Braunschweig. Es soll friedlich in der Schule sein. Deswegen wollte Alina Streitschlichterin werden. Sie und knapp 280 weitere Schülerinnen und Schüler zwischen acht und 20 Jahren haben am Donnerstag beim Tag der Streitschlichter im C1 Cinema teilgenommen, wo das ehrenamtliche Engagement auf dem Schulhof gewürdigt wurde.
Mit Workshops, Spielen, Kinofilmen und einer Ehrung hat das Netzwerk gegen Gewalt, ein Zusammenschluss von rund 60
Personen und Institutionen aus dem Bereich Gewaltprävention und Beratung, den Tag ausgerichtet. "Das ist eine echt super Würdigung für die Kinder und Jugendlichen", sagt Silke Grelle, Lehrerin an der Grundschule Rautheim. Denn die Schülermediatoren, Konfliktlotsen oder Streitschlichter opfern einen Gutteil ihrer Zeit für ihr Engagement, sind aber öffentlich kaum sichtbar.
"Die Schüler sollen hier Spaß haben und das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie wichtig sind", sagt Thomas Seliger vom Fachbereich Kinder, Jugend und Familie und Geschäftsführer des Braunschweiger Präventionsrats. "Es ist wichtig, dass sie weiter motiviert sind", betont er.
Zumindest die Kleinen sind das noch, wenige Tage nach ihrer Ausbildung zu Konfliktlotsen. Die Drittklässler der Grundschule Rautheim machen aus ganz unterschiedlichen Gründen bei dem Programm mit. Alina, die sich einfach Frieden wünscht, steht da neben Florian, dessen zwei große Schwestern auch schon Streitschlichterinnen waren, und neben Melina, die einfach findet, dass es Spaß macht, anderen Menschen beim Lösen ihrer Konflikte zu helfen.
Aber viele bleiben bis zum Schulabschluss engagiert, manche sogar darüber hinaus. Lukas Fischer ist 19 und macht gerade sein Freiwilliges Soziales Jahr am Gymnasium Raabeschule. Seit der 8. Klasse war er Schülermediator. Damit hat er nicht nur anderen geholfen, erzählt er, sondern auch sich selbst: "Man geht gelassener mit Situationen um und merkt auch, wenn man selbst zu weit geht - man beobachtet viel mehr, was das eigene Handeln bei anderen bewirkt."
Alleine die Ausbildung sei schon empfehlenswert, für alle Schüler, findet Lukas. "Es hilft Leuten, die unsicher sind und lernen wollen, mit Menschen umzugehen - ob man dann auch als Streitschlichter arbeiten will, muss jeder selbst wissen", rät er.
Darin ist er sich mit Jutta Sengpiel einig. Sie ist Regionalbeauftragte für Prävention und Gesundheitsförderung für Schülerinnen und Schüler bei der Landesschulbehörde und sie rät, alle Schüler im Blick zu haben. "Es ist gute Praxis, die Schüler aufzunehmen, die auf den ersten Blick nicht die Artigsten zu sein scheinen", sagt sie. "Diejenigen haben schon selbst einen richtigen Gewinn." Es sei eine gute Art, Anerkennung von der Schulgemeinschaft zu erreichen.
Uneingeschränkt ist die aber nicht. Es gebe auch genug Schüler, die mit den "Sozialfuzzis" nichts anfangen könnten, erzählt Monika Knospe vom Gymnasium Raabeschule. Konflikte nicht allein lösen zu können, empfänden einige Schüler als Schwäche und wollten sich nicht helfen lassen. "Im Grunde ihres Herzens finden das viele Schüler richtig gut", sagt Knospe. Das zeige sich auch darin, dass die Streitschlichter auch im persönlichen Umfeld öfter zu Rate gezogen würden.
Abgesehen vom Freundeskreis bringe das Streitschlichter-Sein auch Vorteile für den Job: "So ein Zertifikat, wie wir es den Schülern heute überreichen, ist eine echte Eintrittskarte", glaubt Jutta Sengpiel. "Wer das Jahre lang gemacht hat, muss ja seine Sozialkompetenz gar nicht mehr anders beweisen."
Auch für die Lehrer, die sich in diesem Bereich engagieren oder als Mediatoren haben ausbilden lassen, gab es am Donnerstag Programm: Bei einem Pädadogischen Café konnten sie sich über ihre Methoden austauschen.
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