff


Eine Zeitenwende


Dr. Volker Lüdemann, Leiter des Niedersächsischen Datenschutzzentrums, Professor für Wirtschafts- und Wettbewerbsrecht und Vorsitzender der Ethikkommission der Hochschule Osnabrücksprach in seinem Impulsreferat von einer "Zeitenwende in der Verkehrsgeschichte" von einer "gewaltigen Herausforderung für unser Rechte- und Wertesystem". Ein kritischer Punkt sei, dass nach der Wiener Straßenverkehrskonvention von 1968 stets ein Fahrer vorhanden und verantwortlich sein müsse. Außerdem sei es nicht mit dem Grundgesetzt vereinbar, das Fahrsystem so zu programmieren, dass es anhand eigener Algorithmen entscheide, wie im Falle eines unausweichlichen Unfalls die Zahl der Opfer minimiert werde. Auch in Sachen Datenschutz gebe es Bedenken. Bereits jetzt würden in modernen Autos unzählige Daten gesammelt und weitergegeben. Dies würde sich durch den Fakt, dass der Fahrer nun viel Zeit habe, noch drastisch erhöhen.

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Prof. Dr. Volker Lüdemann ist um die deutsche Automobilindustrie besorgt. Foto: Dontscheff


Deutschland hinkt hinterher


Doch diese Punkte bereiteten Lüdemann keine schlaflosen Nächte. Dies könne man alles lösen. Letztlich müsse man wohl akzeptieren, dass unser Rechtssystem an seine Grenzen stoße. Viel mehr beunruhige ihn, dass man in Deutschland der Entwicklung hinterherhinke. In den USA hätten Unternehmen wie Google, Apple oder Uber bereits große Fortschritte gemacht. Auch in China sei man schon weiter. Entscheidend für die Wertschöpfung sei in Zukunft nicht mehr der Fahrzeugbau, es komme auf die Software und das entsprechende Systeman. In Deutschland drohe man hier den Anschluss zu verlieren. Die deutsche Autoindustrie würde dann selbst nur noch ein Zulieferer sein.

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Olaf Lies und Anje Gering. Foto: Dontscheff


Neues Gesetz ein Schnellschuss


Der derzeitige Gesetzesentwurf der Bundesregierung sei ein dem Wahlkampf geschuldeter Schnellschuss,befand der Journalist Dr. Hajo Schumacher. Und auch Olaf Lies kündigte an, im Bundesrat Änderungen anzustreben. Hauptproblem sei, dass der Entwurf nicht mutig genug sei, befand auch Kay Nehm, Präsident des Deutschen Verkehrsgerichtstages und Mitglied der Ethik-Kommission der Bundesregierung zum automatisierten Fahren. Die nach wie vor vorgesehene Halterhaftung führe dazu, dass die Anschaffung eines autonom betriebenen Fahrzeuges unattraktiv sei. "Es gibt doch keiner 10.000 Euro für ein Gimmick aus, wenn er dann trotzdem während der Fahrt die ganze Zeit aufpassen muss", brachte es Schumacher auf den Punkt.

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Kay Nehm und Dr. Hajo Schumacher. Foto: Dontscheff


Arbeitsplätze fallen weg


Tenor der Diskussionsteilnehmer war, dass die Entwicklung hin zum autonomen Fahren schneller gehe als gedacht. Man müsse sich in Deutschland nun anstrengen, den verlorenen Boden wieder gut zu machen. Das Testfeld autonomes Fahren Niedersachsen, das auch die A2 bei Braunschweig umfasst, ist da nur ein Anfang. Letztendlich werde die Revolution des Verkehrssystems auch einschneidende Folgen für viele Wirtschaftsbranchen haben. Berufskraftfahrer würden weitestgehend überflüssig, und die Versicherungsbranche müsste sich komplett neu aufstellen. Es warten also große Herausforderungen auf Politik und Wirtschaft.

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Der Kongresssaal der IHK war gut gefüllt. Foto:


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