Berlin. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat am Freitag seine Vorstellungen für eine Reform des Unterhaltsrechtes für Trennungskinder vorgelegt. Das Familienrecht müsse "dringend auf die Höhe der Zeit" gebracht werden, sagte Buschmann der "Welt am Sonntag".
"Das Unterhaltsrecht geht noch immer von der alten Vorstellung aus: Einer betreut, einer zahlt. Diese Regel entspricht längst nicht immer der Lebenswirklichkeit. Heute werden viele Kinder von beiden Eltern betreut - auch nach einer Trennung", so Buschmann. Genau dies müsse sich im Unterhaltsrecht abbilden.
"Unser Entwurf ist ein Entwurf für Kinder und ihre Eltern." Ziel der Reform sei es, eine am Kindeswohl orientierte partnerschaftliche Betreuung minderjähriger Kinder auch durch das Unterhaltsrecht zu fördern, heißt es in dem Eckpunktepapier, über das die "Welt am Sonntag" berichtet. "Dafür sollen die finanziellen Lasten der Betreuung von Kindern fairer verteilt werden. Wenn ein Elternteil substanzielle Betreuungsleistungen erbringt, muss das Unterhaltsrecht dem Rechnung tragen."
Die bisherige Rechtslage wird in dem Eckpunktepapier als "in höchstem Maße unbefriedigend" bezeichnet. "Sie steht einer partnerschaftlichen Betreuung von Kindern nach Trennung und Scheidung häufig entgegen, denn sie setzt falsche Anreize." Eine über den gewöhnlichen Umgang hinausgehende Betreuung wirke sich für den unterhaltspflichtigen Elternteil finanziell kaum aus, während eine hälftige Betreuung nahezu zum Wegfall der Zahlungspflicht führe. Diese Unwucht will Buschmann nun beseitigen.
"Eine wesentliche Übernahme der Betreuung soll künftig zu einer spürbaren Reduzierung des Kindesunterhalts führen", heißt es in dem Papier. Damit solle die Akzeptanz gemeinsamer Betreuung nach Trennung oder Scheidung gefördert und mehr Rechtssicherheit geschaffen werden. Als "wesentlich" gilt ein Betreuungsanteil zwischen 30 und 49 Prozent, gemessen an der Zahl der Übernachtungen des Kindes beim anderen Elternteil. Mithilfe eines "klar definierten Rechenmodells" soll die Unterhaltsleistung in diesen Fällen "entsprechend der Betreuungsleistung und den beiderseitigen Einkommen der Eltern" ermittelt werden.
Unterhalb der Schwelle von 30 Prozent Mitbetreuung soll der Grundsatz "Einer betreut, einer zahlt" beibehalten werden. "Alleinerziehende, die sich allein oder fast allein um ihr Kind kümmern, sind von der Reform also nicht betroffen", stellt das Justizministerium klar. Das Justizministerium zeigt sich überzeugt, dass von der geplanten Reform beide Elternteile profitieren werden - auch die bisher meist hauptbetreuenden Mütter. "Ein stärkeres Engagement von Vätern ist auch für Mütter vorteilhaft. Sie sparen dadurch eigene Aufwendungen und haben unter Umständen mehr Freiraum, etwa auch für eigene Erwerbstätigkeit oder eine Tätigkeit in größerem Umfang, als es ihnen bislang möglich war."
In dem Rechenmodell, das Buschmann vorschlägt, soll zunächst der Unterhaltsanspruch des Kindes anhand der von den Oberlandesgerichten festgelegten "Düsseldorfer Tabelle" ermittelt werden. Maßgeblich sind dafür - anders als bisher - die Einkommen beider Elternteile. Von dem errechneten Unterhaltsbedarf des Kindes wird zunächst eine Pauschale von 15 Prozent abgezogen.
Damit soll berücksichtigt werden, dass ein Teil des Kindesbedarfs im Haushalt des mitbetreuenden Elternteils gedeckt wird. In einem nächsten Schritt sollen dann anhand der finanziellen Leistungsfähigkeit von Vater und Mutter ihre jeweiligen Anteile am Kindesunterhalt festgelegt werden. Wenn ein Elternteil mehr verdient als der andere, soll er auch künftig mehr Unterhaltslasten tragen. Beiden muss dabei ein angemessener Selbstbehalt in Höhe von derzeit 1650 Euro bleiben. Die jeweiligen Anteile wiederum werden dann mit einem Betreuungsfaktor gewichtet. Das Kindergeld wird wie bisher aufgeteilt. In einem vom Ministerium aufgeführten Beispiel, in dem ein Elternteil 4.000 Euro und der andere 2.000 Euro verdient, reduziert sich der zu zahlende Kindesunterhalt im asymmetrischen Wechselmodell so um etwa 100 Euro auf 427 Euro. Zudem will Buschmann die Höhe des notwendigen Selbstbehalts - also den Teil des Einkommens, den Unterhaltspflichtige zwingend für ihren eigenen Lebensunterhalt brauchen - gesetzlich festschreiben und alle zwei Jahre per Rechtsverordnung anpassen.
Dabei wird auch auf die Regelungen des Wohngeldgesetzes Bezug genommen. "Damit wird in angespannten Wohnungsmärkten mit teuren Mieten der Selbstbehalt höher ausfallen als bisher", heißt es in den Eckpunkten.
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