Rassistischer Facebook-Post: Kündigung durch Arbeitgeber ist erlaubt

von Sina Rühland


| Foto: Screenshot Facebook Freiwillige Feuerwehr Feldkirchen



Braunschweig. Weil ein Auszubildender bei Facebook gegen Flüchtlinge hetzte, entließ ihn sein Arbeitgeber. Der Braunschweiger Fachanwalt Oliver Kreissel erklärt, wie die arbeitsrechtliche Situation in so einem Fall aussieht.

Als die freiwillige Feuerwehr des österreichischen Ortes Feldkirchen bei hochsommerlichen Temperaturen bis zu 36 Grad eine Wasserdusche für Flüchtlinge errichtete, erntete sie für diese Aktion viel Zuspruch. Prompt folgte die Hetze eines Kfz-Lehrlings. Dieser soll laut Spiegel Online folgendes auf der Facebook-Seite eines Radiosenders gepostet haben: "Flammenwerfer währe (sic!) da die bessere Lösung." Ebenso rasch wie der Kommentar unter dem Foto stand, reagierte auch der Chef des Angestellten – und kündigte ihm.

Wie die arbeitsrechtliche Situation in solch einem Fall aussieht, erklärt Arbeitsrechtler Oliver Kreissel. "Selbstverständlich ‘darf‘ ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer auch wegen hetzerischer Kommentare im Internet kündigen. Sollte sich der Arbeitnehmer gegen eine solche verhaltensbedingte Kündigung nicht mit einer Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen zur Wehr setzen, würde die Kündigung auch unangreifbar bestandskräftig werden, unabhängig davon, wie rechtswidrig oder unhaltbar die Kündigungsgründe auch sein sollten", sagt Kreissel.

Privates Verhalten ist grundsätzlich kein Kündigungsgrund


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RA Oliver Kreissel, Anwaltskanzlei Hohetorwall Foto: privat



Die entscheidende Frage sei, so der Arbeitsrechtler, ob eine Klage eines gekündigten Arbeitnehmers "grundsätzlich" Aussicht auf Erfolg haben könnte, wenn die verhaltensbedingten Gründe außerhalb des Beschäftigungsverhältnisses und des Betriebes liegen. "Und diese Frage kann ich nur uneingeschränkt mit einem deutlichen ‘Ja‘ beantworten", sagt Kreissel. "Denn ‘grundsätzlich‘  – Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel – ist ein rein außerbetriebliches Verhalten des Arbeitnehmers eben nicht geeignet einen außerordentlichen Kündigungsgrund im Sinne von § 626 BGB darzustellen. Denn was der Mitarbeiter außerhalb des Betriebes in seiner Freizeit tut, hat den Arbeitgeber im Grunde nicht zu interessieren."

Hetze muss nicht toleriert werden


Dies gelte der ständigen Rechtsprechung zufolge grundsätzlich selbst dann, wenn soweit ein solches außerbetriebliches Verhalten wohlmöglich strafrechtlich zu sanktionieren wäre. "Das heißt, beispielsweise die Körperverletzung, die Beleidigung oder die Verleumdung, die ein Mitarbeiter außerhalb des Betriebes gegen Dritte verübt, vermögen grundsätzlich eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses jedenfalls nicht zu rechtfertigen, es sei denn, das entsprechende Verhalten wirkt sich unmittelbar oder mittelbar auf den Betrieb und das Beschäftigungsverhältnis aus." Dies könne beispielsweise der Fall sein, wenn ein Angestellter einer Koranschule in seiner Freizeit verbreite, alle Anhänger des Islamischen Glaubens wären Terroristen, weil in dem Fall die Äußerung des Mitarbeiters tatsächlich auf den Arbeitgeber zurückfalle und konkrete Auswirkungen auf die Kunden/Schüler haben könne.

"In jedem Fall aber verbleibt es bei einer Einzelfallbetrachtung des jeweils angerufenen Spruchkörpers, das heißt des Gerichtes, ob durch eine solche hetzerische Äußerung im Privatbereich der Betriebsfrieden und das Vertrauensverhältnis so nachhältig gestört wird, dass dem Arbeitgeber ein Festhalten am Arbeitsverhältnis auch -ohne vorherige Abmahnung- nicht mehr zuzumuten ist." Die gerichtlichen Anforderungen an eine außerordentliche, verhaltensbedingte Kündigung ohne vorherige Abmahnung seien jedenfalls auch schon im innerbetrieblichen Bereich relativ hoch gesteckt, so dass für außerbetriebliches Verhalten eine solche wirklich nur in extremen Ausnahmefällen durch die Rechtssprechung gerechtfertigt sein dürfte, so Kreissel.

Polizei rät sich zu wehren




Joachim Grande, Pressesprecher, Polizei Braunschweig, verweist zudem darauf, das man bei Beleidigungen oder Volksverhetzungen durchaus mit Strafverfahren zu rechnen hätte. "Natürlich werden auch diese Vergehen geahndet. Das Internet ist kein rechtsfreierraum, viele denken mittlerweile, sie könnten sich in der Anonymität des Internets alles erlauben. Wir raten Bürger und Bürgerinnen Screenshots von Kommentaren zu machen und sich an die Polizei zu wenden, sollten Kommentare in diese Richtungen gehen." Für Volksverhetzung drohen Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren. Juristisch würde sich eine Beleidigung in einem Internet-Forum, auf Twitter oder Facebook nicht von einer Beleidigung auf der Straße unterscheiden. Schon vermeintlich harmlose Beschimpfungen wie "Blödmann" oder "Hornochse" wurden schon von Gerichten als Beleidigungen gewertet. Auch hier droht bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe, bei übler Nachrede sogar zwei Jahre oder in beiden Fällen Geldstrafen. Übrigens: Auch Tatsachenbehauptungen können strafbar sein, wenn die Intim- oder Privatsphäre erheblich betroffen ist.


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