Braunschweig. Die Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst gehen weiter. Eine Einigung konnte bislang nicht erzielt werden. Nach Aufruf von Verdi wurde auch am städtischen Klinikum Braunschweig (skbs) die Arbeit niedergelegt. Eigentlich sollten die Maßnahmen noch krasser ausfallen, das Klinikum hatte sich im Vorfeld allerdings ans Amtsgericht gewandt und eine ausgeweitete Notversorgung per einstweiliger Verfügung erwirkt. Dafür gab es nun Kritik. Wurde das Streikrecht der Beschäftigten beschnitten? Das Klinikum äußerte sich zu dem Vorwurf.
Auf eine Notdienstvereinbarung hatten sich Klinikum und Verdi im Vorfeld nicht einigen können. Verdi forderte harte Maßnahmen, so hätten auch die Unfallchirurgie und die Urologie ihre Arbeit einstellen sollen, kritisiert das Klinikum, machte aber klar, dass man sich hinter die Beschäftigten stellen würde. Dass das Streikrecht der Beschäftigten durch eine einstweilige Verfügung bewusst eingeschränkt worden wäre, sei eine Falschinformation.
Verdi-Landesleiter Detlef Ahting hatte sich folgendermaßen geäußert: "Wir kritisieren den Sonderweg des Klinikums Braunschweig scharf. Beschäftigte werden damit an einer verantwortungsvollen Ausübung ihres Streikrechts gehindert."
Das Klinikum macht klar: "Als skbs unterstützen wir unsere Beschäftigten bei ihren berechtigten Streben nach besseren Tarifverträgen. Hierzu zählen insbesondere auch die laufenden Streikmaßnahmen am Klinikum. In Streikphasen wie jetzt muss eine Patientenversorgung sowohl bei Notfallpatienten als auch bei dringlichen medizinischen Fällen gewährleistet sein."
Gesetzlich nicht vertretbar
Die Forderung "Keine stationäre Patientenversorgung durch null Pflegepersonal im Bereich der Urologie und Unfallchirurgie" während der Streikphase sei mit der Gesetzeslage nicht vereinbar. Diese Forderung durch Verdi Braunschweig sei der Grund der einstweiligen Verfügung gewesen, erklärt das Klinikum.
Das Arbeitsgericht Braunschweig habe beide Parteien, die Streikleitung von Verdi Braunschweig und die Betriebsleitung vom Klinikum Braunschweig, am 21. März vor Gericht angehört. Das Klinikum erläutert: Gerichte seien staatliche Institutionen, die über zivilrechtliche Anklagen in einem förmlichen Verfahren entscheiden. In dem förmlichen Verfahren wurde der Ansicht des Klinikums am Ende gefolgt.
Wer hat mehr recht?
Bei der Entscheidung sei es unter anderem um die praktische Konkordanz gegangen. Also um das Abwägen zweier miteinander konkurrierender Grundrechte. In diesem Fall waren dies das Grundrecht auf eine Versorgung angewiesener Personen, insbesondere dem Grundrecht auf Schutz vor Leben und körperlicher Unversehrtheit, und das Grundrecht der Koalitionsfreiheit - dessen Schutzbereich auch Arbeitskampfmaßnahmen einschließlich der Durchführung von Streiks erfasst, die auf den Abschluss von Tarifverträgen gerichtet sind.
Das Amtsgericht Braunschweig habe in seiner Entscheidung das Grundrecht der Patienten für eine adäquate Versorgung höher bewertet als das Grundrecht des einzelnen Individuums bei einer Arbeitskampfmaßnahme zu streiken.
Keine Untersagung des Streikrechts
Mit der Entscheidung sei das Streikrecht zu keinem Zeitpunkt untersagt worden. "Gerichtlich wurde lediglich verfügt, dass die Einrichtung eines Notdienstes umzusetzen ist", so das Klinikum in einer Stellungnahme.
Die Betriebsleitung vom Klinikum Braunschweig distanziere sich von den Anschuldigungen der Verdi Braunschweig. Das Streikrecht der Beschäftigten werde durch die Betriebsleitung sogar unterstützt.
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