Braunschweig. Schüler verteilen 60 mit Nutzpflanzen bepflanzte Reissäcke in der Braunschweiger Altstadt. Nach nicht mal eine Woche sind fast alle Pflanzen geklaut.
„Ich möchte, dass die Pflanzen die Braunschweiger Altstadt grüner machen. Die Bürger sollen die Pflanzen zumindest mit Respekt behandeln und dort wachsen lassen. Naschen ist erlaubt, aber im September wollen wir natürlich ernten und ein Erntedankfest feiern.“ Das war der Wunsch von Julius Dralle, Schüler der 6. Klasse des Gymnasiums Christophorusschule. Bei den Politischen Projekttagen des CJD hatte er sich im Aktionsbündnis Urban Gardening engagiert. Zusammen mit weiteren Schülern befüllte er an zwei Tagen insgesamt 60 Reissäcke im schuleigenen Chancengarten mit Humus und bepflanzte sie Nutzpflanzen wie Kürbis, Tomate oder Erdbeere. Danach ging es auf dem Pritschenwagen in die Braunschweiger Altstadt und die Säcke wurden dort von den Schülern am Bankplatz, auf dem Herzogin-Anna-Amalia-Platz und Wollmarkt verteilt.
Paten hatten sich auf entsprechende Aufrufe in den Medien gemeldet und versprochen, den Sommer über die Pflanzen zu gießen, hegen und zu pflegen. Für Ende September war mit der Ernte ein gemeinsames Politisches Erntedankfest geplant. Bis dahin sollten die Braunschweiger Bürger ganz haptisch erleben können, was Urban Gardening eigentlich ist und für die Zukunft bedeutet. Jetzt gibt es das alles nicht mehr, denn die Pflanzen (Einkaufswert im Fachmarkt: 1 bis 3 Euro inklusive Blumentopf) wurden vor allem am Bankplatz und Wollmarkt von Braunschweiger Bürgern fast komplett aus den Säcken geklaut.
„Ein trauriger Anblick“, findet nicht nur Julius Mutter Anita Dralle. Auch Paten meldeten sich mit vergleichbaren Rückmeldungen zu Wort. „Wir versuchen, unsere Kinder und Jugendlichen zur Verantwortung zu erziehen“, beschreibt Hellert ihr Fazit der Aktion. „Und dann lernen sie an so einem simplen Beispiel, dass erwachsen-sein wohl vor allem bedeutet, für sich selbst zu raffen. Denn ich bin überzeugt, dass diese Pflanzen nicht von Jugendlichen, sondern Menschen mit eigenem Garten oder Kleingarten gestohlen wurden. Wir versuchen immer, das Engagement für die Gemeinschaft zu wecken. In diesem Projekt haben die Schüler die Erfahrung gemacht, dass Egoismus regiert. Hoffen wir, dass es diese jungen Menschen einmal anders machen.“ Wie das geplante Erntedankfest im Herbst jetzt aussehen kann, müssen die Schüler, die Pädagogen und die Paten noch einmal von vorn überlegen. Denn am Thema hat sich natürlich nichts geändert. Hoffentlich kommen trotzdem zu diesem Fest alle zusammen, die solche Arbeit mit jungen Menschen unterstützen wollen und selbst für eine starke Gemeinschaft einstehen. Programm zum Thema Urban Gardening und Einladung zum Erntedankfest werden rechtzeitig veröffentlicht.
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