Braunschweig. Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, werden nun auch in Braunschweig von Maltesern betreut. Seit wenigen Tagen betreibt der katholische Hilfsdienst die beiden Aufnahmeeinrichtungen in den Sporthallen am Rheinring und in der Arminiusstraße. Hier in der Weststadt und im Nibelungenviertel, versuchen die Malteser den Menschen einen Hauch von Heimat zu geben. Unter den neuen Mitarbeitern, die dafür eingestellt wurden, sind auch Geflüchtete, berichtet der Malteser Hilfsdienst am Donnerstag.
Noch fehlt ihre Dienstkleidung. Noch verrät ein Krepp-Aufkleber auf dem Pullover den Vornamen. Aber schon bald werden auch Kateryna und Vita aus der Ukraine die schicke und praktische Kleidung der Malteser tragen. Doch auch ohne Malteserkreuz auf Brust und Rücken zeigen die beiden jungen Damen an ihrem ersten Arbeitstag am vergangenen Dienstag schon den richtigen Maltesergeist: Mit Fleiß und Geschick helfen sie, die Kantine in der Sporthalle am Rheinring herzurichten. In wenigen Stunden werden die ersten Geflüchteten erwartet. Um 18 Uhr soll hier das erste Abendessen bereitstehen.
Kateryna und Vita, zwei Freundinnen aus Riwne in der Nordwestukraine, sind zwei von rund 20 neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die die Malteser in Braunschweig kurzfristig eingestellt haben. Als Betreuer sollen sie neben Verwaltungskräften bei der Versorgung ihrer Landsleute helfen. Eigentlich wären die beiden jungen Frauen perfekte Dolmetscherinnen. Doch dafür ist ihr Deutsch noch nicht gut genug. So übersetzt Anas Sultan, ein junger syrischer Mediziner, der 2018 über Russland nach Deutschland kam. Über ihn erfährt man, dass Kateryna und Vita erst seit wenigen Tagen in Braunschweig sind und hier privat untergebracht wurden.
Ein neues Leben
Beide Frauen haben in Riwne in der Gastronomie gearbeitet und sich dort angefreundet. Nun wollen sie in Deutschland bleiben und sich ein neues Leben aufbauen. Die Arbeit bei den Maltesern soll ein erster Schritt sein, um bald auf eigenen Beinen zu stehen. Kateryna, die Jüngere, hat mit ihren 20 Jahren schon eine Ausbildung zur Barista absolviert, kennt sich also bestens mit der Zubereitung von Kaffee aus. Wie ihre zwei Jahre ältere Freundin Vita will sie Deutsch lernen und dann hier arbeiten. Was die Freundinnen an der neuen Heimat schätzen? Die Sauberkeit, die Großzügigkeit und Freundlichkeit der Menschen und die relative Ruhe. In der Ukraine sei es viel lauter, übersetzt Dolmetscher Sultan.
Über seine beiden ukrainischen Mitarbeiterinnen kann Karsten Tiefenberger nur Gutes sagen. Sie seien eine Bereicherung für das Team, sagt der Einrichtungsleiter, der selbst erst seit wenigen Tagen bei den Maltesern ist. Hier, in der Sporthalle am Rheinring, muss er nun versuchen, den Neuankömmlingen mit seiner Mannschaft eine neue Heimat zu geben – zumindest für den Übergang. Rund 180 Personen fasst diese Aufnahmeeinrichtung. Dafür stehen in einzelnen Zimmern, die durch Raumteiler abgetrennt sind, jeweils vier Stockbetten mit abschließbaren Spinden zur Verfügung. Eine der größten Herausforderungen wird sein, hier keinen Lagerkoller aufkommen zu lassen.
Ein wenig Heimat
Eine Aufgabe, vor der auch Tatjana Viol stand, als sie wenige Tage zuvor die Malteser-Aufnahmeeinrichtung in der Sporthalle an der Arminiusstraße mit rund 200 Betten übernahm, die aktuell etwa zur Hälfte belegt sind. Schnell hat die 30-Jährige erkannt, dass die Menschenliebe – die sie hier pflegen möchte – auch durch den Magen geht. Schon bald sorgte die gelernte Fachkraft für Schutz und Sicherheit und Kauffrau für Bürokommunikation dafür, dass auf den Speiseplan nicht nur das typisch deutsche Essen mit Wurst und Käse, sondern auch russische Suppen und ukrainischer Haferbrei kamen. Für die Kinder hat Viol eine bunte Spielecke aus gespendeten Spielsachen eingerichtet und auch für das orthodoxe Osterfest, das sie gemeinsam mit ihren „Gästen“ – wie sie die neuen Bewohner nennt - feiern will, hat sie sich schon einiges ausgedacht.
Auch Tatjana Viol wurde neu eingestellt und ist erst seit wenigen Tagen Malteserin. Doch schnell hat auch sie erkannt, dass es nicht reicht, Menschen nur zu versorgen. Man muss auch versuchen, ihnen Heimat zu geben.
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