Braunschweig. Unter Leitung der TU Braunschweig nehme ein internationales Forscherteam Sedimentproben vom Bodensee. Dafür komme erstmals ein neues System zum Einsatz, das Bohrtiefen von bis zu 100 Metern ermögliche. Anhand der Sedimentkerne werden die Klima- und Umweltgeschichte in der Region sowie deren Auswirkungen rekonstruiert. Dies teilt die TU in einer Presseinformation mit.
Auf dem Bodensee, circa zwei Kilometer südlich vor Hagnau, untersuchen Forscher den Seeboden mit einem eigens dafür entwickelten "Direct Push“-Beprobungssystem. Die Arbeiten stellen die Überführung und den ersten offiziellen Einsatz von "Hipercorig" dar. Mit diesem weltweit neuen System soll es möglich sein, in 200 Metern Wassertiefe bis zu 100 Meter tief in das Sediment des Seebetts einzudringen. So können Bohrkerne gewonnen werden, um geologische, geochemische und biologische Analysen für Umwelt- und Forschungszwecke durchzuführen. Bisherige Daten beschränken sich auf die letzten 16.000 Jahre seit der letzten Eiszeit. Mit dem neuen System soll bis in die eiszeitlichen Ablagerungen vorgedrungen werden.
Umweltschonender Vortrieb
Die Basis der "Direct Push“-Beprobung sei eine sechs Meter breite und acht Meter lange Plattform. Darauf befinde sich ein Kolbenkernrohr, das mit einem sogenannten Imlochhammer, einer Weiterentwicklung aus dem Berg- und Spezialtiefbau, angetrieben werde. Der eigentliche Vortrieb des Kernstechens erfolge umweltschonend direkt auf dem Seegrund. Die Plattform werde durch Verankerung nach vier Seiten örtlich fixiert. Das gesamte System könne in vier Containern verstaut werden und so weltweit zum Einsatz kommen.
Die Entwicklung des Stechsystems sei gemeinsam von der TU Braunschweig, Institut für Geosysteme und Bioindikation, und der Hochschule Bochum, Internationales Geothermiezentrum, mit Unterstützung des Deutschen Forschungsbohrkonsortiums, GESEP e.V., beantragt worden und werde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert. Die Firma UWITEC aus Mondsee, Österreich, sei mit dem Bau beauftragt worden. Diese Institutionen führen diese Beprobungskampagne mit Unterstützung des Instituts für Seenforschung, Langenargen, gemeinsam durch. Für die Beprobungsarbeiten und die Auswertung habe sich ein internationales Konsortium gebildet. Neben der TU Braunschweig, der Hochschule Bochum und der Firma UWITEC seien an den Arbeiten auf dem See und an den Sedimentkernen das Institut für Seenforschung der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg, Langenargen, die Universität Konstanz, das GeoForschungsZentrum in Potsdam, das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik in Hannover, das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde und die Universität Bern beteiligt.
Internationales Konsortium
Nach erfolgtem Test auf dem Bodensee stehe das mobile Beprobungssystem für nationale und internationale Forschungsvorhaben zur Verfügung. Es werde zukünftig wegen seiner Mobilität in schwer zugänglichen Lokalitäten oder auch entlegenen Regionen kostengünstig einsetzbar sein und eröffne mit seiner methodischen Innovation neue Forschungsqualitäten. Die DFG habe die Entwicklung eines mobilen Mehrkomponenten-Bohrsystems mit 1,1 Millionen Euro (2016-2018) gefördert. Der Abschluss des Projektes sei zum 01. Juli vorgesehen.
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