Stadt Braunschweig will All-Gender-Toiletten einführen

Bei nach ausschließlich männlich und weiblich getrennten Räumlichkeiten bestehe die Gefahr der Diskriminierung.

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Das Angebot für Damen und Herren ist bald nicht mehr ausreichend. Symbol
Das Angebot für Damen und Herren ist bald nicht mehr ausreichend. Symbol | Foto: Pixabay

Braunschweig. Seit geraumer Zeit gibt es in Deutschland ganz offiziell nicht mehr nur Frau und Mann. Der Geschlechtseintrag „divers“ ist anerkannt. Auf die Situation der öffentlichen Toiletten hat sich das allerdings noch nicht ausgewirkt. Das soll sich in Braunschweig ändern, wie aus einer Mitteilung der Verwaltung an den in der kommenden Woche stattfindenden Schulausschuss hervorgeht.



WC-Anlagen sollten in öffentlichen Einrichtungen für alle Menschen nutzbar gemacht werden, heißt es in der Vorlage, die zunächst nur über das Thema in Kenntnis setzt. Bei nach ausschließlich männlich und weiblich getrennten Räumlichkeiten bestehe die Gefahr der Diskriminierung von Menschen mit einem Erscheinungsbild, das nicht in die gängigen Geschlechterbilder passe. Trans- und intergeschlechtliche Menschen würden nicht selten Beleidigungen, Raumverweise und sogar Gewaltandrohungen erfahren, heißt es seitens der Stadt.

Einem Rechtsanspruch zuvorkommen


Mit Anerkennung des Geschlechtseintrages „divers“ sei die Prüfung von sanitären Anlagen in allen städtischen Bestandsgebäuden auf All-Gender-Toiletten nötig. Sie sollte in Braunschweig vorausschauend erfolgen, um Kosten, die durch die Durchsetzung eines möglichen Rechtsanspruchs entstehen könnten, aufzufangen. Diese Überlegungen sollten bei der Konzeption von Neu- oder Umbauten der Stadt Braunschweig als Grundlage dienen und dabei immer bedarfsgerecht mit den Nutzern abgestimmt werden.

Die Niedersächsische Bauordnung sehe bereits jetzt die Einrichtung einer All-Gender-Toilette bei Neubauten vor. Die erforderlichen Toiletten müssten in einem von anderen Räumen vollständig baulich abgeschlossenen Raum mit Waschbecken angeordnet und so gekennzeichnet sein, dass sie von Frauen und Männern und von Personen, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen, genutzt werden können. Allerdings sei es nicht zwingend vorgeschrieben, dass es nach Männern und Frauen getrennte Toilettenräume geben müsse. Es reiche, wenn eine getrennte Nutzung möglich sei, klärt die Stadt weiter auf.

Möglichst pragmatische Lösungen


Von daher wolle man für die Bestandsgebäude prüfen, inwiefern eine pragmatische, organisatorische und damit kostengünstige Lösung für die Einrichtung von einzelnen WCs für alle Geschlechter möglich sei. So könnten Toilettenanlagen, die mit je einem WC-Becken und gegebenenfalls einem zusätzlichen Urinal ausgestattet sind, einfach umgewidmet werden. Eine relativ einfache Variante sei auch die Umbenennung von baubedingt geeigneten Einpersonenanlagen in schlichtweg „WC“ oder die Nutzung eines ausgewählten, geschlechtsneutralen Piktogramms.

Sollten ausschließlich Mehrpersonenanlagen verfügbar sein, sollte geprüft werden, ob eine davon als All-Gender Toilette genutzt werden könne, und welche Umbauten dazu nötig wären. Die voraussichtlich größte Herausforderung würden Schulgebäude darstellen. Laut Studien würden sich 4 Prozent der Generation Z (geboren nach 1996) weder dem männlichen, noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen. Wie bei allen anderen städtischen Gebäuden sei die bedarfsgerechte, individuelle Prüfung einer Umsetzung an den Schulen notwendig. Gegebenenfalls sei eine kostengünstige Einrichtung von All-Gender-Toiletten in Bestandsgebäuden nicht in allen Schulen ohne weiteres möglich.

4 Prozent All-Gender-Toiletten


Einfacher stellt sich die Situation bei Neubauten dar. Belastbare Untersuchungen hätten ergeben, dass langfristig mit einem Bedarf von zirka 4 Prozent All-Gender-Toiletten bezogen auf die Gesamtbevölkerungsstruktur zu rechnen sei. Hieraus werde abgeleitet, dass bei Neubauten von vornherein eingeplant werden sollte, neben 96 Prozent herkömmlichen geschlechtergetrennten Toiletten, 4 Prozent All-Gender-Toiletten einzuplanen, um nachträgliche kostenintensive Umbauten zu vermeiden.


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