Nuklearfirma neben Wohngebiet - Umweltminister Wenzel überprüft Genehmigungen

von Thorsten Raedlein




Braunschweig. Das niedersächsische Umweltministerium stellt die Genehmigungen für die Firma Eckert und Ziegler am Standort Braunschweig auf den Prüfstand. Dort werden radioaktive Medizinprodukte hergestellt, aber auch radioaktiver Abfall verarbeitet. Umweltminister Stefan Wenzel sagte dem NDR Fernsehmagazin "Hallo Niedersachsen": "Wir prüfen im Moment sämtliche Altgenehmigungen und wir prüfen alle neuen rechtlichen Anforderungen." 

Mit der Prüfung nimmt das Umweltministerium Bedenken von Anwohnern auf, die in der Nachbarschaft des Unternehmens wohnen. Umweltminister Wenzel zielt mit dem Prüfverfahren offenbar auf eine Einschränkung der vorliegenden Genehmigungen: "Ich gehe davon aus, dass wir dann zu Veränderungen in dem Genehmigungsrahmen kommen. Aber welches Ergebnis da genau herauskommt, das kann ich zum heutigen Zeitpunkt noch nicht sagen."

Hintergrund ist unter anderem der zulässige Strahlungswert an der Grenze des Betriebsgeländes, der für Eckert und Ziegler nach der sogenannten "2000-Stunden-Regelung" berechnet wird: Dabei wird davon ausgegangen, dass sich ein Anwohner maximal 2000 Stunden im Jahr am Zaun des Industriegeländes aufhält, auf dem neben Eckert und Ziegler Nuclitec weitere Firmen ansässig sind, die strahlende Materialien verarbeiten. Die ermittelten Jahresstrahlenwerte an den Messpunkten werden entsprechend heruntergerechnet. Die Einhaltung des Jahresgrenzwertes der Strahlenschutzverordnung wird damit erleichtert. Grundsätzlich geht die Strahlenschutzverordnung von Daueraufenthalt aus, also von Aufenthalt über ein ganzes Jahr. In unmittelbarer Nähe des Betriebsgeländes stehen Wohnhäuser. Zwei Schulen mit mehr als 1100 Schülern sind nur wenige hundert Meter entfernt.

Die zulässige Höchstbelastung mit künstlicher radioaktiver Strahlung beträgt laut Strahlenschutzverordnung ein Millisievert pro Jahr (1 mSv/a) für eine Person. Durch die Sonderregelung für Eckert und Ziegler und andere Firmen würde eine Person, die sich dauerhaft an der Grenze des Betriebsgeländes aufhält, mit bis zu 4,38 Millisievert pro Jahr (4,38 mSv/a) künstlicher Strahlung belastet werden, ohne dass dies Folgen für die Firmen hätte. Eckert und Ziegler hat sich zuletzt zu der Sonderregelung trotz mehrmaliger Anfragen gegenüber dem NDR nicht geäußert.

Tatsächlich sind in Braunschweig vergleichsweise hohe Belastungen gemessen worden: So betrug im Jahr 2012 die Netto-Strahlenbelastung laut offizieller Darstellung am Zaun des Betriebsgeländes maximal 0,45 mSv, allerdings umgerechnet auf 2000-Stunden-Aufenthalt. Tatsächlich wurde an einem Messpunkt ein Nettojahreswert von 1,97 mSv festgestellt - also deutlich höher als der in der Strahlenschutzverordnung vorgesehene Wert von 1 mSv/a, aber niedriger als der für Eckert und Ziegler geltende Grenzwert nach der 2000-Stunden-Regelung.


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