Flüchtlingssituation – Entlastung durch weiteren Standort in Osnabrück?

von Robert Braumann


| Foto: Robert Braumann



Braunschweig. Die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen erhält einen weiteren Standort in Osnabrück. Am 22. Dezember wurde die Einrichtung eröffnet. Wird es dadurch zu Entlastungen der Erstaufnahmeeinrichtung in Braunschweig kommen? In dieser kommen täglich immer noch bis zu 200 Flüchtlingen an. Die Situation ist angespannt (BraunschweigHeute.de berichtete). Klaus Siems (Standortleiter, Braunschweig) antwortet auf die Anfrage von BraunschweigHeute.de

Zuerst erklärte Herr Siems die aktuelle Situation und gab einen kurzen Überblick: "Die Landesaufnahmebehörde unterhält derzeit drei Erstaufnahmeeinrichtungen (d. h. auf dem Gelände befindet sich auch eine Außenstelle des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die für die Bearbeitung des Asylverfahrens zuständig ist) in Bramsche, Braunschweig und Grenzdurchgangslager (GDL) Friedland sowie demnächst einen Standort Osnabrück (also Unterbringung aber ohne BAMF) und drei Außenstellen in Langenhagen, Lüneburg und Oldenburg (keine Unterbringung). Darüber hinaus werden durch die LAB Flüchtlinge temporär in einem Hotel in Hildesheim sowie in einer Einrichtung in Groß Denkte untergebracht."

Große Flüchtlingsströme


Nun kommt also ein weiterer Standort in Osnabrück hinzu. Klaus Siems sagte: "Aufgrund der hohen Flüchtlingsströme ist das Land Niedersachsen auf der Suche nach Alternativen Unterbringungsmöglichkeiten an den bisherigen Standorten sowie im ganzen Land. Die bisherigen Unterbringungsmöglichkeiten an den Standorten werden und wurden durch die Aufstellung von Containern erweitert. Jedoch ist diese Möglichkeit endlich, da die Unterbringung neben der Verpflegung, dem sozialen Gefüge innerhalb und außerhalb einer solchen Einrichtung und den logistischen Anforderungen, nur ein Faktor bei der Betreuung von Flüchtlingen ist. Daher wurde seit Mitte des Jahrs, auch unter dem Eindruck der Prognosen der weiter steigenden Flüchtlingszahlen, nach Unterbringungsmöglichkeiten außerhalb der Standorte gesucht und in Hildesheim und Groß Denkte auch gefunden. Gleichwohl wurde der Bedarf eines vierten Standortes festgestellt. Der Standort Osnabrück wird dabei in mehreren Etappen aufgestockt, um die geplante Kapazität von 600 Plätzen bis zum Jahresende 2015 zu erreichen.

Der tatsächliche Zugang kann nicht abgeschätzt werden


Es sei dennoch schwierig abzuschätzen, wie sich die Situation weiter entwickeln würde: "Der Unterschied von Osnabrück zu den anderen Standorten besteht im Status des Flüchtlings. Die Einrichtungen in Bramsche, Braunschweig und GDL Friedland sind sogenannten Erstaufnahmeeinrichtungen im Sinne des Asylverfahrensrecht. Sie sind erste Anlaufpunkte für Asylbewerber in Deutschland. Hier wird zunächst die zuständige Einrichtung für das weitere Betreiben des Asylverfahrens im Rahmen eines elektronischen Verteilsystems (EASY) festgestellt. Das kann Braunschweig, eine der zwei weiteren Landeseinrichtungen in Bramsche und GDL Friedland oder eine Aufnahmeeinrichtung im Bundesgebiet sein. Die Feststellung ist abhängig von der Erfüllung der Landesaufnahmequote (derzeit rd. 9,4 % für Niedersachsen nach dem Königssteiner Schlüssel) und der Staatsangehörigkeit, da nicht jeder Staat in jeder Erstaufnahmeeinrichtung bearbeitet wird. Problematisch ist für eine Erstaufnahemeinrichtung, dass der tatsächliche Zugang nicht koordiniert und damit abgeschätzt werden kann. Neben den sogenannten Weiterleitungen aus anderen Erstaufnahmeeinrichtungen nach EASY, erreichen unsere Standorte viele Direktzugänge bzw. Personen, die von den Kommunen oder der Polizei an uns zwecks Asylantragstellung verwiesen werden oder auch selbständig vorsprechen. Derzeit erreichen den Standort Braunschweig jeden Tag bis zu 200 Personen."

Verteilung nach drei bis vier Wochen


Bei einem Verbleib nach EASY in Braunschweig erfolgt dann die eigentliche Aufnahme mit Erhebung der persönlichen Daten, der Unterbringungszuweisung auf dem Gelände, einer ärztlichen Erstkontrolle und ggf. -versorgung sowie weiteren Maßnahmen. Nach einer Aufenthaltszeit, die momentan 3-4 Wochen beträgt und abhängig vom Flüchtlingszugang ist, erfolgt eine Verteilung auf die Kommunen. Diese Verteilung ist zwingend notwendig, da der Erstaufnahmestandort Braunschweig in jedem Falle Aufnahmebereit für Neuankömmlinge sein muss. Ein "Wir sind leider ausgebucht" wie in einem Hotel, gibt es für mich nicht.

Kommunen werden entlastet


Was aber wird dann der Standort in Osnabrück für eine Rolle spielen? "Der Standort Osnabrück wird nun quasi zwischen dem Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung und der Verteilung in die Kommune geschaltet. Praktisch bedeutet das, dass ich Flüchtlinge nach der Aufnahme an einem der drei Standorte, aber vor der Verteilung in eine Kommune, dort unterbringe. Diese Zwischenschaltung wird zu einer Erhöhung der gesamten Unterbringungskapazitäten in der LAB Niedersachsen führen und somit die Aufnahmekapazität verbessern. Bei gleichbleibendem Flüchtlingszugang wird es zu einer längeren Verweildauer in der LAB mit allen dazugehörenden Konsequenzen führen und somit die Kommunen entlasten. Gleichwohl ist der logistische Aufwand durch die temporäre Zuführung nach Osnabrück und die dann anschließende Verteilung in eine Nds. Kommune für mich als LAB höher.", sagt Siems.

Folgen für Braunschweig noch nicht abzusehen


Was bedeutet das für Braunschweig? "Die Unterbringung in Osnabrück wird keinen Einfluss auf den Direktzugang nach Braunschweig haben. Der weitaus größte Anteil von Flüchtlingen, der in Braunschweig z. B. im Dezember 2014 bearbeitet wurde, stammt mit rund 72 % aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens sowie Albanien. Durch seine geografische Lage innerhalb von Niedersachsen ist der Standort Braunschweig die erste Anlaufstelle für Direktzugänge aus diesen Staaten. Erst wenn am Standort Osnabrück ebenfalls Direktzugänge bearbeitet werden können, wird es zu einer Entlastung des Zugangs zum Standort Braunschweig kommen. Dies wird aber erst nach Einbeziehung des BAMF und der Aufschaltung des EASY-Systems möglich sein. Die tatsächliche Umsetzung vermag ich nicht noch nicht abzusehen." so der Standortleiter. Die Stadt Braunschweig sei als Kommune des Landes Niedersachsen im Übrigen durch die Lage der LAB innerhalb der Stadt von der Aufnahmepflicht von Asylbewerbern befreit.


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