Bonn. Das Bundeskartellamt hat Verfahren gegen insgesamt sechs Stadtwerke und Fernwärmeversorger wegen des Verdachts auf missbräuchlich überhöhte Preissteigerungen eröffnet. Man prüfe dabei insbesondere die konkrete Anwendung von sogenannten Preisanpassungsklauseln, teilte die Behörde am Donnerstag mit.
Diese Klauseln verwendeten Fernwärmeversorger bei der Anpassung ihrer Preise, um sowohl die allgemeine Marktentwicklung als auch die Kosten für diejenige Energie, die konkret bei der eigenen Wärmeerzeugung eingesetzt wird, abzubilden, so die Behörde. Die jetzt eingeleiteten Ermittlungen gegen sechs Unternehmen betreffen insgesamt neun Fernwärmenetze in vier verschiedenen Bundesländern und beziehen sich auf den Zeitraum von Januar 2021 bis September 2023. "Fernwärmeversorger verfügen in ihren jeweiligen Netzgebieten über eine Monopolstellung", sagte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. Die Verbraucher könnten den Anbieter nicht wechseln.
"Deshalb unterliegen die Versorger auch dem kartellrechtlichen Missbrauchsverbot." Man prüfe in diesen Verfahren insbesondere, ob die konkret verwendeten Preisanpassungsklauseln gegen rechtliche Vorgaben verstoßen und so zu höheren Preisen für Verbraucher geführt haben. "Die Fernwärmepreise müssten sich an der Entwicklung der tatsächlichen Kosten der Versorger und der allgemeinen Preisentwicklung in der Wärmeversorgung orientieren", so Mundt. "Es wirft zum Beispiel Fragen auf, wenn ein Unternehmen den Fernwärmepreis an die Entwicklung des Gaspreises angepasst hat, obwohl tatsächlich auch andere günstigere Alternativen für die Wärmeerzeugung verwendet wurden."
Die Preisanpassungsklauseln werden in der Regel in Verbindung mit öffentlich verfügbaren Preisindizes für die jeweilige Energieform verwendet. Bei der eingesetzten Energie kann es sich zum Beispiel um Gas oder Kohle aber auch um Holz, Müll, erneuerbare Energien oder Abwärme handeln. Die Verfahren griffen insbesondere Fälle auf, in denen der Verdacht bestehe, dass durch die Auswahl der Preisindizes die tatsächliche Entwicklung der Kosten nicht angemessen abgebildet, sondern deutlich überzeichnet werde, so die Behörde. Einzelne Klauseln knüpften beispielsweise ausschließlich an einen Erdgas-Index an, während der Versorger tatsächlich zu einem substantiellen Anteil andere Energien, wie zum Beispiel erneuerbare Energien, bei der Wärmeerzeugung einsetzt.
Außerdem werde dem Verdacht nachgegangen, ob und inwieweit durch eine zu geringe Gewichtung der allgemeinen Preisentwicklung im Wärmebereich die jeweils konkret verwendete Preisanpassungsklausel im Ergebnis ebenfalls überschießende Preissteigerungen zur Folge hatte, hieß es. In der Regel sind für die Anwendung der Missbrauchsvorschriften im Fernwärmebereich die Landeskartellbehörden zuständig, da die betroffenen Netze jeweils innerhalb eines konkreten Bundeslands liegen. Aufgrund der grundsätzlichen und bundesländerübergreifenden Bedeutung der relevanten Fragestellungen haben die betroffenen Landeskartellbehörden jedoch auf Antrag des Bundeskartellamtes ihre Zuständigkeit an das Bundeskartellamt abgegeben.
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