Braunschweig. Der MacGyver Entrepreneurship Week an der TU Braunschweig ging in die zweite Runde. In dieser sollte es darum gehen mit kreativen Ideen Rollstuhlfahrern den Alltag zu erleichtern. Das berichtet das Entrepreneurship Hub der TU Braunschweig und der Ostfalia Hochschule.
Wie kommen Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer am besten von einem Hörsaal zum nächsten? Wie finden sie barrierefreie Toiletten? Wo können sie ihren Block, ihre Stifte und ihre Smartphones aufbewahren? Was machen sie, wenn der Rollstuhl im Seminarraum nicht an den Tisch passt?
Mit diesen Fragen haben sich Studierende der Fakultät Maschinenbau der Technischen Universität Braunschweig während der MacGyver Entrepreneurship Week des Instituts für Dynamik und Schwingungen und dem Entrepreneurship Hub beschäftigt. Die Teams aus größtenteils Erstsemester-Studierenden hatten vom 23. Oktober bis zum 1. November Zeit, ein Produkt zu entwickeln, das den Alltag von Menschen im Rollstuhl erleichtert. Zum Abschluss der Woche wurden am Freitag, 2. November 2018, ihre Ideen und Konzepte präsentiert und die Teams ausgezeichnet.
In dreiminütigen Pitch-Videos zeigten die Studierenden, wie man ein simples Aufbewahrungsfach marketingtechnisch in Szene setzen kann, wie eine Rückfahrsperre den Rollstuhl fit für schräges Terrain machen kann oder wie ein Regal durch Kombination mit Förderbändern besser erreichbar für Rollstuhlfahrer wird.
Mit dem Rollstuhltisch zum ersten Platz
Fünf Teams zeichneten Professor Georg-Peter Ostermeyer, Leiter des Instituts für Dynamik und Schwingungen und Professor Reza Asghari vom Entrepreneurship Hub im Audimax der TU Braunschweig aus – mit Preisgeldern von insgesamt 3.200 Euro. Mit ihrer App „Wheel-Share“, einer interaktiven Karte für Rollstuhlnutzer, gelangten Lea Schmitt, Julius Räckers und Frank Rachow auf den dritten Platz. Die Karte bildet den gesamten Campus der Carolo-Wilhelmina ab, zeigt an welche Räume und Hörsäle barrierefrei sind und wie weit diese beispielsweise von behindertengerechten WCs entfernt sind. Eine Nabenschaltung haben Max Drexler, Tristan Brack und Henri Kammler für Rollstühle vorgesehen. Ihr Team „Levitas“ erreichte den zweiten Platz.
Die Gewinner-Idee kam von Nils Wehen und Alexander Osten, die mit ihrem Rollstuhltisch Studierenden im Rollstuhl dabei helfen wollen, während der Lehrveranstaltungen problemlos Mitschriften und Notizen anfertigen zu können. Die beiden Studenten investierten während der ersten eineinhalb Wochen ihres Studiums an der TU Braunschweig sehr viel gedankliche Arbeit in die ingenieurtechnische Ausarbeitung ihres Konzepts. „Für einen ersten Prototypen hat die Zeit leider noch nicht gereicht“, so Alexander Osten. Beide Studierenden kommen ursprünglich aus Lüchow-Dannenberg, haben zusammen Abitur gemacht und studieren jetzt Maschinenbau an der TU Braunschweig. Den Fokus ihres MacGyver-Projekts haben sie auf den Uni-Alltag gelegt. „Uns ist aufgefallen, dass es für Rollstuhlfahrer zu wenig Tische gibt, die sie in den Hörsälen und Seminarräumen nutzen können“, sagt Nils Wehen.
Zwei weitere Teams wurden für ihre besondere Kreativität und ihr Engagement ausgezeichnet. Tom Neumann präsentierte in seinem Video gleich mehrere Ideen – vom Zielassistenten über eine Wärmespule im Rückensitz bis zum Rollstuhl-Airbag. Das Team SimpleSolutions von Julien Mayer und Sebastian Sander ging einen komplett anderen Weg. Sie zeigten in ihrem Video, welche Wirkung gutes Marketing und Verkauf haben kann.
Von Studierenden des Ingenieurwesens zu Entrepreneuren
„Auf die Idee kommt es an“, betont Professor Georg-Peter Ostermeyer. Das Unternehmen Baker Hughes hat dabei die finanzielle Unterstützung für die Verleihung der Preisgelder geleistet. Außerdem standen Thomas Stoch und Martin Scheinert vom Integrations- und Therapiezentrum (ITZ) des DRK Wolfenbüttel den beiden Instituten auch dieses Jahr wieder mit ihrer fachlichen Expertise zur Seite.
Bereits während des Wettbewerbs wurden die Projekte vom Entrepreneurship Hub und ConsultOne, der studentischen Unternehmensberatung der TU Braunschweig, hinsichtlich wirtschaftlicher Fragestellungen unterstützt. Bei allen Fragen zur technischen Umsetzung stand das Institut für Dynamik und Schwingungen den Studierenden zur Seite. Die Teams werden auch nach Abschluss des Wettbewerbs weiter betreut. „Wir möchten durch die Verknüpfung von MacGyver mit Entrepreneurship die sozialgesellschaftliche Bedeutung des Ingenieurwesens in das Bewusstsein der Studierenden rufen. Unsere Vision ist es, dass es bald den Maschinenbau 4.0 geben wird, in dem jeder im Verlauf des Studiums eine eigene Idee verfolgt und sich daran versucht“, sagt Professor Georg-Peter Ostermeyer. Auch Professor Reza Asghari betont: „Durch die Kombination der Ingenieurwissenschaften mit Entrepreneurship werden unsere Absolventinnen und Absolventen in der Lage sein, das technische Wissen kreativ und eigenverantwortlich anzuwenden. So werden wir in Zukunft aus unserer Fakultät verstärkt Entrepreneure und Intrapreneure hervorbringen.“
Einen Gewinn gab es für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der MacGyver Entrepreneurship Week: Weil sie sich in die Lage eines Menschen im Rollstuhl hineinversetzten, sind sie auch zukünftig für Problemlösungen und Situationen sensibilisiert und gewappnet.
Der MacGyver-Wettbewerb
Seit mehr als zehn Jahren entwickeln Studierende der TU Braunschweig beim MacGyver Wettbewerb, der von Professor Georg-Peter Ostermeyer initiiert wurde, selbstgebaute Maschinen und Prototypen. 2017 wurde der Wettbewerb weiter entwickelt und mit unternehmerischem Geschick verknüpft: Die MacGyver Entrepreneurship Week entstand. Studierende sollen in kurzer Zeit Problemlösungen für pflegebedürftige Menschen im Rollstuhl entwickeln und diese möglichst marktorientiert umsetzbar gestalten. Die Anwendungsbereiche sind vielschichtig: Treppenstufen, hohe Bordsteine, schmutzige Wege, fehlende Ergonomie – für Menschen im Rollstuhl ist das Leben sehr herausfordernd. Welches Produkt ihr Leben erleichtern kann, war die Frage, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Jahr erneut zu beantworten wussten.
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