Eintracht Braunschweig: Schränkt das neue Schutzkonzept die Fankultur ein?

Der Verein möchte mehr gegen Diskriminierung vorgehen. Doch wie wirken sich die neuen Maßnahmen auf die friedlichen Fans aus? Keine Schmählieder mehr?

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Über eine Notruf-Hotline kann man nun Vorfälle melden. Doch nicht alles ist ein Vorfall...
Über eine Notruf-Hotline kann man nun Vorfälle melden. Doch nicht alles ist ein Vorfall... | Foto: regionalHeute.de; Pixabay

Braunschweig. Am vergangenen Freitag trat die Eintracht Braunschweig gegen Schalke 04 an. Zuvor wurden die Sicherheitsvorkehrungen für das Pokalspiel bereits hochgesetzt. Der heimische Verein stellte sich darauf ein, so traten dafür neue Maßnahmen zum Schutz der Stadionbesucher in Kraft. Fans befürchteten allerdings dadurch Einschnitte in die Fankultur. Wir haben bei der Eintracht nachgefragt.



Das Stadion soll zu einem "geschützten Raum" werden. Der Verein möchte das Wohlbefinden und das Sicherheitsgefühl aller Stadionbesucher erhöhen. Dafür ging mit dem Pokalspiel am Freitag auch eine neue Meldestelle an den Start.

Über eine Notfall-Hotline, via E-Mail oder ein online Kontaktformular können die Besucher fortan Diskriminierung, Belästigung und sexuelle Übergriffe melden. Ihnen soll dann schnell und barrierefrei geholfen werden.

Diskriminierung im Stadion


Diese Maßnahmen seien erste Ergebnisse der vor einigen Monaten gegründeten Arbeitsgemeinschaft zum Thema Sexualisierte Gewalt und Diskriminierung unter der Leitung von Nicole Kumpis und dem Leiter der Fanbetreuung, Erik Lieberknecht.

Die BTSV-Präsidentin und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende, Nicole Kumpis, dazu: „Das Auftreten von Diskriminierung sowie sozialen Stereotypen und Vorurteilen ist in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Zusammenlebens leider immer noch vorhanden. Alle zwei Wochen spiegelt sich die Gesellschaft mit all ihren Facetten im Eintracht-Stadion wider. Um die Umsetzung unserer Werte zu gewährleisten, ist es für uns umso wichtiger, bei Grenzverletzungen in unserem Verantwortungsbereich alles zu unternehmen, um das Wohlbefinden betroffener Personen zu gewährleisten. Dafür bildet unser Konzept des Geschützten Raums eine hervorragende Basis."

Einschnitt in die Fankultur?


Der Verein hatte das neue Konzept bereits vor dem Pokalspiel am Freitag angekündigt. Einige Fans reagierten darauf allerdings verunsichert. Dass man gegen Übergriffe vorgeht und den Besuchern ein friedliches Spiel ermöglichen möchte, wurde begrüßt. Doch heißt das nun auch, dass sich jeder, der sich als Fan einer Mannschaft angegangen fühlt, ebenfalls zum Hörer greifen soll? Besonders die Fangesänge und Schmählieder gegen die andere Mannschaft seien Teil der Fußballkultur - und die gehen auch mal unter die Gürtellinie. Müssen diese Lieder nun auch verstummen?

regionalHeute.de fragte beim Verein nach und die Eintracht beschwichtigt: "Das Projekt 'Geschützter Raum' beschäftigt sich ausschließlich mit der Hilfe für Personen, die sich in unangenehm oder bedrohlichen Situationen befinden oder befunden haben." Demnach geht es hier wohl wirklich nicht um (Fan-)Diskriminierung jeder Art oder das natürliche verbale Gerangel zwischen den Fanlagern. Auch darf man daraus lesen, dass man mit den Maßnahmen nicht beabsichtigt, die Fanlieder einzuschränken. Die Fankultur scheint gerettet. Doch wie lief das Projekt eigentlich an?

Erste Gehversuche


Wir wollten auch wissen, ob es bereits ein erstes Fazit zum neuen Sorgentelefon gibt. Immerhin könnte es sicherlich eine Weile dauern, bis sich jeder dieses Angebots bewusst ist und es im Bedarfsfall auch tatsächlich nutzt. Im Nachgang wurde von einigen Zwischenfällen im Rahmen des Spiels berichtet, so gab es einen lauten Fanmarsch, Angriffe auf Polizeibeamte, viel Pyrotechnik vor und während des Spiels und einer Auseinandersetzung zwischen zwei Heimfans im nördlichen Stadionbereich während der zweiten Halbzeit.


Die Polizei dazu: "Insgesamt zeigt sich die Einsatzleitung der Polizei Braunschweig zufrieden mit dem Einsatzverlauf, da es durch die schnelle Reaktion der Einsatzkräfte und das hiermit verbundene deeskalierende Einschreiten schließlich zu einem weitgehend friedlichen Verlauf der Fußballbegegnung gekommen ist."

Die Notfall-Hotline blieb allerdings stumm: "Wir bekamen keine Anrufe über das Notfalltelefon, jedoch drei Zuschriften per E-Mail in das extra dafür eingerichtete Postfach. Hinweise auf konkrete Situationen am Spieltag im Stadion haben wir jedoch nicht erhalten." So ein Sprecher der Eintracht.

Hier bekommt man Hilfe:
Direkt während des Spieltags steht ein Notfalltelefon unter der Rufnummer 0531 – 2323 067 zur Verfügung. Meldungen können auf Wunsch auch vollkommen anonym per Mail an geschuetzterraum@eintracht.com oder über das Kontaktformular erfolgen.


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