ERC Starting Grants - Forscher am HZI erhalten Auszeichnung

Neva Caliskan, Gregor Fuhrmann und Yang Li erhalten Millionenförderung des Europäischen Forschungsrates.

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Symbolbild | Foto: Alexander Dontscheff

Braunschweig. Der Europäische Forschungsrat (ERC) zeichnet zwei Wissenschaftlerinnen und einen Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) mit einem ERC Starting Grant aus. Die Förderungen von bis zu 1,5 Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren erhalten Jun.-Prof. Neva Caliskan vom Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI), Jun.-Prof. Gregor Fuhrmann vom Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und Prof. Yang Li vom Zentrum für Individualisierte Infektionsmedizin (CiiM). In diesem Jahr sind gleich drei der renommierten ERC Starting Grants an das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) gegangen. Diese Förderungen des Europäischen Forschungsrates (ERC) sollen gezielt jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern den Karrieresprung zu unabhängigen Spitzenforschern ermöglichen. Über alle Disziplinen hinweg vergibt der ERC im Jahr 2020 insgesamt 436 Starting Grants mit einer gesamten Fördersumme von 677 Millionen Euro. Dabei waren europaweit rund 13 Prozent der Bewerbungen erfolgreich, wie das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in einer Pressemitteilung berichtet.


„Ich freue mich außerordentlich über den großen Erfolg bei der Einwerbung der ERC Starting Grants und möchte den Preisträgerinnen und dem Preisträger herzlich gratulieren“, sagt Prof. Dirk Heinz, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI. „Das Ergebnis spricht für die hohe Qualität und gesellschaftliche Relevanz der von den internationalen Gutachtern ausgewählten Forschungsprojekte, die mit diesen Förderungen nun bestmöglich realisiert werden können.“

Rolle veränderter Ableseraster des Erbmaterials bei Infektionen


Neva Caliskan leite die Forschungsgruppe „Rekodierungsmechanismen in Infektionen“ am HIRI in Würzburg, einem Standort des HZI, und habe eine Juniorprofessur an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg inne. Mit ihrem nun vom ERC geförderten Projekt „T-FRAME“ gehe sie der Frage nach, wie relevant sogenanntes Frameshifting in eukaryotischen Zellen bei Infektionen ist. Die Abschnitte vieler Gene im Erbmaterial, die den Code für bestimmte Proteine tragen, würden auch Sequenzelemente enthalten, die die Herstellung der Proteine behindern können. Diese Hindernisse würden jedoch nicht nur Probleme verursachen, sondern auch Chancen für die Zelle bergen, durch die Nutzung eines alternativen Ableserasters – das programmierte Ribosomen-Frameshifting – die Kodierungskapazität des Erbmaterials zu erhöhen. Frameshifting sei bei Viren und Bakterien weitgehend erforscht, beim Menschen jedoch nur unzureichend verstanden. „Den neu bewilligten ERC Starting Grant möchte ich mit meinem Team dazu nutzen, die Grundprinzipien des translatorischen Frameshifting beim Menschen, insbesondere als Reaktion auf Infektionen, zu untersuchen“, sagt Caliskan. „Ein besseres Verständnis der Auswirkungen auf Infektionen und die angeborene Immunität wird uns langfristig neue Werkzeuge für die synthetische Biologie und neue Möglichkeiten für RNA-gebundene antivirale Therapien und Immuntherapien bieten.“

Bodenbakterien als Antibiotikalieferanten


Gregor Fuhrmann leitet die Nachwuchsgruppe „Biogene Nanotherapeutika“ am HIPS in Saarbrücken, ein Standort des HZI auf dem Campus der Universität des Saarlandes, an der Fuhrmann eine Juniorprofessur innehat. Fuhrmann erforscht sogenannte extrazelluläre Vesikel – kleine Membranbläschen, die Zellen oder Bakterien von ihrer Oberfläche abschnüren und über die sie miteinander kommunizieren. Der Apotheker und Arzneimittelforscher gehe der Frage nach, ob man Bakterien-Vesikel zur Bekämpfung von Infektionen einsetzen könnte, beispielsweise indem sie als „Wirkstofftaxi“ genutzt werden. Im Mittelpunkt des nun geförderten Projekts „Gels4Bac“ stehe die Infektionsbekämpfung mittels Bakterien-Vesikeln – insbesondere eine von Fuhrmann und seinem Team nachgewiesene besondere Eigenschaft dieser Vesikel: Sie würden den Transport von antibiotisch wirkenden Naturstoffen übernehmen, die Bakterien im Kampf gegen Konkurrenten produzieren. So würden zum Beispiel die im Boden lebenden Myxobakterien eine Vielzahl von Naturstoffen bilden, die eine antibiotische Wirkung entfalten und damit als Ausgangsstoffe für neue Antibiotika interessant seien. „Unsere Idee ist es, Myxobakterien dazu anzuregen, Wirkstoffe gegen spezifische krankmachende Keime zu produzieren – und diese dann aus den Bakterien-Vesikeln zu gewinnen. Dies könnte ein wichtiger Schritt hin zu einer personalisierten Therapie werden“, sagt Gregor Fuhrmann.

Personalisierte Impfstrategien für eine bessere Wirksamkeit


Yang Li ist Direktorin des Zentrums für Individualisierte Infektionsmedizin (CiiM), einem Standort des HZI, und Professorin an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Sie leitet die CiiM-Abteilung „Bioinformatik der Individualisierten Medizin“ und erforscht, warum sich die Wirksamkeit von Impfstoffen von Person zu Person unterscheide. Impfungen seien derzeit die primäre Strategie, um Infektionen wie der Grippe vorzubeugen. Mit dem vom ERC geförderten Projekt „ModVaccine“ möchte Li nun herausfinden, inwiefern die Wirksamkeit eines Impfstoffes von genetischen und nicht-genetischen Eigenschaften einer Person sowie von Umwelteinflüssen abhängig ist. Zudem solle die Reaktion auf Impfungen systematisch untersucht werden. „Mit den Ergebnissen unserer Forschung können verlässliche Modelle erstellt werden, um die Wirksamkeit von Impfstoffen vorauszusagen und angepasste personalisierte Impfstrategien gegen Infektionen zu entwickeln“, sagt Yang Li.


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