Braunschweig. Anlässlich des 100. Jahrestages der Novemberrevolution in Braunschweig zeigt das Schlossmuseum die Sonderausstellung „Revolution. Abdankung. Schloss.“, die ab dem 30. Oktober 2018 für Besucher geöffnet ist. Die Ausstellung ist Teil des Gesamtprojektes „Vom Herzogtum zum Freistaat.
Braunschweigs Weg in die Demokratie“ und widmet sich ausführlich den spannenden Ereignissen der Revolution und deren Folgen im Braunschweiger Schloss. Dabei stehen neben der originalen Abdankungsurkunde auch die Protagonisten und Betroffenen des historischen Ereignisses im Mittelpunkt: Die Revolutionäre, der Herzog, die Bediensteten und das Schloss selbst. Vom Sonderausstellungsraum über Arbeits- und Audienzzimmer über den Grünen Salon und den Weißen Saal sind in nahezu allen Räumen des Schlossmuseums Stationen der Sonderausstellung zu sehen.
Die Abdankung Herzog Ernst Augusts am 8. November 1918 war die erste Abdankung des Kaiserreiches und das Ende der Monarchie in Braunschweig. Ein Arbeiter- und Soldatenrat übernahm die Macht und das Braunschweiger Schloss. Der Herzog dankte friedlich ab. „Es ist zu betonen, wie friedlich die Revolution in Braunschweig vollzogen wurde. Selbst in den folgenden Wochen gab es einen höflichen Briefaustausch zwischen den neuen und den alten Machthabern“, erklärt Dr. Ulrike Sbresny. Die Museumsleiterin und Kuratorin macht jedoch deutlich, dass das Ereignis dennoch äußerst spannend war, was in der Ausstellung in vielen Archivalien nachzulesen ist. Gezeigt werden unter anderem mehrere Berichte, die sich mit den Vorgängen im Schloss beschäftigen, als sechs Männer des Arbeiter- und Soldatenrates den Herzog zur Abdankung zwangen. Je nach Perspektive und abhängig davon, wann die Erinnerung an das Ereignis niedergeschrieben wurde, weichen die Berichte etwas voneinander ab. „Wir möchten gerade diese interessanten Perspektivwechsel deutlich machen und haben die verschiedenen Berichte daher einander gegenübergestellt. Die Schreibmaschinen aus der jeweiligen Zeit zeigen auf den ersten Blick, dass manche Erinnerungen erst Jahrzehnte nach dem Ereignis verfasst wurden.“, erklärt Ulrike Sbresny. Auch die Abdankungsurkunde selbst – zweifellos das Hauptexponat der Ausstellung – hatte eine bewegte Geschichte: Sie wurde zeitweise polizeilich gesucht. Die Sonderausstellung des Schlossmuseums geht auch auf diese interessanten Details ein.
Blick in den Weißen Saal mit der Thematik der Nachnutzung des Schlosses.
Foto: M. Kruszewski/Schlossmuseum
Die Folgen der Abdankung für die Revolutionäre, die herzogliche Familie, die Bediensteten und das Schloss werden durch Fotografien, Dokumente und weitere Exponate vermittelt. Die Delegation des Arbeiter- und Soldatenrates und Mitglieder der Volksmarinedivision, die im Schloss stationiert war, sind auf Fotografien zu sehen und der Besucher kann erfahren, welche Maßnahmen die neuen Machthaber ergriffen. Private Dokumente der Welfenfamilie aus dem welfischen Hausarchiv – wie Briefe und Telegramme – belegen die Haltung des Herzogs im direkten Vorfeld und in den Tagen nach der Revolution. „Besonders freuen wir uns neben diesen kostbaren Leihgaben auch über Leihgaben von Privatpersonen.“, betont Museumsleiterin Dr. Ulrike Sbresny, „Beispielsweise ermöglicht uns eine Mappe mit Unterlagen zum Werdegang des Kanzleirates Grebe einen seltenen Einblick in das Leben eines Hofbediensteten.“ Zusammen mit Fotografien und Postkarten sowie Aktenmaterial aus dem Niedersächsischen Landesarchiv – Standort Wolfenbüttel ist es für den Besucher möglich, auch diese Seite des Schlosslebens kennen zu lernen. Die neue Regierung versuchte dabei, möglichst viele Schlossbedienstete in den Staatsdienst zu übernehmen, wobei jedoch teils völlig neue Beschäftigungen angenommen werden mussten.
Am augenscheinlichsten ist der Wandel vom Herzogtum zum Freistaat am Beispiel des Schlosses selbst. Kuriose und eindrucksvolle Exponate von einem Schlittengeläut des herzoglichen Marstalls – einer Leihgabe des Braunschweigischen Landesmuseums – über Vogelkästen und einen Steinbock des Naturhistorischen Museums und Stühlen der Kammerspiele bis zu Grafiken des Künstlers Lyonel Feininger wird die umfangreiche kulturelle Nutzung des Schlosses in den 1920er Jahren thematisiert. Ein Porträtgemälde des Historikers Ernst August Roloff, das als Leihgabe von Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel in der Ausstellung zu sehen ist, würdigt dessen Bedeutung beim Aufbau des Seminars für Geschichte, das ebenfalls zeitweise im Schloss angesiedelt war. Auf Raumplänen ist die gesamte Schlossnutzung für den Besucher nachvollziehbar.
Zur Ausstellung im Schlossmuseum ist eine Begleitbroschüre entstanden, die von den Revolutionären bis zum Bediensteten die verschiedenen Perspektiven wie in der Ausstellung nachzeichnet. Ein Begleitprogramm bietet Themen- und Kostümführungen, beispielsweise mit dem Revolutionsführer August Merges oder vom Schloss bis ins Rathaus an. Vorträge über die Abdankungsurkunde, das Naturhistorische Museum, die Verbindung von Revolution und Kirche sowie die Nachnutzung des Schlosses finden ebenso statt wie Taschenlampen- und Kinderführungen. Für Kinder liegt eine Kinderrallye zum Besuch bereit.
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