TU Braunschweig beteiligt sich an Entwicklung von Pumpspeicherkraftwerken

Energie aus Windkraft speichern und Stomnetze stabilisieren

Innenansicht eines Turbinenhauses, Laufwasserkraftwerk Weser.
Innenansicht eines Turbinenhauses, Laufwasserkraftwerk Weser. | Foto: Nils Goseberg/TU Braunschweig

Braunschweig. Der Energieverbrauch von Industrie und Privathaushalten fällt oft nicht zeitlich mit der Energieerzeugung durch Wind, Sonne oder Wasser zusammen. In Ländern mit großen topographischen Höhenunterschieden helfen traditionelle Pumpspeicherkraftwerke, die Energie nach Bedarf zwischenzuspeichern. Das Projekt ALPHEUS, an dem auch die Technische Universität mit zwei Instituten beteiligt ist, arbeitet nun an Lösungen, damit auch Gebiete im Flachland von dieser eigentlich bekannten Technologie profitieren können. Dies teilt die TU Braunschweig mit.


Derzeitige Stromnetze seien nicht in der Lage, die Schwankungen erneuerbarer Energiequellen wie der Windenergie abzufangen, ohne auf fossile Kraftwerke mit Ausstoß von klimaschädlichem CO2 zurückzugreifen. In Bergregionen wie den deutschen Mittelgebirgen und den Alpen würden zu diesem Zweck Pumpspeicherkraftwerke (PSK) eingesetzt. Dabei werde Wasser bei überschüssiger Stromerzeugung in Speicherbecken auf höhere Topographie gepumpt. Bei steigendem Stromverbrauch fließe das Wasser durch Turbinen wieder zu Tal. Dieses Verfahren sei die derzeit am besten ausgereifte und kostengünstigste Art der Energiespeicherung.

Was aber machen Länder wie die Niederlande und Belgien? Sie würden nicht über die für PSK erforderliche natürliche Topografie mit großen Höhenunterschieden in der Landschaft verfügen. Das Energie-Backup bestehe somit fast ausschließlich aus fossilen Brennstoffen und Wärmekraftwerken. Trotz großer Fortschritte in der Batterieforschung hinsichtlich Effizienz und Anfangskosten würden Lithiumionenbatterien nicht als Speicheralternative gelten. Ihre Lebensdauer stehe verglichen mit der für die Herstellung benötigten Energie in einem deutlich schlechteren Verhältnis als bei PSK.

Passende Pump-Turbinen-Technologie fehlt bislang


Die größte Herausforderung für die breite Etablierung von Pumpspeicherlösungen sei das Fehlen einer geeigneten RPT-Technologie (Reversible Pump-Turbine), die sowohl im Pump- als auch im Turbinenbetrieb bei niedrigen Förderhöhen effizient arbeiten könne. Im Rahmen des Forschungsprojekts ALPHEUS würden deshalb Forscherinnen und Forscher aus den Disziplinen Maschinenbau, Elektrotechnik, Bauingenieurwesen und Fischökologie zwei neue RPT-Prototypen entwickeln.

Auswirkungen auf die Stabilität des Stromnetzes


In Bereich der elektrotechnischen Entwicklung arbeite die TU Braunschweig zusammen mit der Universität Gent (Belgien) und der Universität Uppsala (Schweden). Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Institut für Hochspannungstechnik und Elektrische Energieanlagen (elenia) an der TU Braunschweig binden die Einheit zur Stromerzeugung in ein Modell des Stromnetzes ein. Anschließend würden sie dessen Auswirkungen auf das Netz messen. Dies ermögliche eine Bewertung, wie größere Stromnetze auf die dezentrale Energiespeicherung reagieren.

Standortwahl für neue und nachzurüstende Pumpensysteme und Becken


Im Bereich der diese Technologie aufnehmenden Bauwerke arbeite die TU Braunschweig zusammen mit der Universität Stuttgart, der Technischen Universität Delft (Niederlande), dem IHE Delft Institute for Water Education (Niederlande) sowie der Universität Pau (Frankreich) und der Region Adour. Die Partner analysieren Standorte entlang der europäischen Küstenlinien für die Anwendung von PSK. Es würden konzeptionelle Entwürfe für neue und nachgerüstete PSK-Becken mit niedriger Förderhöhe entworfen werden. Eine umfassende Beurteilung der mechanischen, elektrischen und strukturellen Komponenten ermögliche es, die Kosten dieser Systeme zu bestimmen und die Risiken zu bewerten. Tools zur Informations- und Entscheidungsunterstützung werden entwickelt, um das Wissen in die Gesellschaft zu tragen.

Die Forschungsdaten von ALPHEUS würden als Grundlage für die Konstruktion eines vollständigen 50 kW-Modells sowohl der Turbine als auch der Stromgewinnungseinheit (Power take-off, PTO) dienen. Diese Modelle werden im Wasserbaulabor des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau an der TU Braunschweig unter realistischen Förderhöhen- und Strömungsbedingungen gemeinsam mit den Partnern getestet. Die Ergebnisse des Modellversuchs werden in die Weiterentwicklung der mechanischen und elektrotechnischen Komponenten des Projekts zurückfließen, die auf die Auslegung eines 10-MW-Prototyps der RPT-Anlage abzielen. Zum Vergleich: 10 MW ist die Kapazität einer großen modernen Windkraftanlage.


mehr News aus Braunschweig


Themen zu diesem Artikel


Strom Technische Universität Braunschweig