Braunschweig. Wer sich in der Pizzeria Stresa am Bohlweg dieser Tage eine Pizza abholt, bekommt den Pizzakarton aktuell mit einem Hundesteckbrief. Dem Tierheim Braunschweig, welches sich im Zuge der Corona-Pandemie umstrukturieren musste, soll so bei der Vermittlung der Tiere geholfen werden. Dahinter steckt die 21-jährige Reinhilde Beier, Tochter des Inhabers der Pizzeria. Die Idee zu helfen entstand sogar eigentlich aus einer recht traurigen Begebenheit.
"Ich hatte schon vorher Kontakt mit dem Tierheim, weil mein Hund letztes Jahr unerwartet verstorben ist. Und die haben mich da so toll unterstützt, dass ich da unbedingt helfen wollte auf irgendeine Art und Weise", erzählt Beier im Gespräch mit regionalHeute.de. Über Social Media habe sie dann von einer Aktion in Amerika erfahren, bei der ebenfalls Tiere über Fotos auf Pizzakartons beworben worden seien: "Da habe ich mir gedacht, wenn das da funktioniert, kann es auch hier funktionieren."
Reinhilde Beier hatte die Idee für die Pizzakarton-Hunde und hat sich kurzerhand an das Tierheim in Braunschweig gewandt. Foto: Privat
Kurzerhand meldete sich die 21-Jährige beim Tierheim, welches die Idee sofort unterstützte. "Wir haben dann Flyer mit denen fertiggemacht, die kleben die dann an ihre Pizzakartons und liefern die so aus", berichtet Tierheimleitung Verena Geißler. Die Corona-Pandemie hat die Tiervermittlung im Heim völlig umgekrempelt. Für die Laufkundschaft ist das Tierheim trotz Lockerungen noch immer geschlossen. "Wir müssen ja Auflagen erfüllen, wenn wir wieder öffnen wollen - das kriegen wir hier nicht hin. Einbahnstraßen, Mindestabstände, dafür bräuchte man Personal um das zu kontrollieren, das ist für uns schwer umsetzbar. Außerdem haben wir gerade noch eine Baustelle, dadurch fällt noch mehr Platz weg", erzählt Geißler.
Das Tierheim sei daher auf gezielte Einzelvermittlungen umgestiegen. Alle Tiere seien auch im Internet zu finden. Wer Interesse hat, bekomme vorher eine telefonische Beratung. "Und die, die dann herkommen, nehmen meistens auch einen Hund mit. Insgesamt läuft die Vermittlung gut", so Geißler. Im späteren Verlauf könne man die Aktion auch auf Katzen-Steckbriefe ausweiten: "Wir haben nur im Moment so wenig Katzen wie noch nie, das ist auch etwas ungewöhnlich. Deshalb machen wir erstmal mit den Hunden weiter!"
Aufmerksamkeit fürs Tierheim
Trotz dass man mit der gezielten Vermittlung aktuell sehr gut fahre, hätten die Pizza-Hunde vielfältige positive Effekte, glaubt Geißler. Sie hofft sogar, dass andere Pizzerien sich der Idee anschließen: "Die, die sonst immer mal so gucken, denken sich dann vielleicht auch 'Ein Bekannter wollte doch einen Hund, das könnte vielleicht passen'. Es ist einfach eine schöne Aktion, die auf das Tierheim aufmerksam macht. Sowas brauchen wir auch."
Die Pizzeria richte sich laut Beier ganz nach den Bedarfen des Tierheimes. "Die Aktion läuft, solange das Tierheim möchte", freut sich die 21-Jährige über die positive Resonanz: "Hauptsache, es wird was vermittelt. Ich würde mich schon freuen, wenn nur ein Hund oder eine Katze ein neues zu Hause finden würden."
Komische Corona-Effekte
Völlig unerklärliche Effekte hatte die Pandemie dennoch auf das Tierheim: "Es kamen kaum neue Tiere rein, keine Fundtiere, es wurde gar nichts abgegeben. Wir haben ja auch viele Tiere, die aufgrund von Allergien abgegeben wurden. Aber auch das ist alles weggefallen. Diese Tatsache können wir uns einfach nicht erklären."
Das Tierheim hat seine Tore im Zuge der Pandemie für den Publikumsverkehr geschlossen. Die ehrenamtlichen Spaziergänger gehen nicht mehr mit den Tieren - das Erledigen jetzt die Tierpfleger. Eine Mehrbelastung sei dies jedoch nicht, wie Geißler schildert: "Wir arbeiten im Schichtsystem. Das brauchen wir auch. Denn wenn ein Verdachtsfall auftritt, muss ja immer noch jemand hier sein der die Tiere versorgen kann. Jetzt ist 14 Stunden am Tag jemand hier. Die Tiere haben dadurch überhaupt keine Nachteile. Wir haben ja jetzt mehr Zeit dadurch, dass die Laufkundschaft wegfällt. Die gewonnene Zeit wird dann für die Spaziergänge genutzt."
Verdachtsfall im Tierheim
Wie sehr sich der kontaktlose Schichtdienst auszahlt, habe sich bereits gezeigt. "Wir hatten schon einen Verdachtsfall. Eine Schicht musste für zwei Tage zu Hause bleiben, die andere Schicht hat alleine gearbeitet." Die Verdachtsfälle hätten sich zwar nicht bestätigt, jedoch bewies der Vorfall die Leistungsfähigkeit des Schichtsystems. Selbst wenn in beiden Schichten Verdachtsfälle aufträten, gebe es einen Plan B: "Ich wohne ja hier auf dem Gelände. Im schlimmsten Fall wären zwei bis drei Pfleger bei mir eingezogen. Die könnten zwar nicht vom Gelände, aber es würde funktionieren."
Noch bestehen keine Pläne, wieder für die Laufkundschaft zu öffnen. Man überlege, auch den Juli noch mit der gezielten Vermittlung zu fahren. Die Sachkundeprüfung für Hundehalter wird statt im zweiwöchigen Rhythmus mit zwölf Personen nun im wöchentlichen Rhythmus mit sechs Personen angeboten.
mehr News aus Braunschweig