Braunschweig. Bereits zum neunten Mal versammelten sich Bragida-Teilnehmer und Gegendemonstranten am Bahnhof. Dem islamkritischen Bündnis war ein anderer Versammlungsort und ein Aufmarsch gerichtlich untersagt worden. 65 Bragida-Teilnehmer standen rund 500 Gegendemonstranten gegenüber. Tina Müller (Bragida-Gründerin) kündigte an, in der kommenden Woche in Kralenriede demonstrieren zu wollen, zudem werde Lutz Bachmann am 19.04.2015 nach Braunschweig kommen.
Die Kundgebung vom Bündnis gegen Rechts begann um 18:00 mit einem musikalischen Auftritt von Erkan Rast und Tamer Alcan, die mit orientalischen Klängen zu überzeugen wussten. Die erste Rede kam von Ala Ismail Davud (Mitglied der Union muslimischer Studenten an der TU Braunschweig). Sie sagte, sie sei entsetzt von den Pegida Bewegungen. Man müsse gemeinsam für eine tolerante und weltoffene Gesellschaft einstehen und diesen Strömungen keinen Platz lassen und ergänzte:
"Ich esse für mein Leben gerne Schwarzbrot und bin bekannt für meine Pünktlichkeit. Ich frage mich, warum bin ich diesen Menschen ein Dorn im Auge? Was habe ich falsch gemacht? Ich habe keine Antwort darauf. Wir sind lange keine Fremden mehr, lasst uns füreinander da sein und gemeinsam weiter für eine offene Gesellschaft einstehen. Das Leben ist zu kurz um es mit Hass zu füllen", so Ala Ismail Davud. Sie schloss ihre Rede mit den Worten Goethes: "Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein."
Offenheit und Toleranz
Im Anschluss betrat Janis Berzins (Pfarrer St. Pauli-Matthäus Kirche in Braunschweig) die Bühne. Er appellierte dafür, dass man keine Angst vor dem Unbekannten haben dürfe, sondern mit Offenheit und Toleranz anderen Religionen und Menschen begegnen müsse. Nur so könne man voneinander und übereinander lernen. Nur so werde die Angst vor dem Unbekannten besiegt. "Ich glaube, dass das, was die große Mehrheit der Menschen verbindet, die überzeugt von einem glücklichen Leben sind, in relativ wenigen Worten zusammengefasst ist: Toleranz, Solidarität und Frieden. Um uns für diese Werte einzusetzen, gegen alle Angstmacher, gegen alle die Schrecken verbreiten wollen, dafür stehe ich hier. Ich glaube, dafür stehen wir alle heute Abend gemeinsam, dafür setzten wir uns ein“. Es folgte der Auftritt von Dr. Christos Pantazis
(Mitglied des Landtages, Vorsitzender SPD Unterbezirk Braunschweig). Treffend lässt sich seine Rede mit folgendem Zitat zusammenfassen:
"Ich bin Christos Pantazis, ich bin Mensch und meine Heimat ist die Erde. Das ist mir ganz wichtig, um zu zeigen, dass ich keine Grenzen kenne." Er ergänzte, er habe von dem Vorhaben gehört, den Pegida-Chef Lutz Bachmann nach Braunschweig zu holen und fand dafür deutliche Worte. "Dazu möchte ich nur eines sagen. Wir hier in Braunschweig haben bereits einen Bachmann. Und das ist ein guter und der ist heute auch hier unter uns. Wir brauchen keinen weiteren.", so Pantazis mit Blick auf den in der Menge stehenden Klaus-Peter Bachmann (Vizepräsident des Niedersächsischen Landtags, SPD).Anschließend versammelte sich ein großer Teil der Gegendemonstranten in der Nähe der Bragida-Kundgebung und protestierten lautstark.
Bragida wil nach Kralenriede, Lutz Bachmann kommt
Auf der Gegenseite eröffnete Tina Müller die Veranstaltung. Sie kritisierte die Entscheidung der Stadt, Bragida erneut an den Bahnhof zu verbannen. Sie deutete in Richtung der Gegendemonstranten und sagte:
"Die wahren Nazis stehen dahinten". Die gewaltätigen Gegendemonstranten seien das Problem und nicht Bragida. Sie appellierte an alle Teilnehmer friedlich zu bleiben. Dies war auch der Fall. Dann gab Müller bekannt, dass man die nächste Veranstaltung in Kralenriede abhalten wolle. Auf die Kooperationsgespräche mit der Stadt werde man dazu in Zukunft verzichten. Man sehe darin keinen Wert, da keine Kompromissbereitschaft vorliegen würde. Des Weiteren kündigte sie an, dass am 19.04.2015 Lutz Bachmann die Demo in Braunschweig anmelden würde und mit einer Delegation aus Dresden käme. Auch Tatjana Festerling würde zu 95 Prozent an der Kundgebung teilnehmen, so Müller weiter. Am 06.04.2015 und am 13.04.2015 werde man dagegen aussetzen und nicht demonstrieren. Im Anschluss wurde wieder das offene Mikrofon freigegeben. Die einzelnen Teilnehmer schilderten ihre Meinungen.
Ein Redner sagte er habe Angst, dass die Gegendemonstranten ihn umbringen würden, wenn die Polizei die Demo nicht so gut schützen würde. Er blicke in hasserfüllte Gesichter, wenn er in diese Richtung schaue. Dort wäre die eigentliche Gefahr zu sehen und nicht bei Bragida. Immer wieder wurden in den Reden die Ausschreitungen in Frankfurt thematisiert, die von der Linken Seite ausgegangen seien. Tina Müller sagte, sie frage sich, ob es in Braunschweig auch erst so weit kommen müsse, bis alle verstehen würden, von wem die Aggressionen eigentlich ausgingen. Nach der Kundgebung verließen die Teilnehmer die Veranstaltungen durch den Bahnhof. Einige Gegendemonstranten hatten darauf gewartet und empfingen die Bragida-Anhänger mit Parolen wie "Nazis raus". Die Polizei hatte alles weiträumig abgesichert, so dass es nur zu verbalen Anfeindungen kam.
mehr News aus Braunschweig