Braunschweig/Wolfsburg/Helmstedt. Auf dem deutschen Markt machen sich chinesische Investoren immer stärker bemerkbar. Auch in der Region sind bereits Unternehmen nach China verkauft worden. Was bedeutet das jedoch für den Markt?
"Die chinesische Regierung erhofft sich eine Marktführerschaft in der Hochtechnologie. Diese soll vor allem durch den Zukauf von Know-How erreicht werden", erklärt Prof. Dr. Winfried Huck vom Institut für Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht an der Ostfalia. "2015 wurde in China die Strategie "Made in China 2025" beschlossen, nach der Produktionstechniken aus Europa, Kanada und den USA gekauft werden sollen, um den chinesischen Markt zu stärken. Aus dem Zugewinn an Know-How und Symbiosen könnten zukünftig einzigartige Qualitäten entstehen". Besonders die Eurokrise macht den Marktzugang für chinesische Investoren einfacher: "Durch die Eurokrise ist oftmals über Generationen erworbenes Know-How zu einem günstigen Preis zu erwerben. Das Investitionsvolumen aus China ist enorm, wobei manchmal nicht eindeutig erkennbar ist, ob der Investor aus der Privatwirtschaft stammt oder ob dahinter der Staat steht", so Huck. "Oftmals kann man eine klare politische Strategie erkennen".
Unternehmen in der Region wurden bereits übernommen
Das Entsorgungsunternehmen "Energy from waste" (EEW) aus Helmstedt wurde bereits von einem chinesischen Investor, Beijing Enterprises, für rund 1,5 Milliarden Euro aufgekauft. Die Zusammenarbeit mit den Chinesen wird dort bisher sehr positiv aufgenommen. "Es gab natürlich mehrere Angebote, darunter auch deutsche, an unseren alten Investor", berichtet Ronald Philipp, Pressesprecher von EEW. Man habe sich bei deutschen Investoren schon Sorge machen müssen, ob die Firmenzentrale in Helmstedt bleiben würde; diese bestanden bei den Chinesen nicht. "Wir haben einen sehr regen Austausch, indem wir oft Delegationen aus China hier zu Besuch haben, aber auch, indem wir Delegationen nach China schicken". Auch bei EEW waren die Chinesen sehr am Know-How interessiert: "Die Chinesen stehen natürlich vor enormen Herausforderungen, was Nachhaltigkeit und Umweltschutz angeht, da spielt natürlich auch die Müllverarbeitung eine tragende Rolle und das sind unsere Anlagen "state of the art"", so Philipp. "Für unsere tägliche Arbeit hat sich aber nicht viel geändert".
Auch der Augsburger Maschinenbauer Kuka AG mit Niederlassungen in Wolfsburg und Braunschweig wechselte für 4,6 Milliarden Euro den Besitzer. Und auch dort zeigte man sich sehr zufrieden mit dem Deal: „Wir haben intensiv mit Midea verhandelt und die angekündigten Zusagen nun rechtlich verbindlich gemacht. Die vereinbarte Laufzeit von 7,5 Jahren geht weit über das übliche Maß hinaus. Sie schützt die Interessen unseres Unternehmens, unserer Geschäftspartner, unserer Mitarbeiter und unserer Aktionäre bis weit ins nächste Jahrzehnt hinein", erklärt der Vorstandsvorsitzende von KUKA, Dr. Till Reuter. Unter anderem verpflichteten sich die chinesischen Investoren dazu, dass die Standorte und Jobs in Deutschland sicher sind.
Die Braunschweiger Wilhelm-Schimmel-Pianoforte-Fabrik gehört ebenfalls Investoren aus dem Reich der Mitte - Kaufsumme unbekannt. Auch beim Aufkauf des in finanzielle Schwierigkeiten geratene Klavierbauers ging es um Fachwissen. China ist einer der größten Hersteller von Klavieren, jedoch von minderer Qualität.
Marktzugang wird kritisch gesehen
Doch nicht alle Investments werden so positiv gesehen. "Generell ist der Marktzugang für chinesische Investoren zu einfach. Andersherum gibt es jedoch viele Hürden, die es deutschen Unternehmen sehr schwer machen, dort Fuß zu fassen. Einige Wirtschaftszweige sind sogar gänzlich geschützt", berichtet Dr. Bernd Meier, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Braunschweig. Einen Trend für die Region könne man daraus aber nicht ableiten, erklärt Prof. Huck: "Eine regionale Präferenz ist nicht zu erkennen, sondern es wird nach bestimmten Wirtschaftszweigen gesucht. Und da ist diese Region bisher nicht sonderlich attraktiv. Der Südwesten ist da deutlich gefragter". Gefragt seien laut Huck besonders so genannte "Hidden Champions", also Unternehmen, die noch nicht so bekannt sind, aber trotzdem Weltmarktführer in ihrer Branche sind und eine hohe Rendite versprechen. Das sei aber oft nicht das vorrangige Ziel der Investoren. "Natürlich gibt es Unternehmen, die nur auf Rendite aus sind, aber viele Investoren aus China verfolgen nachhaltigere Konzepte".
Investitionen aus China boomen
Wie die Unternehmensberatung Ernst&Young ermittelt hat, haben Investoren aus China und Hongkong von Januar bis Ende Oktober 2016 insgesamt 58 deutsche Firmen aufgekauft - 19 mehr als im Gesamtjahr 2015. Rund 11,6 Milliarden Euro sind im letzten Jahr geflossen, schätzt EY. Das ist gut 20 mal so viel wie 2015 und mehr als in sämtlichen Vorjahren zusammen.
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