Mehr Drogendelikte, weniger Prügel: Staatsanwaltschaft zieht Bilanz

von Christina Balder




Braunschweig/Region. Die schweren Randale nach dem Eintracht-Aufstieg beschäftigen die Staatsanwaltschaft noch immer. Abgesehen davon hatten die Beamten im Jahr 2013 eher weniger zu tun als sonst: Die Jahresbilanz zeigt zwar mehr Drogendelikte, aber insgesamt weniger Verfahren. Der Statistik zufolge lebt man außerdem in Braunschweig nicht unsicherer als auf dem Land.

Es sind die Drogen, die die schlechten Zahlen liefern. Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz haben im vergangenen Jahr zugenommen, unter Jugendlichen ist die Zahl der Delikte auf einem Höchststand seit Beginn der Statistik 2008. Insgesamt knapp 1000 Verstöße zählt die Staatsanwaltschaft im Jugendbereich nur für das vergangene Jahr. "Auf Straftaten im Bereich des Betäubungsmittelgesetzes habe ich ein besonderes Auge", betont der Leitende Oberstaatsanwalt Dr. Frank Koch. Auch die Polizei sei bemüht, diese Art der Kriminalität im Zaum zu halten. Denn die Täter selbst litten besonders stark unter ihrem Drogenkonsum, sagt Koch: "Man beobachtet eine Verelendung bei den Menschen, die ist erschreckend."

Eine weitere Deliktart nehme "explosionsartig" zu, wie es Koch formuliert: Was früher der Ladendiebstahl war, sei heute der Betrug im Internet, sagt Koch. "Es ist so einfach, im Internet zu betrügen. Und was einfach ist, wird auch gemacht." Allerdings sei der Schaden, den Online-Betrüger anrichteten, deutlich höher als bei einem einfachen Ladendiebstahl. Insgesamt fällt die Bilanz für das Jahr 2013 aber positiv aus. Koch sieht die Zahlen ohnehin eher nüchtern: "Einige Tötungsdelikte hat man immer, das lässt sich nicht ändern."

Schläger sind gesellschaftlich geächtet, Taten gehen zurück


Erfreulich sei dagegen, dass die Staatsanwaltschaft sich um immer weniger Verfahren zu kümmern habe. Nach einem Höchststand im Jahr 2008 (über 60.000) lag die Zahl der bei der Staatsanwaltschaft eingegangenen Verfahren bei knapp 52.000. Allerdings trage der demografische Wandel auch seinen Teil zu dieser Entwicklung bei. "Weniger Menschen begehen weniger Straftaten", erklärt Koch. Doch auch sonst  sei er überzeugt, dass Aufklärung, Polizeipräsenz und andere Präventionsarbeit Erfolge zeigten, auch bei der Jugend. "Die niedrigere Zahl an Rohheitsdelikten in diesem Bereich kann man nicht alleine mit dem demografischen Wandel begründen", sagt Frank Koch. Die Öffentlichkeit habe in der Vergangenheit einen stärkeren Blick für solche Taten entwickelt, außerdem seien Schläger nicht gut angesehen.

Geografisch könne man keine besonderen Schwerpunkte feststellen, sagt Koch. Schwere Gewalttaten kämen in Braunschweig genauso vor wie im Harz. Auch gebe es hier keine spezielle Großstadtkriminalität: "Das Leben in Braunschweig ist nicht unsicherer als in Goslar oder Seesen." Zwar fielen manche Stadtteile eher auf als andere, insgesamt sei die Lage aber in der Stadt nicht problematischer als auf dem Land. Schwerpunkte hingen eher mit besonderen Örtlichkeiten zusammen, ergänzt Birgit Seel. "Eine Großraumdisco birgt in Braunschweig das gleiche Risiko wie in Gifhorn."

Randale zum Eintracht-Aufstieg: Videos helfen bei der Aufklärung


Ein Risikofaktor ist mit dem Aufstieg der Eintracht Braunschweig in die Erste Bundesliga allerdings dazugekommen. Das musste die Polizei schon am 19. Mai des vergangenen Jahres schmerzlich feststellen. Nach dem entscheidenden Spiel war es in der Braunschweiger Innenstadt zu schweren Randalen gekommen, bei denen 29 Polizeibeamte teils schwer verletzt wurden. Dank privater Videos, die später zum Teil auch auf der Videoplattform Youtube landeten, hatten die Ermittler aber leichtes Spiel, erzählt Ulrich Weiland, der sich als Staatsanwalt mit schwerem Landfriedensbruch beschäftigt.

Üblicherweise sei eine so "unüberschaubare Meute" von rund 100 Menschen eine Herausforderung, weil einzelne Täter kaum nachweisbar herausgefiltert werden können. Die privaten Aufnahmen und die offiziellen Polizeivideos aber hätten den Ermittlern die Arbeit erleichtert und zu vielen Geständnissen geführt.  "Manche der Täter waren von sich selbst entsetzt, als wir ihnen die Videos vorgespielt haben", sagt Weiland. Das seien "ganz normale Leute" gewesen, "bei denen irgendwas aushakt, wenn es um Fußball geht".

Gegen 42 namentlich erfasste Personen seien dann Ermittlungsverfahren gelaufen. "Das ist eine gute Quote, dank der vorbildlichen Arbeit der Polizeit", lobt Weiland.  Vier Heranwachsende sind zu Arresten verurteilt worden, gegen 33 Erwachsene liefen und laufen Gerichtsverfahren. Bisher sind laut Weiland fünf erwachsene Täter bereits verurteilt zu Freiheitsstrafen zwischen sieben und elf Monaten auf Bewährung verurteilt worden. In einem weiteren Verfahren gegen weitere mutmaßliche Täter könnte es sogar zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung kommen, da die Angeklagten zum Teil einschlägig vorbestraft sind.

Abgesehen von diesem schweren Fall habe es aber im Zusammenhang mit Fußball relativ wenig Verfahren wegen Landfriedensbruch gegeben, sagt Birgit Seel. Zum Einen hätten die Verfahren wegen der Aufstiegsrandale eine abschreckende Wirkung in der Szene, zum Anderen sei auch die teils massive Polizeipräsenz im Umfeld von Spielen ein beruhigender Faktor.

Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft deckt einen großen Bereich ab: Von Bad Gandersheim über Clausthal-Zellerfeld bis nach Helmstedt und Wolfsburg zieht sich das Einzugsgebiet, rund 900.000 Menschen leben in diesem Gerichtsbezirk.


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