Ein "Technologiesprung“: Die Medizin wird personalisiert


Den IHK-Technologietransferpreis 2018 erhielten (v. r.) Prof. Dr. Dagmar Wirth, Dr. Tobias May, Dr. Tom Wahlicht und Dr. Roland Schucht für ihr gemeinsames Projekt "Die Menschheit im Reagenzglas". Foto: Peter Pohl
Den IHK-Technologietransferpreis 2018 erhielten (v. r.) Prof. Dr. Dagmar Wirth, Dr. Tobias May, Dr. Tom Wahlicht und Dr. Roland Schucht für ihr gemeinsames Projekt "Die Menschheit im Reagenzglas". Foto: Peter Pohl | Foto: privat

Braunschweig. Kommt die nächste große Innovation in der Biotechnologie aus Braunschweig? „Die Menschheit im Reagenzglas“ heißt das gemeinsame Projekt des Helmholtz Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und der InSCREENeX GmbH, welches das Potenzial hat, die Medikamentenentwicklung zu revolutionieren und den 34. Technologietransferpreis der IHK gewonnen hat.


Aktuell werden Medikamente entwickelt, ohne die individuellen Unterschiede zwischen den einzelnen Menschen zu berücksichtigen. So fallen Wirksamkeit und Verträglichkeit von Person zu Person anders aus. Hier setzte das vierköpfige Forscherteam an – bei der Personalisierung der Medizin. Eine weltweit einzigartige Technologie ermöglicht es, Zellen aus praktisch jedem Gewebe einfach und verlässlich zu vermehren und dabei ihre gewebetypischen Eigenschaften in der Petrischale zu bewahren. Damit werden gezielte Wirkstofftests und -screenings an organspezifischen Zellen ermöglicht. Pharmazeuten können so neue Wirkstoffe zunächst an den kultivierten Zellen testen und mit geringem Aufwand lassen sich sogar patientenspezifische Testsysteme für die personalisierte Medizin etablieren.

Preis in Höhe von 10.000 Euro


Für die Überführung dieses Wissens und dieser Erkenntnisse aus der Wissenschaft in die wirtschaftliche Praxis erhielten vier Wissenschaftler am heutigen Freitag den mit 10.000 Euro dotierten Technologietransferpreis der IHK: Professorin Dr. Dagmar Wirth, Leiterin der Arbeitsgruppe „Modellsysteme für Infektion und Immunität“ am HZI, sowie Dr. Tobias May, Dr. Roland Schucht und Dr. Tom Wahlicht von der InSCREENeX GmbH aus Braunschweig.

Forschungen für die personalisierte Medizin erfordern Zellkulturen aus definierten genetischen Hintergründen. Authentische Zellen von verschiedenen Individuen in ausreichender Anzahl bereitzustellen, ist jedoch eine große Herausforderung. Mit ihren Forschungsergebnissen präsentieren die Preisträger eine neue Strategie für die schnelle Zellvermehrung, die vorhandene Einschränkungen überwindet. Die Anwendung dieser Technologie ermöglicht nun die schnelle, effiziente und zuverlässige Produktion einer unbegrenzten Anzahl personalisierter Zellen. Diese Zellsysteme ermöglichen die risikofreie und kostengünstige Entwicklung einer Therapieform, die spezifisch auf den jeweiligen Patienten ausgerichtet ist und eine optimale Wirksamkeit verspricht.

"Einerhebliches Potenzial"


In seiner Laudatio bezeichnete der Jury-Vorsitzende des Technologietransferpreises Dr. Edgar Lins das Verfahren als „Technologiesprung“. „Das Transferobjekt birgt erhebliches Potenzial und eine noch nicht absehbare massive Hebelwirkung mit disruptivem Charakter in der gesamten Pharmaindustrie“, begründete er die Jury-Entscheidung abschließend.


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