Frankfurt am Main. Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat sich für weitere kräftige Leitzinserhöhungen in der Euro-Zone ausgesprochen. "Wenn es zehn Prozent Inflation, aber nur 1,25 Prozent Zinsen gibt, dann ist für mich der Handlungsbedarf klar", sagte Nagel der "Süddeutschen Zeitung".
"Ja, die Zinsen müssen weiter steigen - und zwar deutlich." Nagel, der im EZB-Rat sitzt und dort über Leitzinsveränderungen mitentscheidet, rechnet für Deutschland auch im nächsten Jahr mit hoher Inflation. "Für 2023 hat der EZB-Stab für den Euroraum 5,5 Prozent Inflation prognostiziert. In Deutschland halte ich eine sechs vor dem Komma für realistisch", sagte Nagel.
Der Bundesbankchef wies den Vorwurf zurück, dass die hohe Inflation die Reputation der Institution beschädigt haben könnte: "Ich sehe nicht, dass das Vertrauen in die Bundesbank verloren gegangen ist, auch nicht das in die EZB." Nagel betonte, die Notenbanker nähmen die Sorgen der Menschen sehr ernst. "Unser Auftrag ist Preisstabilität und deshalb werden wir geldpolitisch reagieren, damit die Inflation wieder sinkt. Wir werden das schaffen."
Nagel forderte die europäischen Notenbanken auf, nicht nur über höhere Zinsen nachzudenken, sondern auch darüber, ihre Bestände an Staatsanleihen zurückzufahren. "Wir müssen unsere Geldpolitik robust umsetzen. Auf Sicht muss das Eurosystem auch seine Anleihebestände zurückfahren", so der Bundesbankpräsident. Zu den Wirtschaftsaussichten Deutschlands sagte Nagel: "Wir werden wohl zeitweise eine Rezession sehen und damit auch höhere Insolvenzzahlen, aber eine Insolvenzwelle erwarte ich aus heutiger Sicht nicht."
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