Gewalt gegen Mitarbeiter: Stadtverwaltung schlägt Alarm

Die Gewalt gegen Mitarbeitende der Stadtverwaltung nimmt zu. Jeder gemeldete Gewaltvorfall werde zur Anzeige gebracht, macht die Stadtverwaltung deutlich.

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Symbolfoto. | Foto: Pixabay

Braunschweig. Viele Kommunen in Deutschland berichten über zunehmende Angriffe und andere Gewaltvorfälle gegen ihre Mitarbeiter. Davon sei auch die Stadt Braunschweig betroffen, heißt es am heutigen Mittwoch aus dem Rathaus.



Die Zahl der gemeldeten Gewaltvorfälle sei zwischen 2020 und 2023 von 23 auf 29 Fälle jährlich gestiegen. 2024 waren es demnach mit 37 Vorfällen schon fast 28 Prozent mehr als im Jahr 2023. Bei Hochrechnung der Zahlen des ersten Quartals 2025 sei zu befürchten, dass bis zum Jahresende doppelt so viele Fälle registriert werden als noch vor zwei Jahren.

Besorgniserregende Entwicklung


"Das ist eine besorgniserregende Entwicklung", kommentiert Dr. Tobias Pollmann, Ordnungs- und Personaldezernent der Stadt Braunschweig. "Die leider gesellschaftlich zu beobachtende Tendenz, dass die Schwelle für Hass und Gewalt sinkt, macht auch vor Braunschweig und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Braunschweig nicht Halt."

Waren es früher fast ausschließlich verbale Übergriffe wie Beleidigungen und Bedrohungen, mit denen sich die Kolleginnen und Kollegen vor allem des Zentralen Ordnungsdienstes (ZOD) und der Parkraumüberwachung konfrontiert sahen, so habe zuletzt die Zahl der Attacken wie Nötigung und Körperverletzung stetig zugenommen. Ein Mitarbeiter der Parkraumüberwachung sei nach einem entsprechenden Vorfall im Sommer vergangenen Jahres dienstunfähig und musste im Krankenhaus behandelt werden. Betroffen seien vermehrt auch Mitarbeitende aus anderen Bereichen, etwa der Feuerwehr oder der Sozialverwaltung.

Fälle werden zur Anzeige gebracht


"Wir nehmen diese Entwicklung nicht tatenlos hin, sondern handeln gemäß der Fürsorgepflicht, die wir für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben", stellt Dr. Pollmann klar. "Respekt darf im Umgang miteinander nicht zum Fremdwort werden. Niemand hat das Recht, an einem anderen Menschen seinen Frust auszulassen. Opfer von Gewalt im Dienst erhalten unseren Schutz, für die Täter hat die Gewaltausübung Konsequenzen. Grundsätzlich wird jeder gemeldete Gewaltvorfall von uns zur Anzeige gebracht."

Bei den im Jahr 2024 gemeldeten 37 Fällen, darunter Beleidigungen, Verleumdungen, Bedrohungen und tätlichen Angriffe, sei es in zwölf Fällen zu rechtskräftigen Verurteilungen gekommen. 15 Verfahren seien noch anhängig.


Beim ZOD und in der Parkraumüberwachung, den beiden Organisationseinheiten mit der höchsten Zahl an Vorfällen, seien die Mitarbeiter grundsätzlich mindestens zu zweit unterwegs. Auch in anderen Bereichen, etwa bei Hausbesuchen des Jugendamtes oder der Sozialverwaltung, werde diese Möglichkeit eröffnet.

Mitarbeiter werden geschult


Zum Schutz aller Beschäftigten und Beamten der Stadtverwaltung schlossen Verwaltungsspitze und Personalvertretung bereits 2020, als Fälle schwerwiegender Gewalt noch nicht bekannt geworden waren, eine "Dienstvereinbarung über den Umgang mit Gewalt am Arbeitsplatz in der Stadtverwaltung Braunschweig" ab. Diese orientiert sich an dem "Aachener Modell" und bietet eine Vielzahl an Präventionsmaßnahmen und Unterstützungsmöglichkeiten. Dazu gehört zum Beispiel ein Deeskalationstraining, das für die in ZOD und Parkraumüberwachung tätigen Kräfte obligatorisch ist. Erlernt werden verbale und nonverbale Techniken, um mit Worten wie Körpersprache beruhigend auf ein aggressives Gegenüber einzuwirken. Auch Bediensteten in anderen Organisationseinheiten, die von mündlichen oder tätlichen Übergriffen betroffen sind, wird verstärkt die Möglichkeit eines solchen Trainings angeboten. Entsprechende Büroarbeitsplätze sind schon seit längerem mit einer Notrufeinrichtung ausgestattet.

Die Dienstvereinbarung verpflichte die Verwaltungseinheiten, mithilfe eines standardisierten Fragebogens eine Gefahrenabschätzung vorzunehmen. Auf deren Grundlage erfolge eine Zuordnung zu den vier Gefahrenstufen des Aachener Modells, von der normalen oder kontroversen Gesprächssituation über verbale Aggressionen und körperliche Gewalt hin zur Bedrohung mit Waffe oder Werkzeug. Aus der jeweiligen Gefahrenstufe werden Lösungs- bzw. Handlungsempfehlungen und Verhaltensweisen für bedrohliche Situationen abgeleitet, zum Beispiel regelmäßige Unterweisungen, Erstellung von Notfallplänen, Seminarteilnahmen, festgelegte Verfahren zur Strafanzeige etc. Hat es einen Vorfall gegeben, bietet die Sozialberatung den betroffenen Mitarbeitenden Gespräche zur Nachsorge an.