Oberlandesgericht: Grundsatzentscheidung zur Leihmutterschaft


Laut Gericht verstößt die kommerzielle Leihmutterschaft gegen wesentliche Grundsätze des nationalen Rechts. Foto: Pixabay
Laut Gericht verstößt die kommerzielle Leihmutterschaft gegen wesentliche Grundsätze des nationalen Rechts. Foto: Pixabay | Foto: Pixabay

Braunschweig. Grundsatzentscheidung am Oberlandesgericht: Am 12. April 2017 hat der 1. Familiensenat des Oberlandesgerichts Braunschweig die Anerkennung der rechtlichen Elternschaft eines Ehepaares für zwei in den USA von einer Leihmutter ausgetragene Zwillingskinder abgelehnt.


Das Gericht hat sich damit zugleich gegen die Anerkennung der Entscheidung eines US-Gerichts im Bundestaat Colorado ausgesprochen. Dies teilte das Oberlandesgericht am Donnerstag in einer Pressemitteilung mit. Das in Deutschland lebende Ehepaar schloss - vermittelt über eine Agentur - mit der späteren Leihmutter und ihrem Ehemann in den USA einen Vertrag zur entgeltlichen Schwangerschaftsaustragung. Ein US-Gericht im Bundesstaat Colorado entschied auf dieser Grundlage noch vor der Geburt der Zwillingskinder, dass das deutsche Ehepaar als Auftraggeber der Leihmutterschaft nach der Geburt der Kinder zu deren rechtlichen Eltern bestimmt sei. Die in Colorado ausgestellten Geburtsurkunden der von der Leihmutter ausgetragenen Zwillingskinder weisen das deutsche Ehepaar als rechtliche Eltern aus. Diese leben seit Ende 2011 gemeinsam mit den beiden Kindern in Deutschland. Über den Wohnort des Ehepaares durfte das Oberlandesgericht gegenüber regionalHeute.de keine Angaben machen. Da im Bezirk des Oberlandesgerichts Braunschweig die Landgerichte Braunschweig und Göttingen liegen, sowie 16 Amtsgerichte in Wolfsburg, Helmstedt, Wolfenbüttel, Braunschweig, Salzgitter, Goslar, Seesen, Bad Gandersheim, Clausthal-Zellerfeld, Einbeck, Osterode, Northeim, Herzberg, Göttingen, Duderstadt und Hannover Münden, scheint die Herkunft aus der Region aber sehr wahrscheinlich.

Unvereinbar mit nationalem Recht


Nach Auffassung des Gerichts würde eine Anerkennung der Entscheidung des US-Gerichts zu einem Ergebnis führen, das mit den wesentlichen Grundsätzen des nationalen Rechts unvereinbar wäre. Die rechtliche Elternschaft könne nach deutschem Recht grundsätzlich allein auf Abstammung und Adoption, nicht hingegen auf vertragliche Grundlage gestützt werden. Das Ehepaar habe durch die kommerzielle vertragliche Vereinbarung zur Leihmutterschaft für sie erkennbar gegen in Deutschland geltenden Verbote nach dem Embryonenschutzgesetz und dem Adoptionsvermittlungsgesetz gehandelt. Diese bewusste Umgehung der nationalen Gesetze durch Ausnutzung der Rechtsordnung eines anderen Staates stehe der nachträglichen Anerkennung eines dem deutschen Recht entsprechenden Elternstatus grundsätzlich entgegen. Der deutsche Gesetzgeber habe bei den gesetzlichen Regelungen zur Grenzziehung der Reproduktionsmedizin erkennbar den Schutz der betroffenen Frauen und der gezeugten Kinder vor damit einhergehenden Gefahren kommerziellen Handelns über die Wünsche von Auftraggebern nach Elternschaft gestellt.

Entscheidung in Colorado noch vorGeburt


Die vertraglich vereinbarte kommerzielle Leihmutterschaft verletze in ihrer konkreten Ausgestaltung in mehrfacher Hinsicht den vom nationalen Gesetzgeber verfolgten besonderen Schutz von Kindern und Müttern, womit gerade den Werteentscheidungen des Grundgesetzes zugunsten der Menschenwürde, des Lebens und der Wahrung des Kindeswohls in besonderer Weise Rechnung getragen werden sollte. Neben der konkreten Ausgestaltung der vertraglichen Vereinbarungen sowie der Umstände ihres Zustandekommens sei insbesondere der psychischen Bindung der Schwangeren zu ihren ausgetragenen Kindern nur unzureichend Rechnung getragen worden, da die Entscheidung des US- Gerichts in Colorado ohne Anhörung der Leihmutter und noch vor der Geburt ergangen war.


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