Braunschweig. Nach der Berichterstattung von regionalHeute.de wandten sich Politiker der Braunschweiger Gruppe, einem Zusammenschluss der SPD-Landespolitiker aus der Region Braunschweig, mit einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin. Mitte April gab es dann das erste Förderprogramm mit einer Empfehlung für das Braunschweiger Medikament COR-101, jetzt wurde ein zweites Förderprogramm aufgelegt. Eine Rückfrage von regionalHeute.de bei Corat Therapeutics offenbart jedoch, dass die langsam mahlenden Mühlen der Bundesfinanzpolitik nach wie vor ein gewaltiger Bremsklotz an der Entwicklung eines wirksamen COVID-Medikaments sind.
Die Entwicklung des Medikaments, das spezifisch gegen mittlere bis schwere Verläufe einer COVID-19-Erkrankung helfen soll, ist bereits weit fortgeschritten. Derzeit werden die ersten Patienten im Rahmen der klinischen Phase Ib/II an fünf Standorten in Deutschland behandelt. Mit den Ergebnissen aus der ersten Phase wird im Sommer gerechnet. Dabei ist die Finanzierung alles andere als langfristig, wie Dr. Andreas Herrmann, Geschäftsführer der Corat Therapeutics GmbH erklärt: "Wir werden nächste Woche noch einmal eine private Finanzierungsrunde abschliessen auch wieder mithilfe der N-Bank und privater Investoren. Zusätzlich haben wir vom BMBF ja eine positive Empfehlung, uns im Rahmen des ersten Förderprogramms mit einem Volumen von 50 Millionen Euro zu fördern. Zusammen mit der gerade laufenden Finanzierungsrunde bekommen wir somit genügend finanziellen Spielraum, um die klinische Phase Ib zu beenden, das Medikament für die Phase II zu produzieren und die Phase II in bis zu 15 Studienzentren europaweit durchzuführen. Wir hoffen die Ergebnisse der klinischen Phase II noch in diesem Jahr spätestens im ersten Quartal 2022 zu haben, um basierend darauf eine conditional approval zur Behandlung von hospitalisierten Patienten mit mittlerer bis schwerer Covid-19 Erkrankung zu bekommen."
"Dauert länger als erhofft"
Mitte April wurde nach Angaben der Braunschweiger Gruppe der SPD Landtagspolitiker bekannt, dass ein wissenschaftliches Expertengremium im Rahmen des Bundes-Förderprogramms "Forschung und Entwicklung dringend benötigter Therapeutika gegen SARS-CoV-2" eine Förderung von Corat Therapeutics empfiehlt. "Wir haben noch keinen konkreten Förderbescheid, es dauert leider etwas länger als gehofft, aber wir sind zuversichtlich, dass wir entsprechend der Empfehlung und unserem Antrag gefördert werden", merkt Herrmann dazu an.
Marktreife verzögert sich
Bis zum Sommer steht die Finanzierung - zumindest in der Planung. Bis zur Marktreife sei allerdings noch viel zu tun. Unter anderem müsse der Produktionsprozess auf ein für die Marktversorgung geeignetes Maß skaliert werden, hinzu komme die sogenannte Prozesscharakterisierung und -Validierung, die vereinfacht gesagt einen sicheren industriellen Herstellungsprozess und dementsprechend ein sicheres Medikament garantiert. Auch hierzu muss eine Studie erfolgen. "Hierfür benötigen wir zirka 25 bis 30 Millionen Euro, die wir zurzeit noch nicht zur Verfügung haben. Deshalb können wir diese Arbeiten nicht beginnen und werden voraussichtlich deshalb nicht rechtzeitig genügend Wirkstoff produziert haben, um diesen nach der Genehmigung den Patienten ausreichend zur Verfügung stellen zu können. Deshalb arbeiten wir seit Monaten intensiv an einer Finanzierung", erklärt Hermann und ergänzt: "Zweitens benötigen wir eine Phase III Studie, die aber auch parallel und nach der Notfallzulassung durchgeführt werden kann. Diese wird weitere 20 Millionen Euro benötigen, auch dafür suchen wir die Finanzierung, weil wir diese Studie natürlich rechtzeitig vorbereiten müssen."
Zweites Förderprogramm: Begrüßenswert, aber zu spät
Die Antwort auf den offenen Brief der Braunschweiger Gruppe an das Kanzleramt beinhaltet noch eine weitere Zusage. Der Braunschweiger Landtagspolitiker Dr. Christos Pantazis berichtet: "Das vom Bundesministerium für Gesundheit und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung aktuell ins Leben gerufene Förderprogramm hat erfreulicherweise ein Volumen von 300 Millionen Euro."
Pantazis kritisiert aber auch: "In der Vergangenheit wurden in diesem Bereich nämlich vergleichsweise geringe Fördermittel zur Verfügung gestellt. Stattdessen wurden vonseiten der Bundesregierung mit nicht unerheblichem finanziellen Aufwand Präparate der US-Firmen Regeneron und Eli Lilly erworben. Diese Medikamente sind jedoch für die Behandlung von hospitalisierten Patienten mit schwerem Verlauf explizit nicht zugelassen."
Bei Corat Therapeutics ein Grund für vorsichtigen Optimismus. Das Förderprogramm über 300 Millionen Euro decke genau die genannten Punkte zum Produktionsprozess und der Phase III Studie ab. "Deshalb ist das Programm sehr begrüßenswert und wichtig, kommt aber leider etwas spät. Wir werden uns natürlich auch für dieses Programm bewerben."
Ein Eigenanteil bleibt
"Das Förderprogramm kann natürlich nicht vollständige Abhilfe schaffen, da wir immer auch einen Eigenanteil leisten müssen, aber es hilft natürlich sehr. Vor allem auch die jetzt in Aussicht gestellten 300 Millionen Euro gehen in die richtige Richtung und sind sehr begrüßenswert für alle Unternehmen, die Medikamente für die Behandlung von Covid-19 Patienten entwickeln", kommentiert Hermann und erklärt abschließend: "Ich möchte in diesen Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen, dass COR-101 eines der wenigen Medikamente und zurzeit der einzige Antikörper ist, der spezifisch gegen das SARS-CoV-2 Virus wirkt und für Patienten im Krankenhaus mit mittleren bis schweren Erkrankungen gedacht ist. Die bisher zugelassenen Medikamente wie zum Beispiel von Regeneron sind ausschließlich für Patienten mit milden Verläufen gedacht."
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