Ehepaar fassungslos: Senior in Unterwäsche nachhause geschickt?

Der 83-jährige Dietmar Schrom soll aus der Notaufnahme des Städtischen Klinikums nur in Unterhose und Unterhemd bekleidet in ein Taxi gesetzt worden sein.

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Petra Meyer und Dietmar Schrom sprechen mit regionalHeute.de über das, was ihnen im Krankenhaus in Braunschweig passiert sein soll..
Petra Meyer und Dietmar Schrom sprechen mit regionalHeute.de über das, was ihnen im Krankenhaus in Braunschweig passiert sein soll.. | Foto: Alexander Dontscheff

Braunschweig. Sind ältere Menschen in unserer Gesellschaft nichts mehr wert? Diese Frage stellte Petra Meyer aus Broitzem, als sie im Gespräch mit regionalHeute.de von einem Vorfall berichtet, den sie nach eigener Aussage mit ihrem Mann Dietmar in der Notaufnahme des Klinikums Salzdahlumer Straße erlebt habe. Das Klinikum bestreitet dies.



"Ich habe eigentlich gedacht, dass ich mit 64 Jahren schon alles erlebt habe", sagt Petra Meyer. Doch das, was ihr, beziehungsweise ihrem Mann, am 10. August passiert sein soll, ließe sie fassungslos und wütend zurück. Nachdem ihr Mann Dietmar wegen eines Notfalls in das Klinikum Salzdahlumer Straße eingeliefert und dort stundenlang in der Notaufnahme behandelt wurde, hätte man ihn mitten in der Nacht mit dem Taxi nachhause geschickt - in Unterwäsche. "Er hat sich so geschämt", beschreibt Petra Meyer die Ankunft ihres 83-jährigen und schwerkranken Mannes.

Per Rettungsdienst ins Klinikum


Am Morgen des 10. August sollte Dietmar Schrom eigentlich zur Blutabnahme bei seiner Ärztin, um seine Werte überprüfen zu lassen. Doch noch bevor sich das Ehepaar auf den Weg machen konnte, sei es zu dem Notfall gekommen. Dietmar Schrom verlor das Bewusstsein und stürzte. Seine Sprache war verwaschen. "Ich dachte gleich, dass er einen Schlaganfall oder ähnliches hat und rief den Notarzt", erzählt Petra Meyer. Als die Sanitäter eintrafen, sei ihr Mann bewusstlos gewesen und habe nicht reagiert. Sofort wurde er in das Klinikum Salzdahlumer Straße gebracht. Was für die 64-Jährige auch in Ordnung gewesen sei, sagt sie.

"Der behandelnde Arzt hat mich dann später angerufen und wollte wissen, was passiert ist. Mein Mann konnte sich an nichts erinnern. Ich habe es ihm natürlich geschildert. Soweit - so gut. Der Arzt wollte mich dann wieder anrufen, da er erst mit seiner Oberärztin sprechen wollte. Auch dies war für mich in Ordnung. Da ich allerdings nach vier Stunden noch keinen Anruf bekommen hatte, habe ich mich mehrmals in der Notaufnahme nach meinem Ehemann erkundigt. Die Antwort lautete immer, ich bräuchte keine Sachen vorbeizubringen und solle mich am nächsten Tag melden." Gegen 20.30 Uhr sei sie dann schlafen gegangen, ohne noch einmal etwas über ihren Mann erfahren zu haben.

Dietmar Schrom verbrachte einige Stunden im Klinikum. Dann wurde er mit dem Taxi nachhause geschickt.
Dietmar Schrom verbrachte einige Stunden im Klinikum. Dann wurde er mit dem Taxi nachhause geschickt. Foto: Anke Donner


In Unterwäsche ins Taxi gesetzt?


Um Mitternacht klingelte das Telefon. "Bevor ich im Erdgeschoss war, hatte man schon aufgelegt", schildert Petra Meyer den Schrecken in der Nacht. Als sie die Nummer zurückrief, landete sie in der Notaufnahme. "Dort sagte man mir, dass mein Mann jetzt entlassen wird. Er hätte aber kein Geld und keinen Haustürschlüssel dabei. Ich habe mich dann natürlich entschuldigt, da mein Ehemann ja bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert wurde", erzählt Petra Meyer. Abholen brauchte sie ihren Mann jedoch nicht mehr - das Krankenhaus habe ihn, nur mit Unterhose und Unterhemd bekleidet, bereits in ein Taxi gesetzt. Als Dietmar Schrom zuhause in Broitzem ankam, habe seine Frau das Taxi bezahlt und ihren Mann ins Haus gebracht. "Mir geht es nicht um das Geld. Es geht um Menschlichkeit. Mein Ehemann ist 83 Jahre alt und schwer krank. Er hat sich so geschämt. Musste man ihn so nach Hause schicken? Sind alte Menschen nichts mehr wert?, fragt sie fassungslos.

Ja, sie habe Verständnis für das Pflegepersonal, betont sie. Sie wisse, dass viele Ärzte und Schwestern am Limit laufen. "So geht es aber nicht weiter", sagt sie und kritisiert, dass Standorte wie das St. Vinzenz geschlossen werden, anstatt sie zu einer Notaufnahme auszubauen. "Die Salzdahlumer Straße ist dafür zu klein", macht Petra Meyer deutlich und fügt sorgenvoll hinzu: "Ehrlich gesagt, ich habe Angst, alt zu werden."

Krankenhaus weist Vorwürfe zurück


Petra Meyer hat sich wegen des Vorfalls nicht an das Klinikum gewandt. Nach einem Vorfall im vergangenen Jahr - damals hätte man ihren Mann mit hohem Fieber ebenfalls nachhause geschickt - habe man auf eine Beschwerde auch nicht reagiert. "Es passiert ja ohnehin nichts", sagt sie resigniert.

Beim Städtischen Klinikum Braunschweig heißt es auf Nachfrage unserer Zeitung zunächst, dass man den Sachverhalt ernst nehme und den Vorfall prüfe. Auf eine erneute Nachfrage teilte die Pressestelle später mit: "Nach interner Recherche und Rücksprache mit dem Ärztlichen Leiter der Notaufnahme konnte der Fall eindeutig nachvollzogen werden. Bezüglich ihrer Anfrage können wir ihnen mitteilen, dass sich der von ihnen geschilderte Vorfall so nicht zugetragen hat." Eine Nachfrage an das Klinikum, wie sich aus deren Sicht der Vorfall zugetragen habe, blieb leider bis zum Nachmittag unbeantwortet.


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