Erneuerung durch Rückbesinnung: Gedanken zum Reformationstag


Ilse Nickel, Vorsitzende der Senioren Union Braunschweig, und Dr. Burkhard Budde. Foto: Siegfried Nickel
Ilse Nickel, Vorsitzende der Senioren Union Braunschweig, und Dr. Burkhard Budde. Foto: Siegfried Nickel | Foto: Nickel

Braunschweig. Ohne Erneuerung durch Rückbesinnung gebe es auf Dauer keine Zukunft. Diese Meinung vertrat Dr. Burkhard Budde am Reformationstag auf einer Veranstaltung der Senioren Union der CDU Braunschweig. Das Thema seines Vortrages, den der Theologe und ehemalige Leiter des Braunschweiger Marienstiftes in der Löwenkrone der Stadthalle hielt, lautete „Inspiration oder Provokation zum Reformationstag“. Das berichtet die Senioren Union Braunschweig.


Eine lebendige Kirche Jesu Christi müsse sich ständig erneuern und reformieren, wenn sie nicht wie ein Baum ohne Wurzeln, eine Behörde ohne Fußvolk, ein Sozialkonzern ohne Glaubwürdigkeit oder eine Nischenkirche ohne Weltverantwortung sein wolle. Aus dem Brunnen der reformatorischen Geschichte zu schöpfen bedeute, die Bibel nicht als moralisches oder politisches Rezeptbuch, sondern als geistliche Kraft-, Vertrauens- und Sinn-Quelle sowie als ethischen Kompass des Doppelgebotes der Liebe zu verstehen.

Der christliche Glaube habe nichts mit Moral, Schwärmerei oder Gesetzlichkeit zu tun, wohl aber könne er als Gott- und Christusvertrauen den ganzen Menschen von Selbstgerechtigkeit befreien und zur Selbstverantwortung beflügeln. Jesus Christus, so Burkhard Budde, sei mehr als ein Prophet oder Lehrer, sondern der „menschliche und zugleich göttliche Spiegel des mitleidenden und selbstleidenden Gottes der universellen und schöpferischen Liebe“. Jesus habe Jünger in die Welt gesandt und keine Krieger oder selbstverliebte und selbstgerechte Kirchenvertreter.

Zur umfassenden Erneuerung der Kirchen gehörten ein Kulturwandel („Wertschätzung, Respekt, Kommunikation, Transparenz, Vertrauen, Verantwortung und Einsatz statt Angst, Eitelkeiten, Scheinheiligkeit, Rechthaberei oder Mittelmäßigkeit“), ein Strukturwandel („verliehene Macht auf Zeit als Dienst und Verantwortung gebunden an den Auftrag des Evangeliums sowie an Gesetz und Recht statt Herrschaft im hierarchisch-autoritären System“) sowie ein Personenwandel („Nur Menschen, die selbst vom Geist der Liebe Christi erfüllt sind, können begeistern, überzeugen und glaubwürdig leben oder führen.“)

In der Diskussion, die die Vorsitzende der Senioren Union Ilse Nickel leitete, nahm der Referent auch Stellung zum Thema „sexuelle Gewalt im Raum der Kirche“. Der sexuelle Missbrauch sei ein Missbrauch von Macht. Unterdrückte Sexualität könne jedoch auch ein Nährboden sexueller Gewalt sein. Deshalb müsse offen und angstfrei über die Themen „Sexualität“, „persönliche Verantwortung“, „Umgang mit Opfern“, „Doppelmoral“, „Vertuschung“ sowie über „Klerikalismus“ gesprochen werden. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass der Zölibat als Zwangsvorschrift abgeschafft gehöre.

Wenn die Kirche ein unabhängiger „Brückenbauer“ in der Gesellschaft und für die Gesellschaft bleiben wolle, so Burkhard Budde, müsse sie sich an der „Feindesliebe Jesu“ orientieren und nicht einfach die Feinde ausgrenzen, weil die ausgrenzen. „Vielmehr muss versucht werden, die Personen zu gewinnen, die Hass predigen, damit sie ihren Hass loswerden, indem Wege neuen Denkens und Verhaltens aufgezeigt werden, auf denen eine inhaltliche Auseinandersetzung stattfinden kann.“ Kirchenvertreter, die im Wettbewerb der lautesten Populismus-Schelte ständen und nicht mit gutem Beispiel der Erneuerungsbereitschaft vorangingen, trügen zur Polarisierung bei.


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