Braunschweig. Im Amtsgericht Braunschweig mussten sich am gestrigen Montag zwei 36-jährige Männer verantworten, weil sie in einer Kneipe in der Friedrich-Wilhelm-Straße in Braunschweig einen 56-jährigen Rentner beraubt haben sollen. Erst am Freitag stand die Kneipe aufgrund einer angeblichen Messerstecherei im Fokus der Öffentlichkeit.
Von Klaus Knodt
„Ich stand am Spielautomaten. Die Beiden kamen zur Tür rein. Fragt mich der eine, ob ich ihm zehn Euro leihe. Habe natürlich ‚Nein’ gesagt. Da schubst mich der andere zur Seite und droht: ‚Keinen Schritt weiter, sonst schlage ich dir den Schädel ein." Der Erste habe währenddessen den Spielautomaten gestoppt und das Guthaben, einen Zehner, „rausgedrückt“. Dann seien die Räuber getürmt, fasst der Rentner den so empfundenen Überfall in knappen Worten zusammen. Das Ganze geschah mitten während der Öffnungszeit und ohne, dass irgendein anderer Gast etwas davon mitbekam.
Angeklagter war drogensüchtig
„Der Eine“ – das war der heute 36-jährige, arbeitslose Mechaniker C. ohne abgeschlossene Lehre. Nach eigener Angabe alkohol-, drogen- und spielsüchtig. „Was nehmen Sie denn so?“, will Richterin Mahler wissen. Der kräftige Angeklagte in grauem Pullover, schwarzer Jeans und schwarzen Turnschuhen nuschelt vor sich hin: „Alkohol, Kokain, Amphetamine, Cristal und auch schon mal Heroin“. 13 Vorstrafen hat er wegen Beschaffungskriminalität, Schwarzfahren, Körperverletzung und Bedrohung. Dazu Bewährung bis 2020. Mehrere Suchttherapien blieben wirkungslos.
„Und was war da jetzt am Spielautomaten?“, will die Richterin wissen. Der Angeklagte: „Ich hab’ während des Spiels seinen Automaten hochgedrückt und zu dem Rentner gesagt: Lass uns den Gewinn teilen. Das ist unter uns Zockern so üblich.“
Schon 17-Mal verurteilt
„Der Andere“ ist der auch 36-Jährige A. deutsch-türkischer Abstammung. Dreimal Jugendarrest, insgesamt 17-Mal rechtskräftig verurteilt wegen Diebstahl, Raub, Hehlerei, Körperverletzung, versuchter räuberischer Erpressung, Drogendelikten. Mit einst mondänem Ziegenbärtchen gibt er vor Gericht den Wortkargen. Er sei in der Kneipe lediglich auf Toilette gewesen und habe sich danach mit der Thekenbedienung gestritten. Dann sei der Rentner auf ihn zugekommen. „Ich dachte, der will mir wegen dem Streit mit der Tresentante an den Kragen“, behauptet der drahtige Mittdreißiger in Kapuzenpullover und schwarzer Jogginghose. „Ich hab’ mich echt bedroht gefühlt.“ Nur zum eigenen Schutz habe er deshalb zu dem Rentner gesagt: „Keinen Schritt weiter, sonst hau ich dir den Schädel ein“. Von den Vorgängen am Spielautomaten habe er nichts mitbekommen.
Kellnerin: „Teilen gibt’s hier nicht.“
Die Staatsanwaltschaft hatte beide Männer wegen gemeinschaftlichen Raubes angeklagt – doch aufgrund der dünnen Zeugendecke fiel die Anklage rasch in sich zusammen. Die Kellnerin (39) hatte nur gesehen, dass einer der Angeklagten einen Geldschein aus dem Automaten nahm. Immerhin war sie sich sicher: „Dass hier zwei an einem Automaten spielen und sich den Gewinn teilen, das gibt’s bei uns nicht. Und Geld verliehen wird hier auch nicht, weil man das nicht wiederkriegt.“ Weitere Tatzeugen in der gut besuchten Kneipe: Fehlanzeige.
Hochgerechnet 1,7 beziehungsweise 2,8 Promille hatten beide Angeklagten während der Tat intus, und der geschädigte Rentner war auch nicht mehr ganz nüchtern. Zwei Jahre nach dem Geschehen verwickelte er sich im Zeugenstand zunehmend in Widersprüche zu früheren Aussagen vor der Polizei, wie die Verteidiger Michael Hoppe und Geraldine Wille-Laaß nachwiesen. So kam die Staatsanwaltschaft mit ihren Anträgen auf Freiheitsstrafen ohne Bewährung nicht durch.
Milde Strafen auf Bewährung
Das Schöffengericht verurteilte A. zu fünf Monaten Haft auf Bewährung wegen Bedrohung und Nötigung, weil er dem Rentner angedroht hatte, ihm „den Schädel einzuschlagen“. C. bekam ein Jahr auf Bewährung wegen Diebstahls, weil er den Zehner aus dem Automaten mitgehen ließ und sich wegen einiger weiterer Diebstähle (Parfum, Schnaps, Zigaretten) zusätzlich verantworten musste. Die hatte er immerhin glatt zugegeben – denn er war auf frischer Tat ertappt worden.
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