„Rosenstraße 76“ mit Braunschweiger Präventionspreis 2025 ausgezeichnet

Der Präventionspreis wurde im Rahmen des 4. Braunschweiger Präventionstag übergeben, bei dem diesmal der Frage "Wie erreichen wir junge Menschen?" nachgegangen wurde.

Die Preisiträger des diesjährigen Braunschweiger Präventionspreises.
Die Preisiträger des diesjährigen Braunschweiger Präventionspreises. | Foto: Daniela Nielsen / Daniela Nielsen

Braunschweig. Die interaktive Dauerausstellung "Rosenstraße 76" in Trägerschaft der Diakonischen Gesellschaft Wohnen und Leben hat den diesjährigen Braunschweiger Präventionspreis erhalten. Das geht aus einer Pressemitteilung der Stadt hervor.



Gewürdigt wird damit eine Initiative, die auf beispielhafte Weise ein Präventionskonzept gegen Häusliche Gewalt umsetzt. Verliehen wird der mit 2.000 Euro dotierte Preis vom Braunschweiger Präventionsrat, der damit die Wichtigkeit unterstreicht, sozialen Problemen durch präventive Maßnahmen zu entgegnen.

Fälle geben Anlass zur Sorge


Wie gegenwärtig das Problem ist, betont Thomas Bodendiek, Leiter der Polizeiinspektion Braunschweig und 1. Stellvertretender Vorsitzender des Gremiums: "Häusliche Gewalt mit all ihren Facetten ist leider ein Phänomen, das uns als Polizei alltäglich zum Eingreifen zwingt. Die hohe Anzahl der bekannt gewordenen Fälle geben Anlass zur Sorge. Mit Prävention vor die Lage zu kommen, ist uns wichtig, weil mit der Gewalt persönliches Leid und gesellschaftlicher Schaden einhergehen." Bodendiek wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass zu über 70 Prozent Frauen Opfer der Gewalt sind und damit auch immer die im Haushalt lebenden Kinder betroffen sind.

Wie weitreichend die Folgen sind, betonte Claudia Becker-Kunze, Leitende Oberstaatsanwältin und Beisitzerin im Präventionsrat, in ihrem Teil der gemeinsamen Laudatio: "Wir wissen, wie unmittelbar sich häuslicher Gewalt für alle einzelnen Familienmitglieder auswirkt. Die Erfahrung, Gewalt hilflos ausgesetzt zu sein, erhöht deutlich die Wahrscheinlichkeit, im weiteren Leben immer wieder Opfer zu sein, aber auch selbst gewalttätig zu sein. Und auch das Risiko von Alkohol- und Medikamentenmissbrauch, an den Anforderungen in Schule und Beruf zu scheitern oder in soziale Vereinsamung zu geraten, ist erheblich höher." Dieses gelte insbesondere für den Lebensweg von Kindern, die in einem System von täglicher Angst und Bedrohung aufwachsen.

Gewalt hat viele Formen


Die Ausstellung zeigt auf, welche unterschiedlichen Formen Gewalt im Zusammenleben einer Familie annehmen kann, und dass häusliche Gewalt nicht erst bei Schlägen, sondern schon sehr viel früher und subtiler anfängt. Dabei schließt die Ausstellung auch das Problem von Gewalt in der häuslichen Pflege älterer Familienangehöriger ein. In den Räumen der Ausstellung, die eine Wohnung mit einer fiktiven Adresse darstellt, wie sie überall in Braunschweig sein könnte, wird den Besucherinnen und Besuchern an vielen Stellen anschaulich, wie sich Kontrolle, Einschüchterung und ein stetiges übergriffiges Verhalten im Lebensalltag widerspiegelt. Neben der Sensibilisierung, Aufklärung und Enttabuisierung eines weithin verdeckten Problems, werden Auswege und Hilfsangebote wie lokale Beratungsstellen aufgezeigt. Hier erhalten Opfer, Angehörige und die, die davon mitbekommen, Unterstützung, die notwendigen Schritte zu gehen.

Bodendiek und Becker-Kunze hoben daher auch in ihren Reden darauf ab, wie wichtig es ist, das Thema gesamtgesellschaftlich anzugehen und lobten die hervorragende Zusammenarbeit mit den lokalen Netzwerkpartner, die im Runden Tisch Häusliche Gewalt eingebunden sind.

Die Preisträgerinnen und Preisträger (v.l.n.r.): die beiden Koordinatorinnen Antonia Marienfeld und Stefanie Kuper sowie Michael Bahn für den Träger Diakonische Gesellschaft Wohnen und Leben.
Die Preisträgerinnen und Preisträger (v.l.n.r.): die beiden Koordinatorinnen Antonia Marienfeld und Stefanie Kuper sowie Michael Bahn für den Träger Diakonische Gesellschaft Wohnen und Leben. Foto: Stadt Braunschweig / Daniela Nielsen



Antonia Marienfeld und Stefanie Kuper sind die Koordinatorinnen der Ausstellung "Rosenstraße 76" bestätigen, wie wichtig ihnen die großartige Unterstützung ist: "Es fühlt sich gut an, so ein starkes Netzwerk im Rücken zu wissen, mit denen wir die weiteren Schritte gemeinsam gehen werden. Ein besonders großer Dank gilt an dieser Stelle auch unserem Team an Ehrenamtlichen, ohne deren Engagement eine Umsetzung in dem Maße gar nicht möglich wäre." Und sie sind stolz auf das, was sich seit Eröffnung der Ausstellung im April 2024 getan hat: "Seither konnten wir bereits knapp 3.000 Besucherinnen und Besucher erreichen. Besonders freuen wir uns über den regen Austausch mit Schülerinnen, Schüler und das positive Feedback der Lehrkräfte, die uns besucht haben. Zu mehr als der Hälfte der Braunschweiger Schulen pflegen wir schon jetzt gute Kontakte und freuen uns auf alle Weiteren, die folgen werden."

Führung durch die Ausstellung


Wer die Ausstellung im Bruchtorwall 6 in der Braunschweiger Innenstadt besuchen möchte, kann sich auf der Website https://www.diakonie-dwb.de/rosenstrasse-76 über das Kontaktformular anmelden. Der Besuch findet in Form einer begleiteten Gruppenführung von zehn bis maximal 30 Personen statt. Gut bewährt hat sich, dass Lehrkräfte, die mit ihren Klassen die Rosenstraße 76 besuchen wollen, zunächst im Rahmen eines Fortbildungsangebots geschult werden. Die Termine für die Lehrkräfte-Fortbildungen sind ebenfalls der Webseite zu entnehmen. Angesichts der hohen Nachfrage ist aktuell jedoch mit einer Wartezeit von mindestens zwei Monaten zu rechnen.

Für interessierte Einzelpersonen werden in regelmäßigen Abständen auch öffentliche Führungen angeboten, die sowohl auf der Webseite als auch auf dem Instagram-Kanal @rosenstrasse76.bs angekündigt werden.

Der Präventionspreis wurde im Rahmen des 4. Braunschweiger Präventionstag übergeben, bei dem diesmal der Frage "Wie erreichen wir junge Menschen?" nachgegangen wurde. Das Jugendbüro mit einer Stadtteilorientierung, der VfL Wolfsburg mit einer Kampagne gegen Bashing und Shitstorm sowie die Polizei Hannover mit ihrem Social Media-Kanal auf Twitch stellten ihre Ansätze dar und zeigten auf, wie sie in Teilen neue Wege gehen, um ihre Zielgruppe zu erreichen.