Wie der Neandertaler im Harz lebte


Freilegung einer Knochenlage mit eiszeitlichen Tierresten. Foto: J. Lehmann/NLD
Freilegung einer Knochenlage mit eiszeitlichen Tierresten. Foto: J. Lehmann/NLD

Braunschweig/Scharzfeld. Die Einhornhöhle bei Scharzfeld ist der bedeutendste Höhlenkomplex im Harz mit umfangreichen eiszeitlichen Ablagerungen. In dem sogenannten Jacob-Friesengang lassen sich Aufenthalte des Neandertalers aus der Zeit vor über 50.000 Jahren nachweisen. Das teilt die Technische Universität Braunschweig mit.


Die TU forscht gemeinsam mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege, der Gesellschaft Unicornu fossile e. V., der Universität Göttingen, der Freien Universität Berlin und dem Staatlichen Naturhistorischen Museum Braunschweig an der Einhornhöhle. Dazu hat das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur Fördermittel in Höhe von 230.000 Euro bewilligt.

Tausende von Knochenfunden bilden ein einmaliges Archiv der eiszeitlichen Tierwelt und liefern zusammen mit Resten von Kleintieren wichtige Einblicke in das Klima seit der letzten Kaltzeit. Dazu rekonstruiert das stark interdisziplinär angelegte Forschungsprojekt Ablagerungsbedingungen, ordnet die eiszeitlichen Fundschichten ein und beschreibt die menschlichen Belegungsphasen sowie die Umwelt des weichselzeitlichen Menschen. Die enge Verknüpfung der archäologischen, paläoökologischen und paläoklimatischen Ergebnisse wird einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des späten Neandertalers am Nordrand seines Verbreitungsgebietes leisten.

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Detailaufnahme Faunenreste Großsäuger. Foto: A. Kotula/TU Braunschweig



Am Institut für Geosysteme und Bioindikation der TU Braunschweig unter der Leitung von Professorin Antje Schwalb werden fossile Fledermausfaunen untersucht. Fledermäuse (Chiroptera) sind wegen ihrer differenzierten Habitat- und Klimaansprüche sowie ihrer Ortstreue wichtige ökologische Indikatoren. Zu Tausenden nutzten sie in früheren Zeiten alljährlich die Einhornhöhle als Winterquartier. Die Reste im Winterschlaf gestorbener Tiere wurden kontinuierlich abgelagert. Da nicht nur Fledermausknochen, sondern auch die Überreste zahlreicher anderer Tierarten in den Höhlensedimenten konserviert wurden, stellen diese ein Umweltarchiv dar. Dieses Archiv enthält präzise Informationen über Klima, Vegetation, Gewässer und Einflüsse des Menschen in der näheren Umgebung des Fundortes enthält.

Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur fördert das interdisziplinäre Projekt, um in den kommenden beiden Jahren die Zeit der Neandertaler in der Höhle weiter zu erforschen. Mit neuen Grabungen im Jacob-Friesengang und im Bereich des heute verschütteten, alten Höhlenzugangs soll eine umfangreiche Schichtenfolge der letzten Eiszeit aufgeschlossen werden, um die Ablagerungsprozesse in der Höhle besser zu verstehen und neue Funde zu gewinnen. Die Neufunde werden von einer interdisziplinären Arbeitsgruppe systematisch ausgewertet, um ein neues Bild von der Lebenswelt des Neandertalers im Harz zeichnen zu können. So soll auch näher geklärt werden, zu wann der Neandertaler jeweils im Harz weilte.

Ergebnisse sollen zeitnahzugänglich gemacht werden


Die Höhle wird so zu einem überregionalen Referenzfundplatz der Weichselkaltzeit (117.000 bis 11.700 Jahre vor heute) in der Mittelgebirgszone entwickelt. Die neuen Ergebnisse sollen jeweils zeitnah den Besuchern vor Ort und im Internet zugänglich gemacht werden. Die Einhornhöhle wird damit mehr und mehr zu einer herausragenden touristischen Destination, an der das Natur- und Kulturerbe Niedersachsens in besonderes anschaulicher Form erlebt werden kann.

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Brandtfledermaus. Foto: S. Wielert/TU Braunschweig


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