Heinz Strunk erhält den Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2016


Der Roman von Heinz Strunk wird ausgezeichnet. Foto: Dennis Dirksen
Der Roman von Heinz Strunk wird ausgezeichnet. Foto: Dennis Dirksen | Foto: Dennis Dirksen

Braunschweig. Der mit 30.000 Euro dotierte Wilhelm Raabe-Literaturpreis, gestiftet von Stadt Braunschweig und Deutschlandfunk, geht an Heinz Strunk für seinen Roman „Der goldene Handschuh“ (erschienen 2016 im Rowohlt Verlag).


Der Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig, Ulrich Markurth, und der Intendant von Deutschlandradio, Dr. Willi Steul, stimmten dem Vorschlag der Jury zu. Beide werden den Preis am 6. November an den Autor überreichen.

Die Jury des Wilhelm Raabe-Literaturpreises, die am 20. September tagte, setzt sich in diesem Jahr zusammen aus Prof. Dr. Moritz Baßler (Germanistisches Institut der Universität Münster), Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel (Präsident der Internationalen Raabe-Gesellschaft e.V.), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Thomas Geiger (Literarisches Colloquium Berlin), Dr. Anja Hesse (Dezernentin für Kultur und Wissenschaft der Stadt Braunschweig), Katrin Hillgruber (freie Journalistin), Dr. Michael Schmitt (3sat), Prof. Dr. Renate Stauf (Germanistisches Institut, TU Braunschweig), und Dr. Hubert Winkels (Deutschlandfunk).

Die Begründung der Jury lautet:


‚Heinz Strunks "Der goldene Handschuh" ist ein in jeder Hinsicht unwahrscheinlicher Roman. Er nutzt die gut recherchierte Geschichte des Hamburger Frauenmörders Fritz Honka für eine intime Begegnung mit den sozial Ausgeschlossenen der deutschen Nachkriegsgesellschaft, die ihrerseits eingeschlossen sind im dumpfen Raum ihrer Begierden, Räusche und Aggressionen. Er schildert mit diskreter Empathie ein Leben zwischen Abfall, Gewalt und Dauersuff. Ein Kunststück der erzählerischen Verwandlung, eine virtuose Stimmenimitation, eine Gratwanderung am ekelbesetzten Rand der kommunizierbaren Lebenswelt. Heinz Strunk findet die sprachlichen Mittel, uns ein ebenso drastisches wie symptomatisches Kapitel aus der Geschichte der BRD-noir vor alle Sinne zu führen, ohne seine depravierten Figuren moralisch bloßzustellen. So dringt er ohne Sozialvoyeurismus in Dimensionen vor, an denen sich schon lange kein deutscher Autor mehr versucht hat. Die kontrastiv eingeflochtene Geschichte einer Hamburger Reederfamilie gibt einen starken Hinweis auf die sozial indifferente Verrohung von Individuen oder Milieus. Ein abgründiges Menschenbild, eine düstere Anthropologie wird sichtbar. Man ist geschockt und berührt und weiß schon beim Lesen der Geschichte rund um die Reeperbahn-Absturzkneipe „Der goldene Handschuh“ in den 1970er Jahren, dass sie sich dauerhaft ins Gedächtnis einprägen wird. Heinz Strunk, den man bisher vor allem aus eher kabarettistischen Zusammenhängen kannte, setzt hier auf unerwartete Weise popliterarische Traditionen von Hubert Fichtes Palette bis Bret Easton Ellis‘ American Psycho fort, um irgendwo zwischen Dantes Inferno und Büchners Woyzeck zu landen. Literatur vom Feinsten aus einem Milieu vom Gröbsten.‘

Oberbürgermeister Ulrich Markurth und der Intendant Dr. Willi Steul überreichen Heinz Strunk den Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2016 am 6. November im Rahmen eines Matinee-Festaktes im Kleinen Haus des Braunschweiger Staatstheaters.

Der Wilhelm Raabe-Literaturpreis wird jährlich vergeben und würdigt einen aktuellen, zeitgenössischen Roman. Zu den bisherigen Preisträgern gehören Rainald Goetz, Jochen Missfeldt, Ralf Rothmann, Wolf Haas, Katja Lange-Müller, Andreas Maier, Sibylle Lewitscharoff, Christian Kracht, Marion Poschmann, Thomas Hettche und Clemens J. Setz.


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