Nach Angriff auf Flüchtlingsunterkunft: Es hagelt Kritik

Steine flogen, Schmährufe waren zu hören: "Ich verurteile das Vorkommnis aufs Schärfste", so der Oberbürgermeister. Doch es gibt noch mehr Stimmen.

Symbolfoto.
Symbolfoto. | Foto: Pixabay

Braunschweig. In der Nacht von Samstag auf Sonntag kam es zu einem Angriff auf eine Flüchtlingsunterkunft im Braunschweiger Stadtteil Melverode. Dagegen erhebt sich nun scharfe Kritik.



Unter anderem gab die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens, ein Statement zu den jüngsten Vorfällen ab. Darin sagt sie: "Allein in den vergangenen Tagen haben wir in Niedersachsen eine Reihe von Vorfällen verzeichnen müssen, die uns sehr deutlich vor Augen führen, mit welchem Selbstbewusstsein und mit welcher Schamlosigkeit die Gegner unserer Demokratie mittlerweile auftreten."

Zu dem Angriff auf die Flüchtlingsunterkunft in Brauschweig: "Darüber hinaus müssen wir bundesweit und leider auch in Niedersachsen feststellen, dass auf Schützenfesten und anderen Feiern rassistische Parolen zu einem eigentlich harmlosen Song gegrölt werden, ohne dass in der unmittelbaren Umgebung jemand einschreitet und diesem Treiben ein Ende setzt. Dass die Verbreitung dieses widerlichen Gedankengutes nicht nur ein harmloser Partyspaß ist, zeigte sich am Wochenende in Braunschweig, wo mutmaßlich Besuchende eines Schützenfestes Steine auf eine Unterkunft für Geflüchtete geworfen und dabei ebenfalls rassistische Parolen skandiert haben."

Oberbürgermeister verurteilt die Tat


Auch Oberbürgermeister von Braunschweig, Dr. Thorsten Kornblum, äußert sich zu Steinwürfen auf die Geflüchtetenunterkunft Melverode und den beleidigenden Äußerungen gegenüber der Bewohner: "Ich verurteile das Vorkommnis aufs Schärfste. Braunschweig ist eine offene Stadt, in der sich alle Menschen sicher fühlen sollen. Denjenigen gegenüber, die auf der Flucht zu uns kommen, gilt unsere besondere Fürsorgepflicht. Deshalb danke ich der Polizei für ihr Handeln und hoffe, dass die Täter schnell gefunden und bestraft werden. Für Ausländerfeindlichkeit und Gewalt darf es in unserer Gesellschaft keinen Platz geben, hier muss der Rechtsstaat klare Grenzen ziehen. Die Mitte der Braunschweiger Gesellschaft hat gestern bei der Veranstaltung auf dem Schlossplatz ein klares Signal gesetzt, dass sie solch ein Verhalten Einzelner nicht toleriert. Für diese Haltung unserer Stadtgesellschaft steht auch das hervorragende Netz von Aktivitäten überwiegend Ehrenamtlicher in und um die Flüchtlingsunterkünfte, die dafür sorgen, dass Geflüchtete sich willkommen und gut aufgenommen fühlen. Das ist die Braunschweiger Antwort auf Gewalt und Hass."

SPD Braunschweig: Das dürfe man nicht zulasse


Dr. Christos Pantazis, Vorsitzender der SPD Braunschweig und Braunschweiger Bundestagsabgeordneter: "Wir dürfen nicht zulassen, dass Rechtsextreme unsere Gesellschaft spalten und Menschen mit Migrationshintergrund in Angst leben müssen."

„Es ist besorgniserregend, dass es solch einen unsäglichen und unerträglichen Angriff auf die Flüchtlingsunterkunft gegeben hat. Ich bin erleichtert, dass durch die Steinwürfe niemand verletzt wurde. Der Angriff macht deutlich, dass wir auch in Braunschweig ein Problem mit
Ausländerfeindlichkeit haben. Ich habe die klare Erwartungshaltung, dass diese abscheulichen Vorkommnisse aufgearbeitet werden und dass es gelingt die Täter:innen zu ermitteln."

Selbstverständlich müssten die Täter im Anschluss die entsprechenden Konsequenzen für ihre Tat tragen, macht Dr. Christos Pantazis deutlich.

"Mit Sorge nehme er zur Kenntnis, dass das Gift, das Rechtsextremisten und Rechtspopulisten verbal und durch Gewalttaten in die Gesellschaft fließen lassen, bis in die bürgerliche Mitte Einzug gehalten habe", so Pantazis. Weiter: „Ich möchte nicht akzeptieren, dass solche Übergriffe in unserer Gesellschaft Normalität werden. Wir dürfen nicht abstumpfen. Solche Angriffe sind nicht normal. Es gilt weiterhin: Wehret den Anfängen.“

Mit Blick auf das Grundgesetz, dessen 75-jähriges Bestehen in der vergangenen Woche gefeiert wurde, und dessen ersten Artikel „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ sagt Pantazis: „Jeder und jede einzelne von uns ist gefordert, sich dafür einzusetzen, dass dieser erste Artikel auch gelebt wird. Der Angriff auf die Flüchtlingsunterkunft ereignete sich am Vorabend der Kundgebung ,Gemeinsam für unsere Demokratie‘. Am vergangenen Sonntagnachmittag versammelten sich etwa 2.000 Menschen auf dem Schlossplatz, um ein Zeichen für unsere demokratischen Grundwerte zu setzen."

Wer von dem Angriff auf die Flüchtlingsunterkunft etwas mitbekommen hat und Hinweise zu den Tätern geben könne, solle dringend Zivilcourage zeigen und sich bei der Polizei melden. "Wir dürfen nicht wegsehen und wir dürfen nicht zulassen, dass Rechtsextreme unsere Gesellschaft spalten und Menschen mit Migrationshintergrund in Angst leben müssen", so Pantazis abschließend.

Andreas Hoffmann (Grüne)


Auch Andres Hoffmann, Landtagsabgeordneter der Grünen, zeigt sich schockiert:
"Nazi-Parolen auf Schützenfesten in Leiferde und Gifhorn, Steine auf eine Geflüchtetenunterkunft in Melverode und einen tätlichen Angriff auf meine Landtagskollegin Marie Kollenrott - und das sind nur die Ereignisse der letzten Tage in unserer Region.

Dass am Wochenende ein waschechter und offener Neonazi in die Stichwahl zur Landratswahl in Thüringen gewählt wurde, zeigt plastisch, wie dramatisch die Situation ist. Es geht hier nicht mehr um Sachargumente, es geht darum unsere Grundwerte und unsere Gesellschaft vor dem Faschismus zu schützen und zu verteidigen!

Es ist verdammt ernst! Es heißt jetzt für jede Demokratin und jeden Demokraten - aufstehen, dagegenhalten und Widerstand leisten. Sonst ist 'Nie wieder' bald Geschichte!

Dass der Rat der Stadt Braunschweig jetzt einen 'Aktionsplan gegen Rechts' auf den Weg gebracht hat, macht mich sehr glücklich. Denn die jüngsten Ereignisse zeigen einmal mehr, wir müssen endlich aktiv werden!"


„Aus Worten werden viel zu oft Taten"


Ähnlich äußert sich Hoffmanns Fraktionskollegin Swantje Schendel. Die Braunschweigerin lässt in einer Pressemitteilung wissen: „Aus Worten werden viel zu oft Taten. Jede rechtsextreme Straftat muss als Angriff auf die Demokratie und unsere wertebasierte Grundordnung gewertet werden.“ Schendel ruft außerdem zu Solidarität mit den geflüchteten Menschen auf. Diese sei einmal mehr dringend geboten.

Gruppe BIBS/Die Linke


Auch die Vertreter der Gruppe BIBS/Die Linke im Stadtbezirksrat Braunschweig-Süd Helmut Rösner und Rainer Nagel verurteilen den Angriff. „Wir drücken unsere uneingeschränkte Solidarität und unser Mitgefühl gegenüber den Geflüchteten aus“, erklärt BIBS-Gruppenvorsitzender Helmut Rösner. "Rechtsradikale und ausländerfeindliche Tendenzen haben in letzter Zeit bundesweit zugenommen und nun leider auch vor der Flüchtlingsunterkunft Glogaustraße, bei der es seit ihrem Bestehen noch zu keinem rassistischen Übergriff kam, nicht haltgemacht."

"Von den Strafverfolgungsbehörden werden intensive Bemühungen zur restlosen Aufklärung des Vorfalls erwartet", erklärt Rainer Nagel.

"Wir sind mehr!"


Statement von Christoph Bratmann (SPD):
„Der Angriff auf die Unterkunft für Geflüchtete in Melverode ist zutiefst verabscheuungswürdig! Menschen, die aus anderen Ländern zu uns nach Braunschweig kommen und hier Schutz suchen, verdienen Respekt und einen würdigen Umgang. In unserer Stadtgesellschaft ist kein Platz für Fremdenfeindlichkeit. Hass und Hetze verurteilen wir auf das Schärfste! Die Täter in Melverode haben nicht nur beschämende Beschimpfungen geäußert und Menschen damit beleidigt und verängstigt, sondern auch Steine geworfen. Damit haben sie billigend in Kauf genommen, dass Personen zu Schaden kommen. Dies ist unentschuldbar! Es macht fassungslos und betroffen, dass überall in Deutschland Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in die Mitte der Gesellschaft vordringen. In Braunschweig stellen wir uns entschieden dagegen! Am Sonntag auf dem Schlossplatz haben tausende Braunschweigerinnen und Braunschweiger für demokratische Werte demonstriert und ein Zeichen gesetzt, dass wir als Stadtgesellschaft Menschenfeindlichkeit in keiner Weise tolerieren. Wir sind mehr!“


mehr News aus Braunschweig