Braunschweig. Der Haushaltsplanentwurf 2020, den Oberbürgermeister Ulrich Markurth am gestrigen Freitag gemeinsam mit Erstem Stadtrat und Finanzdezernent Christian Geiger den Fraktionen vorgelegt und in einem Mediengespräch erläutert hat, sieht jährlich rund 150 Millionen Euro für Investitionen und Instandhaltungen vor. Schwerpunkte des Haushalts sind unter anderem Schulen und Kitas, Klimaschutz, Mobilität, Digitales sowie der Erhalt der Infrastruktur. Der Haushalt hat ein Gesamtvolumen von rund 902 Millionen Euro. Dies teilt die Stadt mit.
Stadt für die Zukunft wappnen
OB Markurth: "Mit dem ISEK haben wir mit der Stadtgesellschaft und dem Rat Aufgaben und Ziele erarbeitet, die wir nun Schritt für Schritt angehen. Wir schieben im kommenden Jahr viele Projekte wie die Bahnstadt und das Europaviertel an, um unsere Stadt für die Zukunft zu wappnen. Ebenfalls in großem Maße zukunftswirksam sind Ausbau und Erhalt von Infrastruktur, Schulen und Kitas. Dadurch schaffen wir Gemeinschaftswerte für die Stadtgesellschaft, von denen wir in den kommenden Jahrzehnten profitieren werden." Markurth betonte, man müsse jetzt investieren: "Die Erwartungen sind riesig – Schulen müssen dringend saniert und erweitert, weitere rund 1.000 Kinderbetreuungsplätze so schnell wie möglich geschaffen werden. Die Zinsen sind niedrig – der richtige Zeitpunkt für Investitionen ist also jetzt."
Äußere Einflüsse erschweren jedoch die Finanzplanung der Verwaltung. So seien zum Beispiel – basierend auf einer Regelung des Landes – zum Einschulungstermin 2019 240 Kinder vom Schulbesuch zurückgestellt worden, für die die Stadt Braunschweig nun sehr kurzfristig zusätzliche Kitaplätze benötige. Ausgegangen sei die Verwaltung durch die Planungsannahmen des Landes von etwa 100 bis 120 zurückgestellten Kindern. Für die nun doppelte Anzahl werden allein zehn zusätzliche Kindergartengruppen benötigt, das entspreche zwei weiteren Kitas.
Erschwerte Finanzplanung
Weiteres Beispiel: In vielen Schulen bestehe weiterhin ein großer Sanierungsbedarf, dem begegnet werden müsse, teilweise werden aufgrund steigender Schülerzahlen auch Erweiterungsbauten oder ganz neue Schulen benötigt. Zudem müssen einige Gymnasien auch baulich auf die Umstellung von G8 auf G9 angepasst werden. Markurth: "All diese Herausforderungen nehmen wir an und setzen sie um, aber sie belasten den Haushalt zusätzlich, weil wir nicht ausreichend finanziell dafür ausgestattet werden. Das gilt im Sozialbereich zum Beispiel auch für das Bundesteilhabegesetz."
Ein weiterer großer Faktor sei die Digitalisierung der Schulen, in die die Verwaltung in den kommenden Jahren rund 27 Millionen Euro investiere. Grundlage sei der städtische Medienentwicklungsplan. Unterstützung bei der Ausstattung mit digitaler Technik gebe es zwar vom Bund durch den Digitalpakt Schule, der Investitionen allerdings nur teilweise mit rund 13,7 Millionen Euro über fünf Jahre verteilt fördere. Zudem werden die Folgekosten dieser Investitionen, also zum Beispiel das Ersetzen von defekten Geräten, nicht aus dem Digitalpakt finanziert. Auch die laufende Wartung und Betreuung dieser neuen technischen Infrastruktur müsse die Stadt Braunschweig als Schulträgerin sicherstellen. Dies erfordere nicht nur dauerhafte Finanzmittel im Haushalt, sondern auch eine entsprechende personelle Ausstattung. In den Folgejahren werden daher hohe zusätzliche Kosten entstehen, weshalb die Stadt Braunschweig zusammen mit dem Niedersächsischen Städtetage bereits die Zusage einer verlässlichen Unterstützung vom Land eingefordert habe.
Ein Schwerpunkt: Digitalisierung
Dazu komme, dass die lokalen Gewerbesteuereinnahmen in Braunschweig auch von negativen Effekten bei einzelnen großen Gewerbesteuerzahlern betroffen seien. "Zwar sind die Einnahmen durch die Einkommensteuer und den niedersächsischen kommunalen Finanzausgleich weiterhin gut, bei der Gewerbesteuer bleiben wir aber trotz eines stabilen örtlichen Mittelstands hinter anderen Großstädten zurück", sagte Erster Stadtrat und Stadtkämmerer Christian Geiger. "Die wirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt bildet sich in ihrer Dynamik leider nicht in dem erhofften Maße bei den Gewerbesteuereinnahmen ab."
Zudem seien die Personalkosten durch Tariferhöhungen, die sich auch auf die Pensionsrückstellungen auswirken, eine deutlich größere Belastung als in den Vorjahren. Hier werde dauerhaft mit einer jährlichen Zusatzbelastung von rund 15 Millionen Euro gegenüber den bisherigen Planungen zu rechnen sein. "Höhere Löhne führen dazu, dass der öffentliche Dienst als Arbeitgeber attraktiv bleibt – das ist wichtig, muss aber auch dauerhaft bezahlt werden", sagte Markurth.
Erhöhte Personalkosten, erhöhte Belastung
Vor diesem Hintergrund seien die Investitionen im Haushaltsplanentwurf 2020 als großer Kraftakt zu sehen. Markurth: "Eigentlich müssten wir sogar noch mehr investieren. Doch nicht nur der Faktor Geld, auch das Personal ist eine limitierende Größe. Im Hochbaubereich haben wir nach wie vor wegen der Marktlage nicht alle nötigen neuen Stellen besetzen können. Zudem ist es aufgrund der guten Konjunktur äußerst schwierig, Baufirmen zu engagieren. Deshalb ist nicht alles umsetzbar, was wünschenswert wäre."
Erster Stadtrat Geiger ergänzte: "Wir mussten Bauprojekte priorisieren und einiges zurückstellen, versuchen jedoch durch andere Beschaffungsformen wie PPP-Projekte und Anmietungen möglichst viel umzusetzen." Beispiele für geplante PPP-Projekte sind die 6. IGS, der Neubau der Helene-Engelbrecht-Schule und eine neue Grundschule im Westlichen Ringgebiet. "PPP-Projekte entlasten die Verwaltung vor allem in der Bauphase, die intensive Vorbereitung durch die Verwaltung muss aber im Rahmen der hierfür verfügbaren Kapazitäten dennoch geleistet werden", so Geiger weiter.
Investitionen sind ein großer Kraftakt
Wie bereits angekündigt, suche die Verwaltung angesichts der zunehmend schwierigeren Finanzlage auch bei sich nach Optimierungspotenzial. Der Prozess der Verwaltungsmodernisierung und der Haushaltsoptimierung sei in diesem Jahr weit fortgeschritten, Ergebnisse für den Bereich Haushaltsoptimierung sollen in die Haushalte ab 2021 einfließen. Für den Haushalt 2020 habe die Verwaltung jetzt einen Nullstellenplan vorgelegt. Das heiße, es sollen nur so viele neue Stellen geschaffen werden, wie auch durch Wegfälle frei werden. Weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Jahresergebnisses seien von den Dezernaten kurzfristig vorgeschlagen und in den Haushaltentwurf eingearbeitet worden.
"Alle unsere Anstrengungen können jedoch bei der derzeitigen Einnahmesituation nicht ermöglichen, dass wir die geplanten Investitionen und die großen gesetzlichen Verpflichtungen ohne Rückgriff auf die Rücklagen und zusätzliche Kreditaufnahmen leisten können", sagte Markurth. "Ich halte es für unerlässlich, dass wir so viel wie möglich investieren, dabei müssen wir Prioritäten setzen und im Zweifelsfall auf vieles verzichten, was derzeit nicht zwingend notwendig ist. Das leistet der heute vorgelegte Entwurf." Mit Blick auf die kommenden Jahre sagte Markurth: "Es bedarf großer gemeinsamer Anstrengung von Politik und Verwaltung, den Ratsauftrag eines ausgeglichenen Haushalts ab 2026 umzusetzen."
Abstriche müssen gemacht werden
Ab dem 21. Oktober werde der Haushaltsplanentwurf in den Stadtbezirksräten diskutiert. Am 6. November sei Abgabetermin für Änderungsanträge der Fraktionen, am 5. Dezember beginne die Beratung in den Ausschüssen. Die Haushaltslesung im Rat sei am 18. Februar 2020.
mehr News aus Braunschweig