Braunschweig. Die von der Stadt Braunschweig erteilte Ausnahmegenehmigung für die Öffnung von Verkaufsstellen im Stadtgebiet anlässlich der Veranstaltung „winterkunstzeit“ am Sonntag, 9. Februar, ist aller Voraussicht nach rechtswidrig. Dies hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts am späten Freitagnachmittag entschieden. Das berichtet das Verwaltungsgericht Braunschweig in einer Pressemitteilung.
Das Gericht hat damit einem Eilantrag der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di stattgegeben. Hinsichtlich der anderen drei Sonntage im April, September und November, für die ebenfalls eine Ausnahmegenehmigung erteilt ist, hatte die Kammer das Eilverfahren abgetrennt; dazu wird sie später eine gesonderte Entscheidung treffen.
Wirtschaftliches Interesse der Händler ist kein ausreichender Sachgrund
Nach der Entscheidung des Gerichts ist die Genehmigung der Stadt voraussichtlich nicht mit dem Niedersächsischen Gesetz über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (umgangssprachlich: Ladenschluss-Gesetz) vereinbar. Für jede Ladenöffnung an einem Sonn- oder Feiertag ist nach diesem Gesetz ein dem Sonntagsschutz gerecht werdender „Sachgrund“ erforderlich. Das wirtschaftliche Interesse der Verkäufer und das Erwerbsinteresse potenzieller Käufer („Shopping-Interesse“) reichen grundsätzlich nicht aus. Die für die Ladenöffnung anlassgebende Veranstaltung muss den Sonntag prägen. Die Veranstaltung muss für sich genommen einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, der die Besucherzahlen übersteigt, die bei einer Ladenöffnung ohne die Veranstaltung zu erwarten wären. Die dafür erforderliche Prognose der Stadt ist, so das Gericht, nach summarischer Prüfung fehlerhaft.
"Prognose der Stadt ist fehlerhaft"
Die Stadt hatte sich für ihre Prognose auf Zahlen der zum Verfahren beigeladenen Stadtmarketing GmbH bezogen. Diese hatte ausgeführt, die von ihr durchgeführten Kundenbefragungen zu Veranstaltungswochenenden mit verkaufsoffenen Sonntagen zeigten im Längsschnitt, dass über 50 Prozent der Besucher die Innenstadt wegen der Veranstaltungen besucht hätten. Dem ist das Gericht nicht gefolgt: Die Stadt hätte für ihre Prognose die Kundenbefragung für die Veranstaltung „winterkunstzeit“ im vergangenen Jahr zugrunde legen müssen. Danach haben lediglich gut 25 Prozent der Besucher angegeben, die Stadt allein wegen der Veranstaltung besucht zu haben. Unklar bleibe außerdem, ob die Stadt für ihre Prognose die Verteilung der Besucherströme berücksichtigt habe. Dagegen spreche, dass die Beigeladene die Kundenbefragungen lediglich in der Innenstadt durchgeführt habe, ein Teil der Aktionen jedoch auch in der städtischen Peripherie (zum Beispiel in dort gelegenen Möbelhäusern) stattfinden solle.
Gegen die Entscheidung der Kammer ist das Rechtsmittel der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gegeben.
Stadtmarketing und AAI zeigen sich enttäuscht über das Urteil.
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