Interdisziplinäre Fachtagung zum Thema "Häusliche Gewalt"

von Nick Wenkel


Foto: Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes
Foto: Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes | Foto: Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes

Braunschweig. Der Einladung zur vierten interdisziplinären Fachtagung zum Thema "Häusliche Gewalt" unter dem Leitgedanken "Opferschutz" von der Polizeidirektion Braunschweig und der Braunschweiger Generalstaatsanwaltschaft folgten dieses Jahr außergewöhnlich viele Teilnehmer.


Das Ziel, den Ausbau des Netzwerkes "Häusliche Gewalt" zu verfestigen und zu vergrößern, konnten die Veranstalter mit dieser Veranstaltung erreichen. Zudem stellte Polizeivizepräsident Roger Fladung den Aufbau einer interdisziplinären Koordinierungsstelle "Häusliche Gewalt" für den Bereich der Polizeidirektion Braunschweig in Aussicht.

160 Experten in Braunschweig


Landesweit reisten 160 Experten von Beratungsstellen, Opferschutzeinrichtungen, Sozialdiensten, Familiengerichten, Jugendämtern sowie von Staatsanwaltschaft und Polizei nach Braunschweig, um die Chance zu nutzen, sich im Umgang mit diese schwierigen Thema weiter besser zu vernetzen. Dass die Bekämpfung dieses inzwischen enttabuisierten Themas nur in gemeinsamer Netzwerkarbeit erfolgreich sein kann, hat sich bei alle Teilnehmerinnen und Teilnehmern manifestiert, selbst wenn die unterschiedlichen Professionen unterschiedliche Blickwinkel haben. Die Fachtagung sollte hier auch zu einem besseren Verständnis der verschiedenen Betrachtungen beitragen.

Einblicke in das Strafrecht


Sandra Kotlenga, Diplom-Sozialwissenschaftlerin von Zoom - Gesellschaft für prospektive Entwicklungen, Göttingen - stellte die Ergebnisse der Studie "Verbesserung bedarfsangemessener Unterstützung von Opfern häuslicher Gewalt im Strafverfahren" vor. Sie gab einen kurzen Überblick über die Aufgabenstellung und die Durchführung der Studie sowie Empfehlungen zur Umsetzung der EU-Opferschutzrichtlinie. Gabriele Krüger erläuterte die Schwerpunkte der Arbeit einer Opferanwältin, mit ihren zahlreiche Aufgaben im Bereich Straf- und Familienrecht, aber auch Begleitung und Unterstützung im Umgang mit anderen Behörden oder die Sicherung des Lebensunterhaltes und der Kinderversorgung.

Maßnahmen in aktuellen Echtfällen


Auch die regionalen Netzwerkpartner, Opferschutzeinrichtungen wie der Weisse Ring stellten ihre Arbeit vor. In der Polizeiinspektion Gifhorn werden zum Beispiel seit mehreren Jahren erfolgreich Fallkonferenzen betrieben. Verschiedene Verfahrensbeteiligte und Fachleute treffen sich regelmäßig alle sechs bis acht Wochen und besprechen konkrete Maßnahmen in aktuellen Echtfällen und beschließen gemeinsam das weitere Vorgehen. Der Ambulante Justizsozialdienst Niedersachsen (AJSD) erläuterte seine Beteiligung im Strafverfahren, zum einen durch die Erstellung der Opfer- und Täterberichte, zum anderen durch die Möglichkeit der Durchführung des Täter-Opfer-Ausgleichs.

Die Arbeit der Frauenhäuser


Die Arbeit des Kinderschutzbundes, der sich für die Rechte der Kinder einsetzt, wurde im Rahmen von Fachvorträgen ebenso vorgestellt, wie die Arbeit der Frauenhäuser in Braunschweig und Wolfsburg. Daniela Cevic vom Verein Dialog e.V. in Wolfsburg erklärte die Zusammensetzung des Vereins. Dieser besteht aus der Roten Zora, Zentrum für Mädchen und junge Frauen Balance, Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche nach sexueller Gewalterfahrung, Courage: Beratungsstelle für Frauen und Männer nach Gewalterfahrung. Die Erziehungsberatung berichtete über die Aufgaben rund um Erziehung und Familie. Sie bietet offene Sprechstunden ohne Voranmeldung an. Die Beratung ist freiwillig, kostenlos und vertraulich.

„Warum konnte mir so lange keiner helfen?"


Emotionaler Höhepunkt in der Veranstaltung war die Schilderung eigen Erlebens von Schauspielerin Eva Wiedemann, die als Stalkingopfer das Wort für die Opfer erhob, um auf die vielschichtigen Probleme aufmerksam zu machen, die ein Mensch durchleiden muss, wenn er in einer Gewaltspirale gefangen ist. „Warum konnte mir so lange keiner helfen?". Ihre Worte werden allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern als Mahnung nachhaltig in Erinnerung bleiben. Den Abschluss des Tages bildete der Vortrag von Frau Prof. Dr. Debertin von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Sie stellte die Kinderschutzambulanz und das Netzwerk "ProBeweis" vor. Die Kinderschutzambulanz kann sowohl Verdachtsmomente bestätigen als auch ausräumen. Im Rahmen des Netzwerkes "ProBeweis" können sich Opfer hier vertrauensvoll an Ärzte wenden, ohne zunächst eine Anzeige bei der Polizei erstatten zu müssen. Die Tatspuren werden gerichtsverwertbar gesichert und können bei Bedarf, zum Beispiel im Falle einer späteren Anzeigeerstattung herausgegeben werden.

Die Rückmeldungen der Teilnehmer zum Fachtag waren durchweg positiv. Die Botschaft des Tages: "Vernetzt Euch, redet miteinander, tauscht Euch aus" zog sich durch alle Vorträge.


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