Braunschweig. Ob für die goldene Uhr oder das Smartphone: im Pfandleihhaus bekommt man schnell und umkompliziert Bargeld. Die Häuser verdienen an den Zinsen und Gebühren. Aus dem Alltag eines Pfandleihers erzählt Bettina Vogelmann.
Es funktioniert unbürokratischer als bei einer Bank: braucht ein Kunde schnelles Geld, geht er zum Pfandhaus Schumachers im Steinweg. Zunächst wird der Wert des Pfandgegenstands geschätzt, dann die persönlichen Daten des Kunden erfasst. Das ermittelte Darlehen für den vorgelegten Gegenstand wird dann bar ausgezahlt. Das Pfand wird in einem Tresorraum so lange gelagert, bis der Besitzer wiederkommt, um ihn auszulösen – dafür hat er in der Regel drei Monate Zeit. Das Pfandhaus verdient derweil an den Zinsen.
Die drei Mitarbeiter des Pfandhauses Schumachers stehen jeden Tag hinter einer dicken Panzerglasscheibe, in den Auslagen davor befindet sich Schmuck, der zum Verkauf angeboten wird. Darunter sind Stücke, die ihre Besitzer nie ausgelöst haben. "Das kommt allerdings selten vor. Unter zehn Prozent der Kunden holen ihre Gegenstände nicht ab. Wir schreiben sie dann an und, wenn sie nicht reagieren, laufen die Sachen irgendwann bei Versteigerungen mit", erzählt Pfandleiherin Bettina Vogelmann. Entsteht dabei ein Erlös, dann geht dieser an den Kunden. Wenn die Gegenstände nicht versteigert werden, bietet das Leihhaus die Ware zum Verkauf an oder schmilzt sie ein.
Das erste Mal beim Pfandleiher
Den Weg zum Pfandleiher anzutreten, bedeutet für viele Menschen eine Hemmschwelle zu überwinden. "Einige Kunden, die zum ersten Mal hier sind, die erklären sich. Dabei ist der Besuch bei uns doch nichts anderes als sein Konto zu überziehen", sagt Vogelmann. Die Menschen, die durch Tür des Traditions-Pfandhauses kämen, seien keine Bittsteller, sondern Kunden. Überhaupt sind es ganz unterschiedliche Menschen, die sich bei Schumachers Geld leihen. Keine bestimmte Schicht, kein bestimmtes Alter. Doch eines haben sie alle gemeinsam: sie brauchen Geld.
"Wir erfahren hier und da auch mal persönliche Geschichten der Menschen. Sie erzählen wofür sie das Geld brauchen – wenn zum Beispiel Rechnungen anstehen – oder wir erfahren, wie es ihren Kindern geht. Mittlerweile haben wir einige Stammkunden. Die kommen dann meistens mit dem selben Stück, erhalten das Geld und lösen es später wieder aus", erzählt Vogelmann. Gerade zum Anfang oder zum Ende eines Monats bemerke man steigende Kundenzahlen.
Wenn das Schmuckstück eine Fälschung ist
Wie misst man den Wert eines Gegenstandes? "Wir messen zum Beispiel bei Goldringen die Legierung. Wir wiegen, messen und betrachten den Ring unter einer Lupe. So können wir den Wert einordnen", erklärt Pfandleiherin Vogelmann. Manchmal wollten die Kunden aber auch handeln: "Es geht hier gelegentlich zu, wie auf dem Basar. Da werden Kunden auch schon mal lauter." Wenn der erhoffte Wert des Pfandstückes nicht so hoch ist wie erwartet, wird diskutiert. Der Goldkurs ist allerdings nicht verhandelbar."
"Wir mussten Kunden auch schon enttäuschen. Kürzlich kam ein Ehepaar mit zwei Schmuckstücken, die sie für insgesamt 16.000 Euro im Urlaub gekauft haben. Schöne Arbeiten, aber leider waren sie tatsächlich nur einige hundert Euro wert. Oder Fälschungen: wenn sich herausstellt, dass das Mobiltelefon oder der Ring der Großmutter gar nicht echt ist, dann sind viele natürlich traurig", erzählt Vogelmann.
Nicht jeder Gegenstand wird beliehen
Der Arbeitstag eines Pfandleihers birgt stetig Überraschungen, manchmal wird es auch skurril: "Uns wurden schon Betonmischer, Duschradios und vergoldetes Sex-Spielzeug angeboten. Damit konnten wir natürlich nichts anfangen. Ein Herr rief an und fragte, ob wir eine Gaspistole beleihen würden. Da man jeden Gegenstand testen muss, wäre das bei der Pistole schwierig geworden", erklärt Bettina Vogelmann.
In jedem Fall braucht der Pfandleiher ein solides Wissen über Edelmetalle, Schmuck und Edelsteine. Auch mit Elektronik muss er sich auskennen. Geduld, Diskretion und eine Portion Menschenkenntnis gehören ebenfalls zu dem Beruf, für den es keine geregelte Ausbildung gibt. Die drei Mitarbeiter des Pfandhauses Schumachers machen ihren Job gerne: "Jeder Tag ist abwechslungsreich. Die Vielschichtigkeit der Kunden ist so enorm, dass es nie langweilig wird", erzählt Bettina Vogelmann bevor der nächste Kunde mit einer Kamera in der Hand in das Pfandhaus tritt.