Braunschweig. Die Stadtverwaltung wird die Baugenehmigung für einen geplanten bordellähnlichen Betrieb an der Berliner Straße vorerst nicht erteilen, nachdem das Thema dezernatsübergreifend erörtert wurde. Angesichts der zahlreichen kritischen Reaktionen sowie den großen Befürchtungen aus der Einwohnerschaft wird die Stadtverwaltung das weitere Vorgehen noch einmal intensiv und umfassend prüfen. Dazu sollen auch Gespräche mit dem Eigentümer (gleichzeitig Antragsteller) sowie der Polizei und dem Niedersächsischen Städtetag geführt werden. Zudem wird die Stadtverwaltung in der kommenden Woche die Ratsfraktionen und eine Vertretung des Stadtbezirksrates zum derzeitigen Sachstand informieren. Dies teilt die Stadt Braunschweig in einer Pressemitteilung mit.
Rein baurechtlich habe die Stadtverwaltung jedoch keine Möglichkeiten, das Vorhaben zu verhindern. Diesbezüglich sei es nicht zu beanstanden, da eine solche "gewerbliche Nutzung" in einem Gewerbegebiet - und als solches ist der Bereich zu werten - grundsätzlich zulässig sei. Daher sei eine Bauvoranfrage für das Projekt im vergangenen Jahr positiv beschieden worden. Solche Vorbescheide seien grundsätzlich rechtlich bindend. Eine Option könnte darin bestehen, das Vorhaben nur mit begrenzenden baurechtlichen Auflagen, zum Beispiel in Bezug auf die Außenwirkung, zu genehmigen. Weiterhin werde die Verwaltung das Gespräch mit dem Eigentümer suchen, um mögliche alternative Nutzungen zu besprechen.
Zudem habe Ordnungsdezernent Dr. Thorsten Kornblum am gestrigen Donnerstag mit Polizeipräsident Michael Pientka telefoniert und erfragt, wie das Vorhaben aus polizeilicher Sicht eingeschätzt werde. Zudem habe der Dezernent darum gebeten, ob der Standort des geplanten bordellartigen Betriebs und weitere Teile des Stadtgebietes in die geltende Sperrbezirksverordnung aufgenommen werden könnte. Der Polizeipräsident habe eine entsprechende Prüfung in Aussicht gestellt.
Beim Niedersächsischen Städtetag solle zudem die Erfahrung in anderen Städten mit diesem Thema abgefragt werden. Grundsätzlich handele es sich um eine sehr komplexe Thematik, die die Rolle der Stadtverwaltung schwierig mache. Der Betrieb von Bordellen und bordellähnlichen Betrieben sei einerseits baurechtlich zulässig und zu genehmigen, wenn örtliches Planungsrecht dem nicht entgegenstehe.
Andererseits handele es sich neben den grundsätzlich verständlichen Befürchtungen in der jeweiligen Nachbarschaft um ein gesamtgesellschaftlich sehr kritisch diskutiertes Thema, etwa auch vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Prostitutionsgesetzes. Ob es über den konkreten Einzelfall hinaus grundsätzliche lokale Regelungen geben könne, die Prostitutionsbetriebe regulieren und in welcher Form dieses, etwa über die oben genannte Sperrbezirksverordnung, sinnvoll sein könnte, sei ein Thema, das sich nicht nur in der Stadt Braunschweig stellt. Ob es solche Überlegungen bei anderen Städten bereits gibt, solle ebenfalls beim Niedersächsischen Städtetag erfragt werden.
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