Braunschweig. Wie die Stadt mitteilt, ist der Bereich der Kinderbetreuung derzeit von zahlreichen Entwicklungen und Veränderungen geprägt. Dazu gehören unter anderem die Themen Sprachförderung, Umsetzung der vom Land beschlossenen Entgeltfreiheit, die mögliche spätere Einschulung und die Platzversorgung. Zu diesen Themen informiert die Stadtverwaltung.
So hat das Land die Organisation der Sprachförderung in den Kindertagesstätten neu geregelt. Schon vorher gab es Sprachförderung in den Kitas, die allerdings durch Lehrkräfte durchgeführt wurde, daher lag die Finanzierung beim Land. Im Zuge der Änderungen des Niedersächsischen Kindertagesstättengesetzes zum 1. August 2018 geht die Verantwortung jetzt auf die Kommunen über. Aus den insgesamt für Niedersachsen vom Land zur Verfügung gestellten Fördermitteln von 32,5 Millionen Euro erhält Braunschweig einen Anteil von rund 1,1 Millionen Euro jährlich zur Sicherung des Sprachförderauftrags.
Als Voraussetzung für die Verteilung der Mittel muss von den Kommunen ein Sprachbildungskonzept vorgelegt werden. Ein solches Sprachbildungskonzept zur alltagsintegrierten Sprachbildung und –förderung gibt es in Braunschweig bereits. Es wird seit 2012 vom „DialogWerk Braunschweig“ umgesetzt und muss nun von öffentlichen und privaten Trägern in den kommenden Monaten an die neuen Gesetzesvorgaben angepasst werden. Bis dahin läuft eine Übergangsfrist, in der die Arbeit des „DialogWerks“ fortgesetzt werden kann.
Für das zukünftige Sprachbildungskonzept sollen erprobte Strukturen berücksichtigt werden. Es wird weiter um einen präventiven Ansatz gehen, der verhindern soll, dass Sprachstörungen gar nicht erst entstehen. Dabei geht es sowohl um Verbesserung der deutschen Sprachkenntnisse, als auch der Vorbeugung von Sprachfehlern. So sollen alle 444 Gruppen der Braunschweig Kindertagesstätten möglichst passgenau von der Landesförderung profitieren. Ob die dafür bereitgestellten Mittel tatsächlich ausreichen werden bleibt abzuwarten.
Die Stadt selbst hat dem Thema Sprachförderung als Teil der Qualitätsentwicklung in Kitas bereits große Bedeutung verliehen. 2,5 Millionen Euro werden seit diesem Jahr zusätzlich aufgewendet, um die Qualität an den Kindertagesstätten mit einem vielfältigen Maßnahmenbündel zu verbessern. Dabei geht es unter anderem um die Arbeit der Familienzentren und eben die Sprachförderung.
Umsetzung der Entgeltfreiheit
Weiterhin arbeitet die Verwaltung derzeit an der praktischen Umsetzung der Entgeltfreiheit für die Kindergärten. Damit wie vom Land beschlossen Eltern bereits ab Anfang August keine Entgelte mehr bezahlen müssen, wird eine Übergangsregelung nötig. Denn es muss der Braunschweiger Entgelttarif angepasst werden. Dies geht aber nur durch Ratsbeschluss, doch der Landtag hatte die neue Gesetzgebung erst am 20. Juni, also nach der letzten Braunschweiger Ratssitzung beschlossen. Deshalb wird die Verwaltung die nötigen Änderungen zur Ratssitzung am 4. September vorlegen.
Eltern werden ab August für eine Betreuung von bis zu acht Stunden durch die Übergangsregelung keine Entgelte mehr zahlen. Die wegfallenden Entgelte werden durch das Land ausgeglichen. Derzeit gibt es niedersachsenweit Befürchtungen der Träger, das die Erstattung nicht schnell genug kommt. Das Land beabsichtigt jedoch, die wegfallenden Elternbeiträge durch eine Erhöhung der Abschlagszahlung im Rahmen der Landesfinanzhilfeleistungen an die Träger der Jugendhilfe auszugleichen, bzw. aufzufangen.
Die Entgeltfreiheit gilt für die Betreuung bis zu acht Stunden. Über acht Stunden hinaus (diese Zeit wird nach Landtagsbeschluss nicht mehr abgedeckt) wird zukünftig eine Pauschale berechnet, die gemäß Verwaltungsvorschlag auch rückwirkend zum 1. August (nach-) erhoben wird, wenn der Rat dem zustimmt.
Für Kinder, die älter als drei Jahre sind, aber in der Kindertagespflege (und nicht im Kindergarten) betreut werden, soll die Entgeltfreiheit ebenfalls gelten. Der Anspruch auf unentgeltliche Betreuung umfasst nach Beschluss des Landtages nicht die Beteiligung an den Kosten der Verpflegung. Es ist beabsichtigt, die bestehenden Regelungen zur Geschwisterermäßigung im Zuge der Ratsentscheidung ebenfalls beizubehalten.
Über 60 Kinder auf Wartelisten
Zum anstehenden Kita-Jahr im August sind in der städtischen Kita-Platzvermittlung über 60 Kinder im Alter bis zu drei Jahren auf der Warteliste vermerkt, deren Eltern aktuell noch auf der Suche nach einem Betreuungsplatz (Krippe, Tagespflege) sind. Und auch wenn im Kindergartenbereich für die über dreijährigen Kinder zum Start des Kita-Jahres noch freie Plätze vorhanden sind, so sind die Freikapazitäten deutlich geringer als in den Vorjahren. Durch das geänderte Niedersächsische Schulgesetz und der flexibleren Einschulung können Eltern ihre Kinder in diesem Jahr erstmalig länger im Kindergarten betreuen lassen. Diese überraschende gesetzliche Neuregelung verursacht allein für Braunschweig dass dringend erforderliche Plätze für über 100 Kinder nicht zur Vergabe zur Verfügung stehen. Das entspricht fünf weiteren zusätzlichen Kindergartengruppen die durch diese landespolitische Regelung geschaffen werden müssen. Die kommenden Wochen werden zeigen, wie sich diese Zahlen weiter entwickeln.
Unabhängig von dieser aktuellen Entwicklung ist der Mehrbedarf, der sich jetzt für das kommende Kita-Jahr andeutet, grundsätzlicher Natur. Bis 2022 werden in Braunschweig nach derzeitigem Stand rund 450 zusätzliche Krippen- und 470 zusätzliche Kindergartenplätze gebraucht. Das bedeutet im Krippenbereich, den bisherigen Ausbau unvermindert fortzusetzen, denn schon in den vergangenen fünf Jahren sind neue Plätze in gleicher Höhe geschaffen worden (derzeit etwa 2.800 Plätze). Im Kindergartenbereich gab es in der Vergangenheit keinen Bedarf für einen wesentlichen Ausbau, die Zahl der Plätze lag konstant bei etwa 6.300.
Ein wesentlicher Grund für die gestiegene Nachfrage sind die deutlich steigenden Kinderzahlen in den kommenden Jahren. Bei den Unter-Dreijährigen wird bis 2022 ein Anstieg von über 200 Kindern prognostiziert, bei den Kindergartenkindern von fast 500 bis 2025. Zwar werde bei neuen Baugebieten immer entsprechende Infrastruktur (zum Beispiel Nördliches Ringgebiet) mitgeplant, doch insgesamt ist dem stark steigenden Bedarf nur schwer nachzukommen, zumal Kita-Einrichtungen geplant und gebaut werden müssen. Vor diesen Herausforderungen stehen derzeit viele Städte. Die Entwicklung schlägt voll durch, obwohl sich in Braunschweig die Ausgaben in der Kinderbetreuung zwischen 2007 und 2018 mehr als verdoppelt haben. Weitere Faktoren, die die in den vergangenen Jahren sprunghaft gestiegene Nachfrage ausgelöst haben, sind gesetzliche Vorgaben wie der Rechtsanspruch bei Krippen, politische Beschlüsse wie jetzt die Entgeltfreiheit und eine gestiegene Attraktivität der großen Städte.
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